In jüngster Vergangenheit haben zahlreiche Schweizer Banken ihr Dienstleistungsportfolio durch die Integration digitaler Vermögenswerte ausgebaut. Die Vorreiterrolle unter den Staatsbanken übernahm die Zuger Kantonalbank. Leiter der Unternehmenssteuerung Jan Damrau erläutert, wie es zu dieser Entscheidung kam.
Diesen August schrieb die Luzerner Kantonalbank (LUKB) mit der Ankündigung eines umfassenden Krypto-Angebots auf Anfang 2024 Schlagzeilen. Die erste Schweizer Staatsbank kündigte Dienstleistungen für digitale Vermögenswerte an. Nur zwei Monate später überholte die Zuger Kantonalbank (ZugerKB) ihre Luzerner Kollegen mit der sofortigen Lancierung des Krypto-Handels. Und im November folgte die St. Galler Kantonalbank (SGKB).
CVJ.CH: Die ZugerKB lancierte als erste Kantonalbank ein Krypto-Angebot. Wie kam es dazu?
Jan Damrau: Für eine in Zug beheimatete Bank liegt es nahe, sich Gedanken über Produkte und Dienstleistungen im Bereich der digitalen Vermögenswerte zu machen. Ausschlaggebend für die Entwicklung des Angebots war letztlich der explizit geäusserte Wunsch vieler unserer Kundinnen und Kunden nach einer sicheren und einfachen Verwahr- und Handelslösung für Kryptowährungen. Kundenberatende, Produktmanagement und die Handelsabteilung der ZugerKB haben bei der Entwicklung des Produkts eng zusammengearbeitet, um diesem Kundenwunsch möglichst gerecht zu werden. Dass wir ein solches Angebot für unsere Kundinnen und Kunden schneller als andere Banken lancieren konnten, freut uns natürlich.
Beschleunigte die Ankündigung der Luzerner Kantonalbank im August Ihr Ausrollen der Dienstleistungen?
Nein, die Ankündigung der Luzerner Kantonalbank hatte keinen Einfluss auf den Zeitpunkt der Markteinführung. Das Projekt war zu dieser Zeit bereits weit fortgeschritten und die Lancierung für den Herbst fest eingeplant. Unser Ziel war es nicht, die erste Bank auf dem Markt zu sein, sondern unseren Kundinnen und Kunden einen Service zu bieten, der so einfach und sicher wie möglich ist.
Erleichterte der Standort im Herzen des Crypto Valley die Koordination mit Partnern?
Wir sind im Crypto Valley breit vernetzt und auch Mitglied der Swiss Blockchain Federation. Das Krypto-freundliche Umfeld erlaubte uns, die Entwicklungen im Bereich digitaler Vermögenswerte in den letzten Jahren sehr genau beobachten zu können. Für die Koordination mit unseren Partnern Swisscom und Sygnum sowie den involvierten Behörden war der Standort aber letztlich nicht entscheidend.
Aktuell sind sechs Kryptowährungen über die ZugerKB handelbar. Weshalb diese Auswahl?
Derzeit bieten wir unseren Kundinnen und Kunden die Möglichkeit, in Bitcoin (BTC), Ethereum (ETH), Ripple (XRP), Litecoin (LTC), Polygon (MATIC) und Uniswap (UNI) zu investieren. Diese Coins gehören zu den gängigsten Kryptowährungen. Wir haben sie auf der Grundlage ihrer Marktkapitalisierung, Liquidität und Kundennachfrage ausgewählt. Sofern wir eine starke Nachfrage nach weiteren Währungen feststellen, werden wir die Auswahl der handelbaren Vermögenswerte entsprechend erweitern.
Hat das Krypto-Angebot der ZugerKB besondere Aufmerksamkeit bei einer spezifischen Kundengruppe hervorgerufen?
