Während sich einige Jurisdiktionen der Blockchain-Technologie und darauf bauenden digitalen Vermögenswerten verschliessen, entwickeln andere Staaten die notwendigen Vorschriften zur Innovationsförderung. Eine Übersicht zur Krypto-Regulierung in den USA, Asien, der EU, sowie der Schweiz.
Das sich verschärfende regulatorische Umfeld für Krypto-Firmen in den Vereinigten Staaten sorgt seit einigen Monaten für Schlagzeilen. Mit der Wertpapier- und Börsenaufsicht (SEC) an vorderster Front gehen US-Behörden aktiv gegen Unternehmen vor, ohne zuvor einen rechtlichen Grundsatz darzulegen. Das Endresultat ist ein hohes Mass an Unsicherheit für Firmen, Investoren und Verbraucher. Naheliegend, dass sich führende US-Akteure wie Coinbase nun international nach Alternativen umsehen. Doch wie sieht die Krypto-Regulierung global aus?
US-Regulierung: ein komplexer Flickenteppich
Die Regulierung von Kryptowährungen in den Vereinigten Staaten hat aufgrund der Beteiligung mehrerer Regulierungsbehörden einen verworrenen Weg genommen. Im Jahr 2013 veröffentlichte das Financial Crimes Enforcement Network (FinCEN) erstmals Richtlinien, die Börsen und Verwalter virtueller Währungen als Gelddienstleistungsunternehmen einstuften. Die Wertpapier- und Börsenaufsichtsbehörde (Securities and Exchange Commission, SEC) machte dann 2017 bedeutende Fortschritte, als sie erklärte, dass bestimmte Initial Coin Offerings (ICOs) als Wertpapierangebote betrachtet werden könnten. Im selben Jahr stufte die Commodity Futures Trading Commission (CFTC) Bitcoin als Rohstoff ein und begann, den Handel mit Bitcoin-Futures zu beaufsichtigen. Auch der Internal Revenue Service (IRS) meldete sich zu Wort und erklärte, dass virtuelle Währungen für Steuerzwecke wie Eigentum behandelt werden. Ein auf Bundesebene geltendes Rahmenwerk wurde jedoch nie geschaffen.
Um die Angelegenheit weiter zu verkomplizieren, setzen einige Behörden wie die SEC auf Alleingang. Anstatt klare Leitlinien festzulegen, wendet die Behörde eine Strategie an, die Branchenvertreter als "Regulierung durch Durchsetzung" bezeichnen. Die SEC legt keine spezifischen Regeln fest, sondern ergreift rechtliche Massnahmen gegen Unternehmen, die ihrer Meinung nach in ihre Zuständigkeit fallen. Bedauerlicherweise hat dieser Ansatz zu Rechtsstreiten mit einigen der grössten Kryptowährungsunternehmen in den Vereinigten Staaten geführt. Dabei konnte die SEC keine der milliardenschweren Insolvenzen verhindern, die im letzten Jahr stattgefunden haben. Diese harsche Krypto-Politik der SEC stösst nicht nur bei Branchenvertretern auf Gegenwind. In einem ausführlichen Blogbeitrag kritisierte Hester Peirce, eine der fünf SEC-Kommissaren, die Agentur für die aggressive Ausweitung ihres Regulierungsbereichs. Diese Ansicht unterstützte das US Chamber of Commerce - der weltgrösste Unternehmensverband - in einer gerichtlichen Erklärung.
Den ersten Ansatz einer umfassenden Krypto-Regulierung in den Vereinigten Staaten schuf Präsident Biden zwar im März 2022 mit einer Durchführungsverordnung (engl. = Executive Order). Daraus ging hervor, dass die Biden Administration sich auf die Regulierung von Kryptowährungen sowie die rasche Entwicklung einer digitalen Zentralbankwährung (CBDC) konzentrieren möchte. Seit dem FTX-Debakel gegen Ende des vergangenen Jahres hat sich der Tenor allerdings verschärft. Anzeichen der Erschaffung eines Rechtsrahmens sind nicht mehr zu beobachten. Stattdessen politisieren beide Parteien mit gegensätzlichen Gesetzesentwürfen (engl. = Bills), während sich einzelne demokratische Präsidentschaftskandidaten die Bekämpfung der Krypto-Branche als explizites Kampagnenziel setzten.
Asien genauso zwiegespalten
Wie zu erwarten herrscht in Asien - als grösster Kontinent, aufgespalten in 51 Länder - kein Konsens in Bezug auf Krypto-Vorschriften. Verschiedene Rechtssysteme haben unterschiedliche Ansätze für Kryptowährungen gewählt, was zu einer vielfältigen Regulierungslandschaft in der Region führt. Vor allem China hat eine äusserst strenge Haltung eingenommen und ein umfassendes Verbot der meisten Kryptowährungsaktivitäten verhängt, einschliesslich Handel und Mining. Dieses Verbot steht im Einklang mit Chinas Ziel, Kapitalabflüsse zu kontrollieren und die inländische Finanzstabilität zu erhalten. Im Gegensatz dazu haben finanznahe Jurisdiktionen wie Singapur einen differenzierteren Ansatz gewählt, mit Vorschriften zur Risikominderung doch ausreichend Platz für Innovation.
