Ein zusammenfassender wöchentlicher Rückblick auf die Geschehnisse an den Kryptomärkten mit Fokus auf Trendsektoren, Liquidität, Volatilität, Spreads und mehr in Zusammenarbeit mit Marktdatenanbieter Kaiko.
Die letzten 7 Tage auf den Krypto-Märkten:
- Preisbewegungen: Historisch gesehen haben sich Kryptoanlagen während des Markteinbruchs im September schlechter entwickelt als Aktien.
- Marktliquidität: Der Marktanteil des Volumens für den Stablecoin BUSD von Binance erreichte ein Allzeithoch.
- Derivate: Ether-Optionen zeigen die Besorgnis der Anleger vor dem Merge, aber danach überwiegt die optimistische Stimmung.
- Makro-Trends: Die Inflation in der Eurozone erreichte ein Rekordhoch und übertraf zum ersten Mal seit 2015 die Inflation in den USA.
Eine weitere unruhige Woche
Es war eine weitere unruhige Woche an den Kryptomärkten. Bitcoin (BTC) konnte sich nicht über 20'000 USD halten und Ethereum (ETH) begann den September unter 1'600 USD, einem Niveau, welches seit Mitte August nicht mehr durchbrochen werden konnte. Die Makroökonomie wirft weiterhin einen Schatten der Unsicherheit auf Kryptowährungen und traditionelle Risikoanlagen, da sich die Energiekrise verschärft. Die Europäische Zentralbank wird bei ihrer bevorstehenden Sitzung nach der Veröffentlichung von Inflationszahlen für Europa, welche höher als erwartet ausfielen, wahrscheinlich einen (sehr) aggressiven Ansatz verfolgen. Ausserdem wird der Bitcoin-Maximalist und ehemalige MicroStrategy-CEO Michael Saylor vom District of Columbia wegen Steuerbetrugs verklagt, und in einem Beitrag von Crypto Leaks wird behauptet, dass Ava Labs und seine Anwälte wettbewerbswidrige Prozesse gegen Konkurrenten führen. Ava Labs, das Unternehmen hinter Avalanche, hat die Vorwürfe bestritten.
Arbitrum-Ökosystem ist ein Lichtblick in einem Meer von Rot
Die Arbitrum-Spitzenprojekte GMX und Dopex haben sich im vergangenen Monat deutlich besser entwickelt als ETH und der OP-Token des konkurrierenden Layer-2-Netzwerks Optimism. Arbitrum hat noch keinen Token, und dies hat teilweise zu einem Anstieg der TVL von 2 Milliarden Mitte Juli auf jetzt 2.65 Milliarden USD geführt. Dies wohl unter der Annahme, dass die derzeitigen Nutzer des L2-Netzwerks in der Zukunft einen Arbitrum-Token per Airdrop erhalten könnten.
Im gleichen Zeitraum verdreifachte sich das Open Interest an GMX, einer dezentralen Spot- und Perpetual-Futures-Börse, von 21 auf 64 Millionen Dollar. Dopex veröffentlichte Anfang August Atlantic Straddles, welches Nutzern ermöglicht, auf die Volatilität von ETH zu wetten. Des weiteren konnte man Kontrakte schreiben und Prämien von denen erhalten, welche auf die Volatilität wetteten; Straddle-Kontrakte waren innerhalb von 7 Minuten ausverkauft. Arbitrum hat am 31. August ein Upgrade auf Nitro durchgeführt, wobei Offchain Labs (Entwickler von Arbitrum) eine Reihe von Verbesserungen anpreist; darunter einen 7- bis 10-fach höheren Durchsatz.
September-Einbruch betrifft Krypto stärker als Aktien
Der September ist historisch gesehen einer der schwächsten Monate des Jahres für die Aktienmärkte. Die Erklärungen für den sogenannten "September-Effekt" reichen von einem erhöhten Ausgabenbedarf nach den Sommerferien bis hin zu Steuerverkäufen und Portfolioumschichtungen vor dem Ende des Geschäftsjahres bei Investmentfonds. Der Einbruch im September erstreckt sich über alle Anlageklassen und scheint die Kryptomärkte noch stärker zu beeinflussen, da Bitcoin und Ether die meiste Zeit ihres Bestehens negative Renditen verzeichneten.
Obwohl die Bewertungen von Vermögenswerten in diesem Jahr bereits deutlich nach unten tendieren, bleiben sie unter Druck. Dies da die quantitative Straffung der Fed im September voll zum Tragen kommt. Sollte der Merge jedoch ohne Probleme verlaufen, könnte dies Krypto-Assets eine gewisse Unterstützung bieten. Es könnte ihnen ermöglichen, sich vom makroökonomischen Gegenwind abzukoppeln.
