Ein zusammenfassender wöchentlicher Rückblick auf die Geschehnisse an den Kryptomärkten mit Fokus auf Trendsektoren, Liquidität, Volatilität, Spreads und mehr in Zusammenarbeit mit Marktdatenanbieter Kaiko.
Die letzten 7 Tage auf den Krypto-Märkten:
- Preisbewegungen: Die Märkte erlebten einen starken Aufschwung, der von ETH dominiert wurde, welcher die Woche mit einem Plus von 12% abschloss.
- Marktliquidität: USDC, TUSD und USDP machten nur 3% des gesamten Stablecoin-Volumens auf Binance aus, bevor die Börse ankündigte, die Paare von der Liste zu streichen und die Einlagen automatisch in BUSD umzuwandeln.
- Derivate: Das Open Interest für Ethereum Classic (ETC) erreichte kürzlich ein Allzeithoch, da die Miner ihre Rechenressourcen auf die hart geforkte PoW-Ethereum-Chain verlagern.
- Makro-Trends: Risikoanlagen erholten sich trotz der grössten Zinserhöhung in der Geschichte der EZB und zunehmender Energiesorgen.
Ether (ETH) führt Markterholung an
Diese Woche wird das Kaiko Research Team die Auswirkungen des bevorstehenden Merge auf die Ethereum (ETH) Märkte (und darüber hinaus) genau analysieren. ETH schloss die Woche mit einem Plus von mehr als 12%, während die Kryptomärkte einen ähnlichen Aufschwung erlebten und die Volatilität auf Jahreshöchststände trieben. Die Derivatemärkte spielen eine besonders wichtige Rolle. Die Finanzierungsraten für ETH stark ins Negative fallen und das Open Interest für ETC in die Höhe schiesst, da sich die Miner auf den Übergang zum Proof-of-Stake vorbereiten. Ausserdem schlug Coinbase vor, USDC-Bestände von MakerDAO im Wert von 1.6 Mrd. US-Dollar zu erwerben. Das Lending-Protokoll Aave pausierte ETH-Darlehen und der DEX Curve ist dem Start eines Stablecoins einen Schritt näher gekommen.
Abschlag auf ETH-Staking erholt sich leicht
Ein Blick auf den Stand der gestakten Ether-Token vor dem Merge zeigt, dass es bei den drei grössten staked Ether-Token immer noch einen erheblichen Abschlag gibt: stETH von Lido, cbETH von Coinbase und bETH von Binance. Alle drei müssen keine 1:1-Anbindung an ETH aufrechterhalten, da jeder Token irgendwann nach dem Merge für 1:1 einlösbar ist - der Abschlag spiegelt einfach die verschiedenen Risiken wider, welche von den Anlegern in der Zwischenzeit wahrgenommen werden. cbETH hat den höchsten Abschlag, wahrscheinlich aufgrund des zusätzlichen Zentralisierungsrisikos, welches mit der regulatorischen Positionierung von Coinbase einhergeht. Dieser Abschlag hat sich gestern deutlich verbessert und stieg von 0.915 auf knapp über 0.94. Wir haben auch eine Verbesserung der Abschläge für stETH und bETH beobachtet, da Investoren mit dem Abschlag ausreichend zufrieden sein könnten.
Binance konvertiert Stablecoin-Einlagen automatisch in BUSD
Letzte Woche schlug Binance mit der Ankündigung Wellen, dass alle USDC-, USDP- und TUSD-Stablecoin-Paare von der Liste gestrichen und künftige Einlagen automatisch in BUSD, den börseneigenen Stablecoin, konvertiert werden. Die Märkte für Tether (USDT) sind davon nicht betroffen. Unmittelbar nach der Ankündigung gab es heftigen Widerstand mit der Behauptung, dass Binance sich wettbewerbswidrig verhält. Die Vorwürfe bezogen sich dabei auf die Streichung von Stablecoins der Konkurrenten von der Liste und die zunehmende Festigung der Nutzung von BUSD. Dieser Schritt könnte aber tatsächlich die Liquidität und Preisfindung an der Börse verbessern.