Das harte Durchgreifen der Regulierungsbehörden gegen Kryptowährungen in den USA hat allerdings zu einer Verlagerung der Haltung Chinas geführt. Im Februar kündigte die Sonderverwaltungszone Hongkong an, sich der Krypto-Branche erneut zu öffnen. Laut Bloomberg spekulieren einige Experten, dass China Hongkong als Testgebiet für eine Lockerung der Vorschriften für Kryptowährungen nutzt, um in Zukunft Krypto-Dienstleistungen auf dem chinesischen Festland wieder einzuführen.
Auch die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) bieten der Branche zunehmend eine helfende Hand. Insbesondere der Hotspot Dubai stellte seine Ambitionen klar, in der Gestaltung der Zukunft virtueller Vermögenswerte tragend zu sein. Die rechtliche Grundlage schuf der Stadtstaat mit der Verabschiedung eines Krypto-Gesetzes sowie der Einrichtung einer eigenen regulatorischen Behörde (Dubai Virtual Assets Regulatory Authority, VARA). Dies verleitete einige der grössten Handelsbörsen zur Eröffnung von Tochterfirmen in der Region.
Rechtssicherheit in der EU dank MiCA
Die Krypto-Regulierung in der EU hat sich im Laufe der Jahre ebenfalls schrittweise weiterentwickelt. Vor 2019 gab es keinen umfassenden Rahmen für die Regulierung von Kryptowährungen auf EU-Ebene. Die Mitgliedstaaten verfolgten unterschiedliche Ansätze, die von einer strengen Regulierung bis hin zu einer eher liberalen Politik reichten. Der Mangel an Einheitlichkeit und die zunehmende Bedeutung von Kryptowährungen führten jedoch zu Bedenken hinsichtlich potenzieller Risiken, einschliesslich Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Als Reaktion auf diese Bedenken begann die EU 2019 mit Diskussionen über das Rahmenwerk "Markets in Crypto Assets" (MiCA). Ziel war es, klare Regeln und Schutzmassnahmen für Krypto-Assets im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum festzulegen.
Nach vier Jahren wilder Debatten im EU-Parlament kam es schliesslich vor wenigen Wochen zur Verabschiedung des Regelwerks - ein bedeutender Schritt nach vorn für die europäische Krypto-Industrie. MiCA schafft umfassende regulatorische Rahmenbedingungen, die Innovation und Sicherheit begünstigen. Der Rahmen verpflichtet alle Krypto-Dienstleister zur Einholung einer Genehmigung und legt gleichzeitig Standards für den Betrieb, die Struktur und die Ausgabe digitaler Vermögenswerte fest. Der Grossteil der Verordnung wird im Januar 2025 in Kraft treten, obwohl bestimmte Bestimmungen für Stablecoins bereits ab Mitte 2024 gelten werden.
Während MiCA einen bedeutender Fortschritt in Richtung Kryptowährungsregulierung darstellt, gibt es Aspekte in dem 400-seitigen Dokument, die von verschiedenen Krypto-Akteuren in Frage gestellt wurden. Zum Beispiel interpretiert Patrick Breyer, ein Mitglied des Europäischen Parlaments, die Geldtransferverordnung (TFR) als ein Verbot anonymer Zahlungen und Spenden. Der aktuelle Rechtsrahmen berücksichtigt zudem weder dezentrale Finanzanwendungen (DeFi) noch Kryptowährungskredite oder Staking. Darüber hinaus fehlen in MiCA Bestimmungen für nicht-fungible Token (NFTs).
Die Schweiz als sicherer Hafen?
Die Schweiz konnte dank Politik und Regulation bereits früh die nötige Rechtssicherheit für ein blühendes Ökosystem rund um Blockchain und Kryptowährungen schaffen. Der Regulator ist bereits seit 2015 aktiv; international gesehen sehr früh für den Blockchain-Bereich. Die FINMA hat zuerst ICO Guidelines veröffentlicht, dann Banklizenzen vergeben. Über die Jahre erfreute sich der Raum auch bekannt als "Crypto Valley" über neue Firmenansiedlungen und stetige Weiterentwicklung. Co-Working Spaces in Zürich und Zug entwickelten sich und die Uni Basel, sowie später auch die ETH konnten mit ihren Angeboten Programmierer anziehen, welche wichtig für die Weiterentwicklung der Blockchain-Technologie waren.
Als bahnbrechendes Beispiel hat das Schweizer DLT-Gesetz den Grundstein für andere Jurisdiktionen gelegt, die nun versuchen, ähnliche Ansätze zu übernehmen. Der Rahmen ist als Mantelerlass ausgestaltet, mit dem gesamthaft zehn Bundesgesetze punktuell angepasst werden. Insbesondere wurde im Obligationenrecht die Rechtsfigur eines Registerwertrechts eingeführt, mit dem eine robuste Rechtsgrundlage für die Digitalisierung oder Tokenisierung von Vermögenswerten (Rechten) wie Aktien, Schuldverschreibungen und anderen Finanzaktiven und deren Übertragung geschaffen wurde. Eine so umfassende Regulierung für Krypto-Aktivitäten ist international nicht zweimal vorhanden.