Ein Monatsrückblick über das Geschehen an den Krypto-Märkten angereichert mit institutionellem Research zu den wichtigsten Themen der Branche in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Spezialisten für digitale Assets, 21Shares AG.
Die Gesamtkapitalisierung des Kryptomarktes liegt bei 895 Mrd. USD, ein Rückgang von 35% gegenüber den Ende Mai verzeichneten 1.38 Mrd. USD. Die Bewertung von Bitcoin (BTC) brach im Juni um fast 40% ein und verzeichnete damit den zweitschlechtesten Monat aller Zeiten, während Ethereum (ETH) um 48% zurückging. Die Profiteure der Juni-Rallye sind Cardano und XRP. Sie sind seit dem letzten Monat "nur" um 22% und 25% gesunken. Mit der Verschärfung des Krieges zwischen Russland und der Ukraine steigt der Mangel an Ressourcen, die Kaufkraft schwindet und geht zusammen mit der globalen Nahrungsmittelkrise in eine neue Ära über.
Eine drohende Rezession könnte zur Realität werden - mit Auswirkungen auf den Aktienmarkt. Der S&P 500 und der Eurostoxx 600 verzeichneten ihr schlechtestes erstes Halbjahr seit 1970 bzw. 2008. Einige Faktoren trieben den Markt von innen heraus an. Darunter gehörte eine branchenweite Liquiditätskrise dazu. Von dieser waren verschiedene Unternehmen und Fonds nach dem Zusammenbruch von Terra/Luna betroffen. Bei einigen grösseren Dienstleistern sprangen Unternehmen wie FTX als Käufer der letzten Instanz ein.
Weitere Zinserhöhungen
Am 15. Juni erhöhte die Federal Reserve die Zinssätze um 75 Basispunkte - die grösste Zinserhöhung seit 28 Jahren. Einen Tag später unterzeichnete Biden den "Ocean Shipping Reform Act of 2022". Dadurch sollten die Gebühren der Branche gesenkt werden. Diese Massnahme waren zur geringfügigen Senkung der Inflation. Trotz dieser Massnahmen ist es ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Lieferkettenkrise gerade erst begonnen hat.
Elon Musk, SpaceX und Tesla werden wegen eines angeblichen Ponzi-Schemas verklagt. Der Kläger ist ein Dogecoin-Investor, der im Southern District of New York eine Sammelklage gegen Musk und seine Unternehmen auf mindestens 86 Milliarden Dollar Schadensersatz verklagte. Die Securities and Exchanges Commission (SEC) untersucht Berichten zufolge, wie die grossen Kryptobörsen Insiderhandel bekämpfen.
Regulierung und illegale Aktivitäten
Binance wurde von den Aufsichtsbehörden unter die Lupe genommen. Nutzer sollen in den letzten 5 Jahren mindestens 2.35 Milliarden Dollar über Binance gewaschen haben. Der CEO des Unternehmens hat jedoch einen Transparenzbericht veröffentlicht, um diese Behauptungen zu widerlegen. Die SEC untersucht angeblich den Binance-eigenen Token BNB wegen möglicher Verstösse gegen die Wertpapiervorschriften. Texas, Alabama und New Jersey untersuchen ausserdem die Entscheidung von Celsius Network. Sie wollen Kundenabhebungen stoppen, was auf die Insolvenz des Kreditvergebers hindeutet. Grayscale wiederum verklagt die SEC nach der Ablehnung ihres Antrags auf eine Umstellung ihres Vorzeigeprodukts Grayscale Bitcoin Trust auf einen ETF.
In diesem "Risk-Off" Umfeld gibt es jedoch noch einige positive Neuigkeiten. Illegale Krypto-Aktivitäten sind zwischen 2021 und dem ersten Quartal 2022 von 0.6% auf 0.1% gesunken. Zumindest laut den Daten, die von einem Blockchain-Forensik-Unternehmen gesammelt wurden, das von Mastercard unterstützt wird. CipherTrace schätzt die illegalen Aktivitäten im Jahr 2020 zwischen 0.62% und 0.65% ein. Nun sollen auf 0.10% bis 0.15% der Gesamtaktivitäten im Jahr 2021 gefallen sein. Andere bemerkenswerte Ereignisse waren:
- Japan hat ein Gesetz verabschiedet, das Stablecoin-Emittenten auf lizenzierte Banken, registrierte Geldtransferagenten und Treuhandgesellschaften beschränkt.
- Eine nigerianische Blockchain-Interessengruppe, die vom Büro des Präsidenten initiiert wurde, führt einen Verhaltenskodex für VASPs ein, um Nigeria zum sichersten und grössten Blockchain-Raum der Welt mit den meisten Blockchain-Lösungen, Investitionen und der grössten Akzeptanz zu machen.