Seit Jahren liegen die Handelsvolumina von USDC, TUSD und USDP auf Binance unter 3% und machen nur einen winzigen Teil der gesamten Marktaktivität aus. Nur USDC hat im Laufe der Jahre einen Anstieg des Volumens zu verzeichnen, das von etwa 25 Millionen USD täglichem Volumen im Jahr 2020 auf mehr als 200 Millionen im Jahr 2022 anstieg. Dies obwohl immer noch er nur einen Bruchteil des gesamten Stablecoin-Volumens ausmacht.
USDT könnte von der Abschaffung von Stablecoinpaaren auf Binance profitieren
Der Stablecoin, der am meisten zu verlieren hat, scheint USDC zu sein. Er hat eine ziemlich gute Liquidität und anständige Volumina. Dennoch könnte die Entscheidung, sie von der Liste zu streichen, eine gute Sache sein, wie der CEO von Circle (dem Emittenten von USDC) in einem kurzen Twitter-Thread erklärte. Binance konsolidiert einfach die Dollar-Liquidität, indem es die Anzahl der Dollar-äquivalenten Paare reduziert. USDC-Einlagen bleiben erhalten und das gesamte Einlagenerlebnis wird reibungsloser und ähnelt mehr dem, was FTX bereits heute tut.
Es stellt sich die Frage, ob den Tether-Märkten das gleiche Schicksal widerfahren könnte. Derzeit ist das Paar BTC-USDT von Binance das liquideste Handelspaar in der Kryptowelt. Seit der Abschaffung der BTC-Handelsgebühren macht das Paar nun 93% der Tether-Marktaktivität aus.
Die Abschaffung der Tether-Paare wäre daher ein ziemlicher Schock für die Kryptowährungsmärkte gewesen. Tether bleibt auch in Fragen rund um seine Dollar-Liquidität verwickelt, was die automatische Konvertierung in BUSD verschlimmert haben könnte.
Der GitHub für den Stablecoin von Curve geht live
Der GitHub für den kommenden Stablecoin von Curve, crvUSD, ging letzte Woche live und löste eine Reihe von Käufen für den DEX-Token CRV auf Uniswap V3 aus. Die Nachricht begann kurz nach 19 Uhr UTC am 5. September zu kursieren, woraufhin eine Reihe grosser Käufe verzeichnet wurde, darunter ein Tausch von 16 ETH gegen CRV; insgesamt gab es in den folgenden 5 Stunden Käufe von CRV im Wert von 170 ETH, während im selben Zeitraum nur Verkäufe im Wert von 10 ETH stattfanden. Die GitHub-Seite enthält keine Smart Contracts, gibt aber einige Hinweise auf die Mechanik des Stablecoins, welcher nach dem Merge veröffentlicht werden soll. Es enthält häufige Verweise auf LLAMMA, was für Lending-Liquidating AMM Algorithm steht. Es gibt eine Reihe von guten Analysen darüber, wie der Stablecoin funktionieren könnte, aber vieles davon ist zu diesem Zeitpunkt Spekulation. Die Veröffentlichung von crvUSD wird eine grosse Veränderung in der DeFi-Stablecoin-Landschaft markieren, da Curve immer noch der wichtigste AMM-Stablecoin ist.
Ethereum Classic gewinnt im Vorfeld des Merge an Zugkraft
Die seit langem erwartete Umstellung des Ethereum-Netzwerks auf Proof-of-Stake wird das energieintensive Mining von ETH auflösen. Dies hat Ethereum-Miner dazu veranlasst, nach Alternativen zu suchen. Dabei hat Ethereum Classic (ETC) - eine Proof-of-Work-Abspaltung von Ethereum - seit Juli erheblich an Zugkraft gewonnen hat. Die Derivatemärkte spiegeln diese Verlagerung der Mining-Ressourcen wider, da die Händler nach einer Möglichkeit suchen, die grösste Erweiterung des Ethereum-Netzwerks seit Jahren zu arbitrieren und abzusichern.
