Ein zusammenfassender wöchentlicher Rückblick auf die Geschehnisse an den Kryptomärkten mit Fokus auf Trendsektoren, Liquidität, Volatilität, Spreads und mehr in Zusammenarbeit mit Marktdatenanbieter Kaiko.
Die letzten 7 Tage auf den Krypto-Märkten:
- Preisbewegungen: Proof-of-Work-Token fallen nach dem Merge weiter, ETHW ist um mehr als 70% eingebrochen.
- Marktliquidität: Coinbase hat inmitten stagnierender On-Chain-Aktivitäten einige Marktanteile von Uniswap zurückgewonnen.
- Derivate: Das Open Interest für Perpetual ETH-Futures steigt nach dem Merge weiter an, wobei die Märkte auf FTX nun denen auf Binance entsprechen.
- Makro-Trends: Der US-Dollar-Index hat ein Mehrjahreshoch erreicht, was historisch gesehen stark auf Risikoanlagen lastet.
Kryptomärkte stabilisieren sich bei steigender Makro-Volatilität
Die globalen Märkte befinden sich in einem der volatilsten makroökonomischen Umfelder seit Jahrzehnten. Letzte Woche erhöhte die Fed die Zinssätze um weitere 75 Basispunkte und obwohl dieser Schritt weitgehend erwartet worden war, erlebten traditionelle Risikoanlagen einen starken Ausverkauf. Der S&P 500 stürzte auf Jahrestiefststände. Der Anstieg des US-Dollars auf ein Mehrjahreshoch hat die Volatilität an den weltweiten Aktienmärkten noch verstärkt und die Märkte in der EU und Grossbritannien besonders hart getroffen. Am Montagmorgen konnten Bitcoin (BTC) und Ethereum (ETH) eine Teil ihrer Verluste durch den dramatischen Ausverkauf nach dem Merge wieder wettmachen, obwohl ein starker Dollar für Kryptowährungen historisch gesehen ein schlechtes Zeichen ist.
Diese Woche gab es einige wichtige Updates an der Krypto-Regulierungsfront: US-Gesetzgeber schlugen ein zweijähriges Verbot von algorithmischen Stablecoins vor und die EU stellte den Text ihres bahnbrechenden Krypto-Regulierungsrahmens fertig. Zudem wies ein Richter Tether an, Aufzeichnungen über die Unterstützung von USDT vorzulegen. In weiteren Branchennachrichten kündigte die Nasdaq einen Krypto-Verwahrungsdienst an und OpenSea expandierte auf den Layer 2 Arbitrum. Binance und FTX kämpften unterdessen hart um den notleidenden Kreditgeber Voyager Digital.
Lido's LDO überflügelt DeFi-Token
Das Liquid Staking-Protokoll Lido's nativer Token LDO hat im dritten Quartal des Jahres eine überdurchschnittliche Performance erzielt. Lido bietet Staking-Dienste für fünf Blockchain-Netzwerke an, wobei Ethereum den grössten Teil des Gesamtwerts ausmacht. Trotz des Marktrückgangs im September ist LDO immer noch um atemberaubende 255% gestiegen. Der Gesamtwert des Protokolls stieg ebenfalls an, allerdings in einem viel langsameren Tempo (30%). Es bleibt deutlich unter dem Niveau von Anfang des Jahres, obwohl dies grösstenteils auf den Zusammenbruch des Terra-Netzwerks zurückzuführen ist, für das Lido Einsätze anbot. Während der Erfolg des Merge dem liquiden Staking-Markt für Ethereum Auftrieb geben könnte, sieht sich Lido einer wachsenden Konkurrenz durch zentralisierte Börsen gegenüber.
Insgesamt haben sich die DeFi-Protokolle trotz der Risikoabwehrstimmung und der jüngsten Hacks als widerstandsfähig erwiesen. Das Leih- und Kreditprotokoll Compound hat sich im September erholt und ist im dritten Quartal um über 32% gestiegen. Eine vor kurzem eingeführte Funktion ermöglicht es Institutionen, Kredite gegen digitale Vermögenswerte aufzunehmen. Der Token MKR von MakerDAO war der schlechteste von allen, da sowohl sein Preis als auch sein Gesamtwert im dritten Quartal gesunken sind.
Proof-of-Work-Token haben nach dem Merge zu kämpfen
Nach der erfolgreichen Umstellung von Ethereum auf den Proof-of-Stake (PoS)-Konsensmechanismus ist laut WuBlockchain etwa ein Drittel der ETH-Miner zu anderen Netzwerken abgewandert, während der Rest den Betrieb eingestellt hat. Unterdessen sind die Hash-Raten für Proof-of-Work (PoW)-Netzwerke wie Ravencoin, Ergo und Ethereum Classic in die Höhe geschnellt und dennoch sind die meisten PoW-Tokens im Einklang mit dem breiten Markt stark gefallen. Der Token für den neu eingeführten Ethereum-Hardfork, ETHW, ist mit einem Rückgang von über 70% seit Anfang September der schlechteste Wert. Am 24. September stiegen die ETHW-Volumina auf ein Allzeithoch, was auf einen starken Verkaufsdruck schliessen lässt. RVN von Ravencoin ist der einzige PoW-Blockchain-Token, der in diesem Monat zugelegt hat, obwohl seine gesamte Marktkapitalisierung nur 430 Mio. USD beträgt.
