Seit letzter Woche bieten drei Kantonalbanken Krypto-Handel an. Die führende Retailbank der Schweiz, PostFinance, hat sich ebenfalls positioniert. Auffallend bleibt die Zurückhaltung der UBS, die sich nur vorsichtig zum Thema Krypto äussert. Verschläft das grösste Bankenkonstrukt der Schweiz den nächsten Megatrend?
Über das vergangene Jahr stieg eine Schweizer Bank nach der anderen in das Krypto-Geschäft ein. Neben den drei Kantonalbanken aus Zug, St. Gallen und Luzern hantiert seit Februar auch das erste systemrelevante Schweizer Finanzinstitut mit digitalen Assets. Ein Kandidat bleibt auffallend aus. Weder können UBS-Kunden direkt in Krypto-Assets investieren, noch bietet die Grossbank die frisch lancierten und höchst erfolgreichen US-ETFs an. Ein künftiges Angebot scheint gleichermassen unwahrscheinlich.
Höchst kritisch gegenüber Bitcoin & Co.
Die erste prominente Erwähnung Bitcoins geht ins Jahr 2017 zurück. Der damalige UBS CEO Axel Weber meinte in einem Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ), Bitcoin sei für ihn kein Geld. Man sei vollständig den Kräften des Marktes ausgesetzt, keine Notenbank könne eingreifen. Dies sei ein zentraler Konstruktionsfehler. Weber schätze Bitcoin nicht als werthaltig und nicht als nachhaltig ein. Ganz bewusst habe sich die UBS deshalb entschieden, Kunden keine Krypto-Assets anzubieten. Grosses Potenzial sehe die Grossbank lediglich in der zugrundeliegenden Blockchain-Technologie.
"Weil es keine Notenbank und keinen Emittenten gibt, der die Kontrolle über das Angebot an Bitcoins hat, wird der Wert allein über die Nachfrage bestimmt. Nachfrageschwankungen führen daher zu riesigen Kursausschlägen in beiden Richtungen. Bei traditionellen Währungen sind die Zentralbanken die lenders of last resort, die eine Panik im Markt verhindern können – das gibt es beim Bitcoin nicht." - Axel Weber, ehemaliger UBS CEO
Über die Jahre setzte die UBS ihren Krypto-skeptischen Kurs fort. Im Januar 2021, kurz nachdem Bitcoin das alte Allzeithoch bei 20'000 USD knackte, veröffentlichte die Schweizer Bank einen Warnbrief. Aufgrund der hohen Anzahl Kundenanfragen sei die UBS gezwungen gewesen, sich zu Krypto-Assets zu äussern. Die Nachricht war eindeutig: Bitcoin ist eine Blase, könnte eine Gefahr für die finanzielle Stabilität darstellen, ist durch eine "bessere" Kryptowährung ablösbar, bringt bei Portfoliobeimischung nichts und bietet für Kunden einen potenziellen Totalverlust. Wenige Monate später liess die UBS ihren Kunden eine weitere Nachricht mit demselben Tenor zukommen.
UBS hält an ihrem Kurs fest
Wohl verspürten die UBS-Führungskräfte einen gewissen Triumph während des kalten "Krypto-Winters" im Jahr 2022. Der Bitcoin-Preis brach von 69'000 USD auf unter 20'000 USD ein; derselbe Preis, zu dem die UBS vor einer Investition warnte. Vorausschauende Banken nutzten die Chance. Über die Baisse-Jahre bereiteten zahlreiche namhafte Institute einen Einstieg vor. In der Schweiz übernehmen die Zuger, St. Galler und Luzerner Kantonalbank sowie die PostFinance die Voreiterrolle unter den Staatsbanken. Übersee stieg BlackRock mit einem mittlerweile 12.5 Mrd. USD schweren Spot-Bitcoin-ETF ein. Andere Schwergewichte wie Fidelity, VanEck, WisdomTree, Ark Invest und weitere intensivierten ihr Engagement ebenfalls.
Kunden der UBS bleiben leer aus. Nur einige Vermögensverwaltungsklienten dürfen unter bestimmten Risikoparametern in Bitcoin-Produkte investieren, wie ein Insider gegenüber der Krypto-Newsseite CoinDesk enthüllte. Direktinvestitionen wie bei PostFinance & Co. werden wohl kaum folgen. Fragen von CVJ.CH wich die UBS gekonnt aus. Man verfolge die Entwicklungen im Bereich der digitalen Vermögenswerte genau. Den Schwerpunkt lege die Bank jedoch auf die Distributed-Ledger-Technologie (DLT). So hat sich die UBS im Februar 2023 an einer Finanzierungsrunde des Welschschweizer Tokenisierung-Startups Taurus beteiligt. Auch ist die Grossbank Teil der Notenbankexperimente mit digitalen Zentralbankwährungen (CBDCs). An eigentlichen Kryptowährungen ist die UBS scheinbar nicht interessiert.
Grössere Baustellen aufgrund der Credit Suisse-Übernahme?
Ende März forderte der Bund die UBS auf, die nach Milliarden an Kundenabhebungen angeschlagene Credit Suisse zu übernehmen. "Too big to fail" erhielt eine völlig neue Definition. Über 50% der Schweizer fürchten sich vor einem potenziellen Ausfallrisiko, so die Ergebnisse einer Umfrage der Bankiervereinigung. Drückt die Schweizerische Finanzmarktaufsicht (FINMA) womöglich die Bremsen gegenüber Krypto-Assets, um den Credit Suisse-Fall vorerst aufzuarbeiten? Auf Anfrage von CVJ.CH verneint die Aufsichtsbehörde. Wie üblich äussere man sich nicht zu Einzelfällen. In erster Linie sei es allerdings ein Entscheid der jeweiligen Bank, welche Risiken sie eingehen will. Seit Februar 2023 existiere ein standardisiertes Meldewesen zu Tätigkeiten mit kryptobasierten Vermögenswerten.
Trotzdem stehen die Schweizer Aufsichtsbehörden immer öfter in Konflikt mit Vertretern der Krypto-Branche. Im vergangenen September wollte die FINMA sogenannten Staking-Diensten eine Banklizenz voraussetzen. Der Aufschrei war gross. Verschiedene Verbände sprachen sich gegen die Regelung aus. Schliesslich lenkte die FINMA ein. Vor zwei Wochen folgte dann die nächste Warnung der Swiss Blockchain Federation (SBF). Konkret kritisiert die Aktionsgruppe die Krypto-Standards des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht (Basel Committee on Banking Supervision, BCBS). Es bleibt zu hoffen, dass die Schweiz ihren Wettbewerbsvorteil in der schnell wachsenden Krypto Branche nicht verschenkt.