Das auf Binance und OKX aggregierte Open Interest an ETC-USDT-Futures stieg am 6. September, kurz nach dem Start des Bellatrix-Upgrades, auf ein Allzeithoch von 350 Mio. und hat sich seit Juli mehr als versechsfacht. Die Refinanzierungssätze für ETC drehten ins Positive, was auf eine stärkere Nachfrage nach fremdfinanzierten Long-Positionen hindeutet. Weiter blieben während der gesamten letzten Woche positiv bis neutral. Im Gegensatz dazu sind die Refinanzierungssätze für ETH weit in den negativen Bereich vorgedrungen, was auf eine Kombination aus Baisse und starker Absicherung hindeutet.
Insgesamt sind die starken Kapitalzuflüsse in ETC-Perpetual-Futures-Kontrakte in Verbindung mit der Hash-Rate, die kürzlich ein Allzeithoch erreichte, ein klares Zeichen dafür, dass die Rechenleistung der ETH-PoW-Miner auf ETC übertragen wurde. Dieser Trend wird sich wahrscheinlich fortsetzen, denn F2Pool hat letzte Woche angekündigt, das ETH-Mining im September einzustellen und stattdessen auf Ethereum Classic (ETC) umzustellen.
Risikoanlagen steigen trotz EZB-Erhöhung und hoher Gaspreise
Risikoanlagen erholten sich in der vergangenen Woche im Gleichschritt, obwohl die Europäische Zentralbank (EZB) ihre bisher höchste Zinserhöhung vornahm und weitere ankündigte. Der aggressive Schritt erfolgte vor dem Hintergrund zunehmender Rezessionsängste in Europa, nachdem Russland Anfang des Monats die Erdgaslieferungen über die North-Stream-Pipeline eingestellt hatte.
Obwohl die Gaspreise nach der Einigung der EU-Regierungen auf eine koordinierte Marktintervention zur Bewältigung der Energiekrise von ihren Allzeithochs zurückgegangen sind, hat sich der europäische Benchmark-Gaspreis (Dutch TTF Futures) im letzten Jahr mehr als verdoppelt. Europa ist von den steigenden Energiekosten stärker betroffen als die USA. Dort hofft die US-Notenbank immer noch, eine Rezession zu vermeiden. Stattdessen strebt sie eine Periode mit geringem Wachstum und hoher Arbeitslosigkeit, d.h. eine "Wachstumsrezession", an.
Bitcoins Hash-Rate erreicht Allzeithochs
Die Hash-Rate von Bitcoin hat gerade einen neuen Höchststand erreicht und ist seit Ende August um 18% auf 232 Mio. TH/s (Terahashes pro Sekunde) gestiegen. Die Hash-Rate des Netzwerks - ein Mass für die Menge an Rechenleistung (d.h. Miner), welche um Blöcke konkurrieren - ging im Sommer zurück. Denn grosse US-Miner haben ihren Betrieb als Reaktion auf eine historische Hitzewelle in Texas, fallende BTC-Preise und steigende Energiekosten gedrosselt. Der Sommer ist nun vorbei, die Energiekosten sind gesunken und die hohen Preise deuten darauf hin, dass die Miningbetreiber wieder mit voller Kraft in den Markt eingestiegen sind.
Gut kapitalisierte Mining-Unternehmen haben den Abschwung besser überstanden als andere und wir haben in den letzten Monaten eine gewisse Branchenkonsolidierung beobachtet. Grosse Miningbetreiber wie Riot profitierten nicht nur von Stromabnahmeverträgen, sondern verzeichneten nach der Abschaltung in Texas auch Gewinne, da sie den zuvor eingekauften Strom mit einem Aufschlag wieder an das Netz verkaufen konnten. Die BTC-Preise sind jedoch nach wie vor weit von ihren Höchstständen entfernt, was sich negativ auf die Gewinne der Miningbetreiber auswirkt.