Coinbase gewinnt Marktanteil von Uniswap zurück
Mitte Juli berichtete Kaiko, dass das tägliche Volumen von Uniswap (V2+V3) und Coinbase fast gleich gross war. Seitdem hat sich dieser Trend begonnen umzukehren, wobei Coinbase 68% des Volumens in der letzten Woche erobert hat. Während des Sommers hatten Coinbase und Uniswap Wochen mit einer 55-45 Aufteilung. An bestimmten Tagen übertraf Uniswap sogar das Volumen von Coinbase, was ein bedeutendes Marktereignis war. Dies wenn man bedenkt, welche untergeordnete Rolle dezentrale Börsen in der Vergangenheit gegenüber zentralisierten Plattformen gespielt haben.
Die Volumina an den zentralen Börsen haben sich im vergangenen Monat dank der druch den Merge hervorgerufenen Spekulationen und Neupositionierungen erhöht. In der Zwischenzeit sind die On-Chain-Aktivitäten relativ flach geblieben, mit einem geringen Anstieg der Volumina im Zusammenhang mit dem Merge. Coinbase kündigte letzte Woche an, dass es die Gebühren für Nutzer mit einem monatlichen Volumen von mehr als 15 Millionen Dollar erhöhen würde. Wir beobachten genau, ob dies die Aktivität an der Börse in den kommenden Monaten beeinflusst.
Stablecoin Marktanteil divergiert zwischen den Börsen
USDT von Tether ist bei weitem der beliebteste Stablecoin, welcher über 90% des gesamten Stablecoin-Handelsvolumens an zentralisierten Börsen auf sich vereint. Sein Marktanteil variiert jedoch leicht. Wir vergleichen den Marktanteil von USDT und seinem Hauptkonkurrenten USDC von Circle an 6 Börsen, die beide Assets listen.
An regulierten US-Börsen schwankt der Marktanteil von USDC zwischen 1% bei Coinbase und 26% bei Bitstamp. Bemerkenswert ist, dass der Marktanteil von USDC auf Coinbase dem von Bitstamp recht ähnlich war - er lag bei etwa 26% - bis die Börse Mitte Juli ihre USD- und USDC-Orderbücher zusammenlegte und damit alle USDC-denominierten Paare von der Liste nahm. Der USDC-Anteil auf Kraken und Binance.US - der US-amerikanischen Tochterfirma von Binance Global - ist seit Anfang des Jahres auf 15% bzw. 11% gestiegen. Auf Huobi und Bitfinex - die eine gemeinsame Muttergesellschaft mit Tether haben - konnte USDC jedoch nicht an Boden gewinnen, wo sein Anteil am monatlichen Handelsvolumen unter 2% liegt.
Die jüngste Entscheidung von Binance, USDC von der Liste zu streichen und Kundengelder in den eigenen Stablecoin BUSD zu verlagern, könnte eine Bedrohung für die Dominanz von USDT darstellen. Die grösste indische Börse WazirX hat letzte Woche einen ähnlichen Schritt unternommen. Tether ist nach wie vor der bei weitem dominierendste Stablecoin, aber die anstehende Gesetzgebung in den USA und die anhaltenden Fragen zu seinen Reserven könnten für Gegenwind sorgen.
Gegenwind für Risikoanlagen durch Inflationsbekämpfung der Zentralbanken
Trotz zunehmender Rezessionsrisiken in den USA ist die US-Notenbank unter den Industrieländern führend und hat ihren Leitzins zum dritten Mal in Folge um 75 Basispunkte angehoben, so dass sich die Zinserhöhungen im letzten Jahr auf insgesamt 300 Basispunkte summieren. Die Schweizerische Nationalbank beendete mit einem ähnlichen Zinsschritt eine siebenjährige Phase negativer Zinssätze, während die schwedische Zentralbank die Zinsen um einen vollen Prozentpunkt anhob. Im vergangenen Jahr sind die Zentralbanken weltweit von einem fast zehnjährigen Periode anhaltend niedriger Zinsen und reichlich vorhandener Liquidität zu längerfristig höheren Zinsen übergegangen, um die grassierende Inflation zu bekämpfen.
In der Regel wirkt sich eine Straffung der Geldpolitik negativ auf die Risikobereitschaft und die Bewertung von Vermögenswerten aus. Unmittelbar nach der Anhebung um 75 Basispunkte rutschte der S&P 500 um fast 200 Punkte ab. Letzte Woche erreichte die Korrelation zwischen Bitcoin und dem S&P 500 ein neues Allzeithoch von 0.8, nachdem sie den ganzen Sommer über gesunken war.
Interessanterweise sind die Kursbewegungen von BTC stärker mit den US-Aktienmärkten korreliert als mit den europäischen Märkten (gemessen am STOXX600-Index). Die Divergenz zwischen der Performance europäischer und US-amerikanischer Aktien hat sich in den letzten Monaten noch verstärkt, da die anhaltende Energiekrise und erneute geopolitische Sorgen die EU-Märkte besonders stark belastet haben.
US-Dollar erreicht 20-Jahres-Hoch
Die restriktive Haltung der Fed und die starke Nachfrage nach sicheren Häfen trieben den US-Dollar weiter an. Dieser hatte nämlich letzte Woche ein neues Zwei-Dekaden-Hoch erreicht. Die Korrelation von Bitcoin zum Dollar war in den letzten zwei Jahren überwiegend negativ und nähert sich nun einem Jahrestief von -0.5. Der Dollar-Index (DXY), welcher die Performance des Greenback im Vergleich zu seinen Hauptkonkurrenten misst, ist im September um 3.2% und im gesamten letzten Jahr um 14.1% gestiegen. Dies veranlasste die Bank of Japan zu einer noch nie dagewesenen Intervention - der ersten seit 1998 - zur Verteidigung des Yen, welcher gegenüber dem Dollar die Marke von 145 erreicht hat.