Die Entwicklung der Krypto-Regulierung in den einzelnen Ländern zu verfolgen, ist keine leichte Aufgabe. Jeder Versuch scheint sich auf spezifische, eigene Definitionen und Geltungsbereiche zu stützen. Daher sind Vergleiche und Zusammenfassungen überaus schwierig. Im folgenden ein Überblick des Wichtigsten.
Die Beteiligung der Finanzaufsichtsbehörden an der Krypto-Branche ist seit Mitte 2017 intensiver und zunehmend proaktiv/vorausschauend geworden, was eine direkte Folge der Entwicklungen im ICO-Bereich ist. Einige Länder haben frühzeitig unterstützende Rahmenbedingungen entwickelt oder Krypto-Dienstleistungen auf unterschiedliche Weise verboten. Mehrere andere Länder, die wichtige Kapitalmärkte repräsentieren, haben sich mehr Zeit gelassen, um unterstützende Rahmenwerke zu entwickeln. In jüngster Zeit haben wir die Adoption von Krypto-Vorschriften in Afrika sowie Mittel- und Südamerika beobachtet.
Daten aus unterschiedlichsten Quellen
Die Rechtsbibliothek des (US-)Kongresses hat im November 2021 den Bericht "Regulation of Cryptocurrency Around the World" aktualisiert. Der Bericht konzentriert sich auf den rechtlichen Status von Kryptowährungen und die geltenden Steuer- und AML/CFT-Gesetze. Er verzeichnet 103 Gerichtsbarkeiten (einschliesslich EU-Mitgliedsstaaten), die Kryptowährungen einen rechtlichen Status verliehen haben und diese Gesetze weitgehend anwenden.
Der Bericht von Thompson Reuters 2022 über die Regulierung von Kryptowährungen nach Ländern deckt 70 Länder ab und ist breiter angelegt als der Bericht der Rechtsbibliothek des US-Kongresses. Complyadvantage betrachtet hingegen die aktivsten Länder - einige Dutzend Länder - mit Schwerpunkt auf Kryptowährungen und Krypto-Börsen und der Atlantic Council verfolgt CBDCs-Initiativen in 105 Ländern. METI Advisory AG verfolgt seit fünf Jahren die Entwicklungen bei der Krypto-Regulierung, wobei der Umfang die meisten der oben genannten Dimensionen umfasst und derzeit 120 Länder abdeckt.
Aus diesen Quellen geht hervor, dass die Regulierung des DLT-basierten Finanzwesens bis vor fünf Jahren reaktiv und minimal war. Nur wenige Regulierungsbehörden reagierten auf die unternehmerischen Entwicklungen in ihren Rechtsordnungen und konzentrierten sich auf grundlegende Verhaltensverstösse und Steuerfragen. Sie befassten sich mit grundlegenden Definitionsfragen rechtlicher Natur, die durch diese Innovationen aufgeworfen wurden.
