Steuern in Bezug auf Kryptowährungen sind in den deutschen Steuergesetzen nicht ausdrücklich geregelt. Seit dem Beginn der Bitcoin-Blockchain im Jahr 2009 hat sich die Aufmerksamkeit der Finanzverwaltung erst allmählich auf die Entwicklung im Krypto-Raum gerichtet.
Infolge des Bitcoin-Hype im Dezember 2017 hat sich das Interesse der Finanzämter dann schrittweise weiter konkretisiert. Der bundesdeutsche Steuergesetzgeber hat sich - im Unterschied zur Schweiz, Frankreich oder Österreich - trotzdem nicht bemüssigt gesehen, eigene Regeln hierfür zu erlassen. Verschiedene Finanzgerichtsentscheidungen in den Jahren 2019 (FG Berlin-Brandenburg), 2020 (FG Nürnberg) und 2021 (FG Baden-Württemberg und FG Köln) haben zwar keine ganz einheitliche Linie erkennen lassen.
Rechtliche Entwicklungen in Deutschland
Gleichwohl war der wohl überwiegende Wille der Rechtsprechung, eine Besteuerung der Blockchain-Einträge auch ohne konkrete gesetzliche Regelung grundsätzlich zu ermöglichen durchaus spürbar. Teilweise wurden zur Zielerreichung die technischen Details pauschal als nicht entscheidungserheblich qualifiziert und somit nahezu vollständig ausgeklammert, was zusätzlich bedenklich erscheint.
Wie zu erwarten war, hat die Finanzverwaltung sukzessive aus der Not eine Tugend gemacht und zuletzt im Mai 2022 ein sog. BMF-Schreiben (Schreiben des Bundesfinanzministerium, das sich an die nachgeordnete Finanzverwaltung richtet und diese bindet) zur Besteuerung von sog. virtuellen Währungen verfasst. Damit wurde der Versuch unternommen, eine fehlende gesetzliche Regelung faktisch durch solche Vorgaben zu ersetzen, die einen Besteuerungsanspruch möglichst fundiert erscheinen lassen und zugleich eine möglichst einfache Durchsetzung gegenüber den Steuerpflichtigen zu ermöglichen.
Aktuelle Steuer-Massnahmen für Kryptowährungen
Der Bundesfinanzhof hat dann im Februar 2023 binnen kürzester Zeit nach Durchführung der mündlichen Verhandlung bereits ein durchaus angreifbares Urteil (Az.: IX R 3/22) zur Besteuerung von immerhin drei Kryptowährungen (Bitcoin, Ethereum und Monero) gefällt und dabei den grundgesetzlich geschützten Eigentumsbegriff mit zweifelhafter Begründung erheblich ausgeweitet.
Kurze Zeit später hat die Finanzverwaltung aufgrund eines bei einer deutschen Kryptobörse abgeforderten Datenbestands damit begonnen, bundesweit Steuerpflichtige zur Nacherklärung bislang nicht offengelegter Kryptotransaktionen aufzufordern. Dies soll dann automatisch auch für mehr als 26'000 weitere Kryptowährungen und daraus resultierende (teilweise nur rein virtuelle) Erträge gelten, die schon bislang bei coinmarketcap.com gelistet wurden und werden.
Teilweise werden diese Massnahmen noch flankiert von der zeitgleichen Einleitung von Steuerstrafverfahren, die die Steuerpflichtigen zusätzlich unter Druck setzen. In diesem Zusammenhang wird stets auf die Mitwirkungspflichten des Einzelnen nach der Abgabenordnung verwiesen und u.a. umfangreiche Dokumentationen eingefordert. Zugleich wird bei fehlender Kooperationsbereitschaft eine härtere Gangart in Aussicht gestellt. Die Prüfungspflichten der Finanzverwaltung und die begrenzten Möglichkeiten der Ermittlung und Verfolgung all der Steuerpflichtigen, die ausschliesslich bei im Ausland ansässigen Kryptobörsen traden, werden dabei in der Regel nicht thematisiert.
Wachsende Nachfrage nach rückwirkender Einhaltung der Vorschriften
Die einschränkenden Besonderheiten einer gleichmässigen Besteuerung, die z.B. die Nutzung von dezentralen Börsen unter Ermittlungsgesichtspunkten mit sich bringen, werden insoweit nicht erörtert. Auch wird ein an sich erforderlicher flächendeckender ordentlicher Vollzug von der Finanzverwaltung gar nicht erst in Frage gestellt.
Zugleich wird ein offensichtlich bestehendes Vollzugsdefizit - das vermutlich die meisten Krypto-Trader in Deutschland nach wie vor unbehelligt lässt - im Urteil des BFH aus Februar 2023 faktisch in Abrede gestellt. Aufgrund dieser Gemengelage ist in den letzten Wochen ein deutlicher Anstieg von Rechtssuchenden zu verzeichnen, die binnen kürzester Frist in der Vergangenheit nicht erklärte Kryptosachverhalte nachträglich deklarieren möchten.
Teilweise beruht diese Motivation auf eigenem Antrieb - um bald wieder ruhig schlafen zu können - teilweise hat jedoch eines der besagten Schreiben der Finanzverwaltung mit überschaubarer Fristsetzung oder gar die Mitteilung über die bereits erfolgte Einleitung eines Strafverfahrens für einen plötzlichen Motivationsschub bei den Betroffenen gesorgt.
Fazit
Wenngleich die steuergesetzliche Lage in Bezug auf die Besteuerung von sogenannten Kryptowährungen in Deutschland nach wie vor alles andere als eindeutig daherkommt, sehen sich kryptoaffine Steuerpflichtige mittlerweile einem erheblich schärferen Wind der Verfolgung durch die Finanzämter ausgesetzt.
Da dieser die Betroffenen teilweise frontal und oftmals unerwartet mit eisiger Kälte und Konsequenz trifft, bleibt eine durchaus einschneidende Wirkung bei vielen nicht aus. Ungeachtet der konkreten Vorwürfe sollten sich Betroffene vor einer vorschnellen Reaktion auf vermeintlich konkrete nachteilige Beweise unbedingt kompetent beraten lassen. In der Praxis zeigt sich häufig, dass die vermeintlich weitreichenden Vorwürfe auf wenig konkreter und noch weniger berechtigter Grundlage beruhen.
Nur dann, wenn die Vorhaltungen der Finanzverwaltung auf ausreichender gesetzlicher und tatsächlicher Basis aufbauen, kann und muss der Auffassung der Finanzverwaltung gefolgt werden. In allen anderen Fällen ist eine robuste Verteidigung der berechtigten Interessen des jeweiligen Steuerpflichtigen unabdingbar, um ungerechtfertigte Verdächtigungen vorbehaltlos und nachhaltig auszuräumen.