- Die Verhandlungsführer des EU-Parlaments und des Rates haben eine vorläufige Einigung über einen neuen Gesetzentwurf erzielt, der sicherstellen soll, dass Krypto-Transfers stets zurückverfolgt und verdächtige Transaktionen blockiert werden können. Die Regeln gelten jedoch nicht für Peer-to-Peer-Transaktionen.
CeFi-Dienstleister geraten ins Wanken
Der Preisverfall nahm im Mai eine scharfe Wende. Dies hatte einen Dominoeffekt auf Kryptobörsen und einigen CeFi-Plattformen wie BlockFi zur Folge. Am 21. Juni machte der CEO Zac Prince von BlockFi auf Twitter eine Bekanntgabe. Sein Unternehmen habe ein Term Sheet mit der Kryptobörse FTX unterzeichnet. Dadurch soll eine revolvierende Kreditfazilität in Höhe von 250 Mio. USD gesichert werden. Dies um Zugang zu Kapital zu erhalten, das die Bilanz und die Stärke des Krypto-Kreditgebers weiter stärkt. Die Erlöse der Kreditfazilität sollten vertraglich nachrangig zu allen Kundenguthaben über alle Kontotypen (BIA, BPY und Kreditsicherheiten) sein und werden nach Bedarf verwendet. Am 30. Juni wurde bekannt, dass das Geschäft besiegelt ist. Am 1. Juli wurde laut Prince die Vereinbarung geändert. Dies um eine revolvierende Kreditfazilität in Höhe von 400 Mio. USD zu sichern. Der Deal beinhaltet auch die optionale Übernahme von BlockFi durch FTX zu einem variablen Preis von bis zu 240 Mio. USD, der von der Performance abhängt.
Auch Celsius musste einen Schlag einstecken und hat angeblich ein Loch von 2 Milliarden Dollar in seiner Bilanz. Anfang Juni fror das Lending-Projekt Abhebungen und Überweisungen unter Berufung auf "extreme" Marktbedingungen ein. Infolgedessen waren seine 1.7 Millionen Kunden nicht in der Lage, ihre Vermögenswerte abzuheben. FTX hatte ein Auge auf die Übernahme von Celsius geworfen, entschied sich aber nach Prüfung der Finanzunterlagen, das Unternehmen zu nicht zu unterstützen.
USDC gewinnt an Marktdominanz
In Anbetracht des Marktabschwungs tendieren die Anleger mehr zu vollständig besicherten und fiat-gesicherten Stablecoins, insbesondere nach dem Zusammenbruch von UST, dem algorithmischen Stablecoin von Terra. Die führenden Stablecoin-Emittenten Circle und Tether bauen ihr Angebot weiter aus, um Marktanteile zu gewinnen. Für ihre bestehenden Stablecoins, die an den Dollar gekoppelt sind, wird USDT auf Tezos und USDC auf Polygon ausgeweitet. Tether wird einen neuen Stablecoin GBPT einführen, der an das britische Pfund Sterling gekoppelt ist.
Auf der anderen Seite hat Circle auch einen neuen Euro-backed Stablecoin, EUROC, eingeführt. Damit will das Unternehmen mit Tethers EURt konkurrieren. Während die Reserven von Tether das Hauptanliegen der USDT-Kritiker waren, haben sie kürzlich angekündigt, dass MHA ihre Reserven prüfen wird, um die Transparenz zu erhöhen. Darüber hinaus kündigte Tether an, den Betrag der Commercial Papers, mit denen USDT unterlegt ist, bis Ende Juni von 20 Mrd. US-Dollar auf 8.4 Mrd. US-Dollar und schliesslich auf Null zu reduzieren.
Metaverse und NFTs
Während Mckinsey & Co. vorhersagt, dass das Metaverse bis 2030 ein Volumen von 5 Billionen Dollar erreichen könnte, wurde es im Juni von einigen der grössten Namen der Mode- und Unterhaltungsbranche unaufhörlich übernommen. Der erste Schritt war die jüngste Initiative von Prada, eine NFT-Kollektion auf den Markt zu bringen, die den Käufern der Timecapsule-Kollektion kostenlos zur Verfügung steht. In ähnlicher Weise hat Warner Bros. seinen neuesten Vorstoss in die NFT-Industrie mit der Tokenisierung der Looney Tunes-Geschichte in Form einer 10K-Kollektion der Figur Tweety bekannt gegeben. NFT-Besitzer können sich auf eine Reihe exklusiver Vergünstigungen freuen, wie z.B. virtuelle Treffen und Begrüssungen, Sonderangebote für physische Sammlungen und mehr.
Auch die Kontroverse um den Bored Ape Yacht Club wurde Anfang Juni fortgesetzt, als ihr Discord-Server zum dritten Mal innerhalb von 2 Monaten gehackt wurde, was zum Verlust von 200 ETH führte. Andere Entwicklungen im Metaverse und im NFT-Bereich:
- Der Schweizer Luxusuhrenhersteller TAG Heuer stellte eine NFT-fähige Smartwatch vor.