Vorreiter bei Krypto-Regulierung
Ab Mitte 2017 häuften sich die Verlautbarungen der Regulierungsbehörden, die sich zunächst darum bemühten, Verbraucher und Kleinanleger in Bezug auf Kryptowährungen zu informieren. Dabei waren die Hauptthemen der spekulative und risikoreiche Charakter von ICOs und von allgemeinen Krypto-Investitionen. Alles in allem überwog der Wunsch, ICOs in einem risikokontrollierten Umfeld zu fördern. Mehrere Länder gingen noch weiter und gaben Leitlinien heraus, die dem Markt regulatorische Sicherheit in Bezug auf den ICO-Prozess bieten oder begannen mit der schrittweisen Entwicklung eines breiteren regulatorischen Rahmens für die Krypto-Branche. Zu diesen Ländern gehören:
- Die Schweiz (ICO-Leitlinien 2017, 2018 und weitere Arbeiten, die zum Inkrafttreten eines umfassenden DLT-Rahmenwerks im Jahr 2021 führten)
- Liechtenstein (ICO Factsheet im Jahr 2017 und weitere Arbeiten, die zum Inkrafttreten eines umfassenden Blockchain-Gesetzes im Jahr 2020 führten)
- Deutschland (mit einem Gesetz über Krypto-Assets, das 2020 in Kraft trat)
- Singapur (das 2017 und seitdem schrittweise DLT-basierte Applikationen reguliert hat)
- Grossbritannien (das 2019 einen Leitfaden zur Regulierung von Krypto-Vermögenswerten herausgegeben hat, gefolgt von kontinuierlichen Anpassungen)
- Hongkong (das ab 2019 mehrere Krypto-Gesetze erlassen hat)
- Japan (das seit 2017 schrittweise Gesetze zur Krypto-Branche erlassen hat)
Politische Schwergewichte folgen schrittweise
Im Gegensatz zu den oben erwähnten "Early Adopters" waren die grossen Kapitalmärkte der USA und der EU Nachzügler. Die USA litten lange unter ihrem komplizierten Regulierungssystem auf Bundes- und Staatsebene und einer unbestimmten wirtschaftspolitischen Ausrichtung. Die Verabschiedung der Durchführungsverordnung des Weissen Hauses zur Gewährleistung einer verantwortungsvollen Entwicklung digitaler Vermögenswerte am 9. März 2022 war ein Wendepunkt. Damit hat USA die Krypto-Regulierung offiziell befürwortet und ihre Absicht bekundet, in diesem Bereich eine weltweit führende Rolle zu übernehmen.
Ebenfalls hat die EU bis September 2020 keine Rechtsvorschriften für die DLT-basierte Finanzwelt auf der Ebene des Binnenmarkts erlassen und überlässt es den Mitgliedsländern, die Initiative zu ergreifen. Sie beschränkte ihre politischen Massnahmen auf Empfehlungen zur Unterstützung von DLT, während sie die AML-Aspekte der Krypto-Branche durch die EU-weite AML-Richtlinie behandelt.
Im September 2020 veröffentlichte die EU ein Digital Finance Package (DFP), das einen Vorschlag für einen EU-Rechtsrahmen für Krypto-Assets enthielt. Damit sollten die betreffenden Chancen in einem risikokontrollierten Umfeld genutzt werden. Das DFP enthält auch einen Vorschlag für eine Pilotregelung für Marktinfrastrukturen, die auf DLT basieren. Der Vorschlag ergänzte die bestehenden EU-weiten Vorschriften, die bereits für Krypto-Vermögenswerte gelten. Dazu gehören die Bestimmungen zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung (AML) und die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID). Das Prinzip lautet: "Gleiche Aktivität, gleiches Risiko, gleiche Regeln."
Jüngste Entwicklungen
In den letzten 18-24 Monaten gab es eine exponentielle Anzahl von Initiativen zur Schaffung eines regulatorischen Rahmens für Krypto-Dienstleistungen in Regionen wie Afrika, Mittel- und Südamerika und dem Nahen Osten. Einige dieser Länder interessierten sich schon früher für Kryptowährungen, haben aber erst in jüngerer Zeit einen regulatorischen Rahmen entwickelt. Der Wunsch der BIZ, dass immer mehr Länder CBDCs analysieren und umsetzen, hat zu dieser Entwicklung beigetragen. Zudem sind die Anwendungsfälle für Krypto-Vermögenswerte und Kryptofinanzierung im privaten Sektor breiter gefächert und gut anerkannt.
In Afrika haben Ghana, Namibia, Nigeria, Ruanda, Südafrika, Sambia, Kamerun und die Mitglieder der Ostafrikanischen Gemeinschaft (Burundi, Kenia, Südsudan, Tansania und Uganda) vor kurzem ein aktives Interesse an den CBDCs gezeigt. Auch in der Region rund um Mittel- und Südamerika sind bereits viele Länder in Krypto-Aktivitäten involviert. Brasilien ist dabei eines der aktivsten und kryptofreundlichsten Länder in der Region. Dennoch hat El Salvador 2021 Geschichte geschrieben, indem es am 9. Juni das Bitcoin-Gesetz verabschiedete, das Bitcoin ab dem 7. September 2021 zum gesetzlichen Zahlungsmittel machte.