Interessanterweise haben wir festgestellt, dass das Interesse an Kryptowährungen nicht nur bei der jüngeren Kundschaft, sondern auch bei Kundinnen und Kunden höheren Alters stark ist. Viele von ihnen sind technologieaffin und offen für neue Anlageformen. Gleichzeitig wünschen sie sich eine besonders sichere und komfortable Möglichkeit, in Kryptowährungen zu investieren. Diesem Bedürfnis kommen wir mit unserem Angebot nach, indem wir eine benutzerfreundliche und sichere Handelsplattform bieten. Es zeigt sich, dass die Attraktivität von Kryptowährungen altersunabhängig ist und ein breites Spektrum an Anlegerinnen und Anlegern anspricht.
Wurde bereits Nachfrage für alternative Krypto-Assets beobachtet oder investieren Kunden vorerst in Bitcoin?
Bitcoin ist sicher die bekannteste Kryptowährung. Dementsprechend wird sie auch häufig nachgefragt. Nach rund eineinhalb Monaten seit der Lancierung lässt sich jedoch bilanzieren, dass auch grössere Investitionen in andere von uns angebotene Währungen getätigt wurden.
Mit der SGKB folgt bereits die nächste Kantonalbank. Werden Krypto-Assets im Verband der Schweizerischen Kantonalbanken thematisiert?
Ja, die Kantonalbanken stehen - wie auch bei anderen Themen - im losen Austausch miteinander. Ich bin davon überzeugt, dass noch weitere Institute einsteigen werden. Wann und in welcher Form diese Angebote auf den Markt kommen, darüber möchte ich nicht spekulieren. In fünf Jahren werden wahrscheinlich nicht alle Kantonalbanken Krypto-Anlagen anbieten, aber wir werden neben der LUKB und SGKB garantiert nicht die einzigen sein die die Anlage in digitale Vermögenswerte anbieten.
Birgt das Krypto-Angebot der ZugerKB aufgrund der Staatsgarantie Risiken für die Steuerzahler?
Depotwerte, die eine Bank für ihre Kunden und Kundinnen hält, werden nicht von der Staatsgarantie abgedeckt. Krypto-Assets werden wie herkömmliche Wertpapiere im Kundenbestand als Sondervermögen gehalten. Sie sind dadurch vor einem Konkurs der verwahrenden Bank geschützt. Damit kommt die Staatsgarantie nicht zur Anwendung und die Frage der Haftung des Kantons oder der Steuerzahler stellt sich nicht. Die Staatsgarantie schützt insbesondere auch nicht vor Wertschwankungsrisiken der Depotwerte. Dieses Risiko tragen die Kundinnen und Kunden wie beim Aktienhandel selbst. Auch wenn wir Kryptowährungen nur ohne Beratungsleistung anbieten, weisen wir unsere Kundinnen und Kunden auf die Marktrisiken hin.
Können Kunden einen Ausbau der Krypto-Dienstleistungen erwarten?
Wir werden den Markt und die Kundenbedürfnisse weiterhin sehr genau verfolgen. Ein Ausbau der Dienstleistungen ist dementsprechend möglich. Eine positive Entwicklung des neuen Angebots vorausgesetzt, werden wir wie bereits erwähnt das Universum der handelbaren Vermögenswerte erweitern. Die Ein-/Auslieferung von Kryptowährungen, Tokenisierung und Staking sind mögliche weitere Optionen, die wir in einem zweiten Schritt prüfen werden.
Jan Damrau ist seit Juli 2022 Mitglied der Geschäftsleitung der Zuger Kantonalbank und Leiter des Departements Unternehmenssteuerung. Der promovierte Jurist und Volkswirt ist verantwortlich für die Bereiche Unternehmensentwicklung & Projekte, Personal, Kommunikation, Recht & Compliance, Kompetenzzentren und IT. Vor seinem Eintritt in die Zuger Kantonalbank war er Leiter Strategiemanagement und Innovation bei der Migros Bank. Davor war er in diversen Führungspositionen bei verschiedenen Bankinstituten tätig. Mehrjährige Erfahrung in der Unternehmensberatung rundet sein Karriereprofil ab.