Die Schweiz galt dank klarem Rechtsrahmen und unternehmensfreundlicher Politik lange als Vorreiter der Blockchain-Revolution. Doch der Vorsprung schmilzt. Mit neuen Regeln zur suboptimalen FinTech-Lizenz und für Stablecoins will der Bundesrat die Lücken nun schliessen.
Seit Trumps Amtsantritt und der Einstufung digitaler Assets als nationale Priorität treiben die USA die Krypto-Regulierung mit Hochdruck voran. Gesetzesentwürfe und Präsidialerlasse schufen binnen Monaten klare Regeln für Token-Emittenten, Börsen, Dienstleister und Stablecoins. Letztere haben sich zu einem der am schnellsten wachsenden Segmente des Marktes entwickelt – mit einer Marktkapitalisierung von über 310 Billionen USD und Transaktionsvolumina auf dem Niveau von Visa und Mastercard. In der Schweiz hingegen gilt aufgrund einer Aufsichtsmitteilung der FINMA faktisch ein Stablecoin-Verbot. Nach über einem Jahr Stillstand reagiert der Bundesrat nun endlich, wie aus einer Medienmitteilung hervorgeht.
Die Schweiz braucht klare Stablecoin-Regulierung
Stablecoins sind Kryptowährungen, die an Vermögenswerte wie den US-Dollar gekoppelt sind. Das Geschäft ist enorm und brachte dem Marktführer Tether im Jahr 2024 mehr als 10 Milliarden US-Dollar Reingewinn ein. In der Schweiz bleibt die Ausgabe solcher Token jedoch unattraktiv. Nach den Richtlinien der FINMA benötigen Emittenten eine Banklizenz und müssen alle Halter über ein KYC-Verfahren identifizieren. Während der Erwerb einer Banklizenz teuer, aber grundsätzlich möglich ist, macht die zweite Auflage ein Whitelisting erforderlich. Diese Bedingung würde einen Stablecoin in der Praxis sofort disqualifizieren.
Auf Druck der Branche und die internationale Konkurrenz erkennt der Bundesrat nun dieses Defizit und eröffnet die Vernehmlassung zu einer Änderung des Finanzinstitutsgesetzes. Ziel der Vorlage sei es, die Rahmenbedingungen für die Marktentwicklung, die Standortattraktivität sowie die Integration innovativer Finanztechnologien in das bestehende Finanzsystem zu verbessern.
"Die neue Regulierung soll die Attraktivität des Wirtschafts- und Finanzplatzes Schweiz für innovative und technologiegetriebene Geschäftsmodelle erhöhen und auch in Zukunft eine gute Positionierung der Schweiz im Vergleich zu anderen wichtigen Finanzzentren sicherstellen. Mit der Vorlage setzt die Schweiz zudem internationale Standards um." - Medienmitteilung des Bundesrats
Neue Bewilligungskategorien für Krypto-Institute
Konkret schlägt der Bundesrat zwei neue Bewilligungskategorien vor. Die neue Definition der "Zahlungsmittelinstitute" ersetzt die bisherige "Fintech-Bewilligung." Dabei seien gezielte Anpassungen vorgenommen worden, um die Attraktivität und den Kundenschutz zu verbessern. Kundengelder sollen im Fall eines Konkurses künftig absonderbar sein und somit nicht in die Konkursmasse fallen. Zudem wird die bisherige Limite von 100 Millionen Franken für entgegengenommene Kundengelder aufgehoben. Dadurch können diese Institute wachsen und von Skaleneffekten profitieren. Zahlungsmittelinstitute dürfen eine spezielle Form von Stablecoins ausgeben und unterliegen dabei besonderen Auflagen. Gleichzeitig werden die geldwäschereirechtlichen Sorgfaltspflichten bei der Emission von Stablecoins präzisiert.
Zusätzlich führt der Bundesrat die neue Bewilligungskategorie der "Krypto-Institute" ein. Diese Institute bieten verschiedene Dienstleistungen rund um Kryptowährungen an. Die Bewilligungs- und Tätigkeitspflichten orientieren sich inhaltlich an jenen für Wertpapierhäuser, sind jedoch weniger umfassend, da Krypto-Institute keine Geschäfte mit Finanzinstrumenten tätigen. Krypto-Institute und andere Anbieter von Kryptodienstleistungen müssen zudem bestimmte Vorgaben erfüllen, um Interessenkonflikte zu vermeiden.
Zu wenig und zu spät?
Die Vernehmlassung des Bundesrats ist der erste Schritt vor der parlamentarischen Beratung eines Gesetzes und läuft in diesem Fall bis zum 6. Februar 2026. Danach folgen die parlamentarische Behandlung, ein mögliches Referendum und die Inkraftsetzung. Der gesamte Prozess dauert mindestens sechs Monate und kann sich über Jahre hinziehen. In der schnelllebigen Krypto-Branche ist das eine halbe Ewigkeit. Will die Schweiz ihre Position als führender Blockchain-Standort halten, muss sie jetzt die Grundlagen für kommende Entwicklungen schaffen. Dafür müssen die Gesetzgeber von einer reaktiven zu einer vorausschauenden Haltung übergehen. Die Schweiz hat den Vorsprung einst durch Mut gewonnen – und könnte ihn nun durch Zögern verlieren.