Im Nahen Osten folgte die Blockchain-Strategie, die 2018 von den Vereinigten Arabischen Emiraten lanciert wurde und sich auf die Säulen Effizienz der Regierung, Schaffung einer Industrie und internationale Führungsrolle stützt. Auf den frühen Schritt von Abu Dhabi (Leitlinien für ICO und Krypto-Assets im Oktober 2017) folgten Pläne zur Einführung eines Rechtsrahmens für tokenisierte Wertpapiere und Kryptowährungen durch Dubai im Jahr 2021.
Abweisende Haltung durch Verbote
In einigen Ländern wurde die Krypto-Branche bereits von Anfang an verboten. Beispiele hierfür sind Südkorea, Venezuela, Vietnam, Indien und China. Es ist anzumerken, dass das Verbot in den meisten Fällen darauf zurückzuführen war, die Entwicklungen besser verstehen zu wollen, bevor eine zulässige Massnahme ergriffen wurde. Die Zahl der Länder, die unterstützende Gesetze zu Krypto-Dienstleistungen erlassen haben, ist in den letzten fünf Jahren exponentiell gestiegen. Demgegenüber ist die Zahl der Länder, die eine restriktive Haltung gegenüber Krypto-Assets eingenommen haben, sowohl relativ als auch absolut gesehen zurückgegangen. Einer der positivsten Entscheide war dabei aber die Aufhebung des 2017 erlassenen ICO-Verbots von Südkorea im Mai 2022.
Weniger positiv hingegen war, als China im September 2017 erklärte, dass Bitcoin nicht als Fiat-Währung dienen darf und alle ICOs als illegale Finanzierungsaktivitäten betrachtet werden sollten. Die Vorschriften sehen ausdrücklich vor, dass keine Krypto-Vermögenswerte als Anlagevermögen für Trusts und Investmentfonds verwendet werden dürfen. Zudem dürfen keine Finanzinstitute oder Zahlungsabwickler Bitcoin als Zahlungsmittel akzeptieren. Die Regierung hat sich aber im Laufe des Jahres 2020 stark auf CBDCs konzentriert, indem sie ihren digitalen Yuan freigab. Ansonsten haben sich die Behörden allerdings für DLT eingesetzt und Pläne angekündigt, Peking bis 2022 zu einem Zentrum für Blockchain-Innovationen zu machen.
Weiter hat auch Indien hat das Potenzial der DLT bereits 2013 erkannt. Die Behörden betonten jedoch die Risiken für die Verbraucher, die mit DLT-basierten Finanzprodukten und -dienstleistungen verbunden sind. Daher kündigten sie im Mai 2018 ein Verbot für alle im Land tätigen Finanzunternehmen an, mit Betreibern von Kryptowährungen zu handeln oder ihnen Dienstleistungen anzubieten. Später teilte Indien aber trotz allem seine Bereitschaft mit, im Juni 2022 über einen globalen Rahmen für digitale Vermögenswerte zu beraten.
Umfassende Regulierung notwendig
Ohne das allgemein proaktive Engagement der Finanzaufsichtsbehörden hätte die Krypto-Branche nicht die Entwicklung genommen, die sie in den letzten fünf Jahren genommen hat; sowohl in Bezug auf die Vielfalt der Produkte und Dienstleistungen als auch in Bezug auf die weltweite Adoption. Die Verfeinerung bestehender sowie die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen, das Wachstum der Krypto-Finanzmärkte wie auch der zugehörigen Intermediäre und Dienstleister sind unausweichlich. Im Wesentlichen werden sie von einer technologischen Innovation angetrieben: Blockchain/Distributed Ledgers.
Die Regulierung der Krypto-Branche hat diese Entwicklung entscheidend vorangetrieben, trotz der Spannungen in Bereichen wie DeFi, in denen die Ausweitung traditioneller finanzpolitischer Regulierungsgrundsätze nicht ohne weiteres und vielleicht auch nicht ohne Paradigmenwechsel möglich ist. Ein offener und konstruktiver Dialog zwischen Regulierungsbehörden und der Branche ist der Schlüssel, um die Vorteile der Distributed-Ledger-Technologien zu nutzen.