- Lacoste wird eine NFT-Kollektion auf den Markt bringen.
- Cristiano Ronaldo und Binance haben sich für eine NFT-Partnerschaft zusammengetan.
- Eminem und Snoop Dogg drehten ein Bored Ape Yacht Club Musikvideo.
- Bentley Motors kündigte an, dass sie NFTs auf Polygon anbieten werden.
Krypto-Infrastruktur
Solana hatte im Juni bereits den fünften Ausfall in diesem Jahr zu beklagen. Diesmal wurde der Netzwerkausfall durch die Verarbeitung von Offline-Transaktionen ausgelöst, die als dauerhafte Transaktions-Nonces bezeichnet werden. Eine davon wurde fälschlicherweise wie eine normale Transaktion verarbeitet, was den Benutzer dazu veranlasste, sie erneut einzureichen. Damit ergab sich das Problem der doppelten Ausgaben im Netzwerk, da die Validatoren aufgrund des Laufzeitfehlers keinen Konsens erzielen konnten. Daher haben die Entwickler die Funktion komplett deaktiviert, um zukünftige Probleme zu vermeiden.
Die Entwicklungen innerhalb der vertikalen Infrastruktur blieben nicht stehen, als das BNB-Netzwerk seine neueste technische Roadmap vorstellte. Der Plan sieht demzufolge Verbesserungen an mehreren Fronten vor. Das Upgrade umfasst dabei die Förderung der Kapazität für den Start von Sidechains, um NFT-basierte dApps zu hosten. Andererseits will Binance die Erhöhung der Gesamtzahl der Validatoren von 21 auf 41. Des weiter versuchen sie ebenfalls die Erhöhung der Blockgas-Kapazität auf 200 Millionen, um der erhöhten Nachfrage im Netzwerk gerecht zu werden.
Vorerst musste der Prop-Fonds Three Arrows Capital (3AC) Liquidationen mit geliehenen Geldern im dreistelligen Millionenbereich von hochrangigen Kreditgeber einstecken. Kurz darauf mussten sie der Öffentlichkeit ihre Insolvenz mitteilen. Mit BlockFi und Deribit in seinem Portfolio hat 3AC Rechts- und Finanzberater engagiert, um seine Position gegenüber Kreditgebern und anderen Parteien wiederherzustellen. Ein Gericht auf den Britischen Jungferninseln ordnete jedoch die Liquidation von 3AC an.
Erwartungen für die Zukunft
Gary Gensler von der SEC setzt sich für ein Regelwerk für Kryptobörsen ein, das der SEC im Wesentlichen mehr Zuständigkeit für die Branche einräumen würde. Das Regelwerk fordert die Notierung der Rohstoffe (darunter gehören auch bestimmte Token) auf einer von der SEC beaufsichtigten Plattform. Diese notierten Token müssten dann an die für Rohstoffe zuständige Behörde CTFC weitergeleitet werden. An der Regulierungsfront in der EU haben die Institutionen nach jahrelangen Konsultationen und Verhandlungen eine Einigung über das Gesetz zu den Märkten für Krypto-Assets (MiCA) erzielt, das Ende 2023 in Kraft treten soll. Das Gesetz wird den ersten einheitlichen Regulierungsrahmen für Krypto-Assets in Europa darstellen, mit dem Auftrag, die Verbraucher zu schützen und Marktmanipulation als auch Finanzkriminalität zu bekämpfen. Der Silberstreif am Horizont ist, dass es kein Verbot des Bitcoin-Minings geben wird, sondern die Offenlegung des Energieverbrauchs verlangt wird.
Der CeFi-Bereich wird übermässig auf die Probe gestellt. Die Ausgangslage wird zur Folge haben, dass mehr Unternehmen den Schritten von FTX folgen werden. Die überlebenden Projekte sollten mit diesem Wissen nun bereits die Segel für den nächsten Bärenmarkt setze können. Ein ziehlgerichteter Fahrplan als auch eine Einstellungs- und Ausgabenstrategie würden aufstrebende Unternehmen vor extremen Marktbedingungen schützen und Investoren anziehen.
Wir beginnen, in den NFTs einen praktischen Nutzen zu sehen, der über den Hype der teuren JPEGs hinausgeht, wie z.B. Kundentreue und -bindung. Es könnte sein, dass sich neue nicht fungible Trends durch die Marktbedingungen verbreiten, wie zum Beispiel die von Arken Finance initiierten Non Fungible Airdrops (NFA). Ähnlich wie Futures-Kontrakte würden NFAs den wahren Wert einer Airdrop-Belohnung repräsentieren, wenn ein erstes DEX-Angebot stattfindet. Allerdings würde der Projektinhaber versprechen, den Token oder andere digitale Vermögenswerte zu einem zukünftigen Starttermin zu liefern.