Marktanteil von BUSD am Stablecoin-Volumen erreicht Allzeithoch
Die Abschaffung der Handelsgebühren für alle BTC-Stablecoin-Paare durch Binance im Juli hatte massive Auswirkungen und führte zu einem erheblichen Anstieg des Marktanteils der Börse. Am 26. August folgte Binance mit der Abschaffung der Handelsgebühren für ETH, allerdings nur für das Paar ETH-BUSD. Der Marktanteil von BUSD stieg von 5% Ende 2020 auf über 20% im Oktober 2021, bevor er Mitte 2022 ins Stocken geriet und an Boden verlor.
Durch die Abschaffung der BTC-Handelsgebühren stieg der Marktanteil von BUSD vorübergehend an. Die Abschaffung der Handelsgebühren für ETH-BUSD scheint eine konzentrierte Anstrengung zu sein, um das Volumen von BUSD anzukurbeln, insbesondere im Vorfeld des Merge, als das ETH-Volumen hoch war und weiterhin hoch sein wird. Der Marktanteil von BUSD erreichte nach diesem Schritt ein Allzeithoch von fast 32%. Die nächsten Schritte für Binance und BUSD werden interessant sein: Werden sie versuchen, USDC den Spitzenplatz in DeFi streitig zu machen oder werden sie sich weiterhin auf die Dominanz von USDT als zentrale Börse konzentrieren? Angesichts des Erfolgs und des Wachstums von Binance könnte die Antwort beides sein.
ETH-Angebot vor dem Merge
Es wird erwartet, dass der bevorstehende Merge den Energiebedarf des Ethereum-Netzwerks reduziert, den Sicherheitsmechanismus ändert (von Proof-of-Work zu Proof-of-Stake) und die Ausgabe von ETH durch die Abschaffung von Mining-Belohnungen reduziert. Die Ausgabe von ETH wird nun von der Menge an ETH abhängen, welche auf der Konsensschicht (der Beacon-Chain) eingesetzt wird. Bei der derzeitigen Höhe der eingesetzten ETH - etwa 11% des Gesamtangebots - wird die Ausgabe voraussichtlich um fast 90% zurückgehen. Unter Berücksichtigung des Mechanismus der Gebührenverbrennung, welche im Rahmen der Londoner Hard Fork (EIP-1559) vor einem Jahr eingeführt wurde, erwarten Analysten, dass Ether in den ersten Jahren nach dem Merge zu einem deflationären Vermögenswert wird.
Insgesamt wurden seit dem letztjährigen EIP-1559-Upgrade mehr als 2 Millionen ETH verbrannt, während die Nettoemission in kurzen Perioden starker Marktvolatilität oder Netzwerkaktivität negativ wurde. Nach dem Abschluss des Upgrades in der zweiten Septemberhälfte dürften deflationäre Phasen häufiger werden, was den Marktwert von ETH stützen könnte.
ETH-Optionen nach dem Merge optimistischer
Die Besorgnis der Anleger im Vorfeld des Merge zeigt sich in den Optionsdaten, insbesondere wenn man die verschiedenen Verfallstermine vor und nach dem Merge betrachtet. Bei den Verfallsterminen vor dem Merge scheinen die Anleger in Erwartung einer möglichen Verzögerung oder eines Scheiterns weitaus ängstlicher zu sein. 42% des Optionsvolumens vor dem Merge sind Put-Optionen, mit denen ETH-Inhaber ihr Engagement vor dem Merge absichern. Dies war die bärischste Aufteilung des Optionsvolumens, die wir über alle Verfallstermine hinweg beobachtet haben. Nach dem Merge werden die Anleger jedoch deutlich optimistischer und spekulativer, wobei 73% des Optionsvolumens der September-Verfalltermine nach dem erwarteten Merge-Termin am 15. September auf Kaufoptionen entfallen. Die Verfalltermine nach dem September sind sogar noch bullischer für ETH, wobei Call-Optionen mit 86% des Optionsvolumens dominieren. Die Anleger sind offenbar optimistisch, was die langfristige Zukunft des Netzwerks mit einem Proof-of-Stake-Mechanismus angeht.
Inflation in der Eurozone steigt und schürt Wetten auf eine Zinserhöhung durch die EZB
Die Inflation in der Eurozone erreichte im August ein weiteres Rekordhoch. Sie stieg um 9.1% und übertraf damit zum ersten Mal seit 2015 die Inflation in den USA, was durch steigende Energie- und Lebensmittelkosten begünstigt wurde. Dies hat die Wetten auf eine grosse Zinserhöhung bei der Sitzung der Europäischen Zentralbank in dieser Woche angeheizt. Im Juli folgte die EZB der US-Notenbank bei der Anhebung der Zinssätze und beendete damit eine fast ein Jahrzehnt andauernde Phase negativer Zinssätze. Europa liegt jedoch mit seinen Zinserhöhungen weit hinter den USA zurück und die Zinsdifferenz zwischen der Fed und der EZB sowie die besseren Wachstumsaussichten in den USA waren in den letzten Monaten einer der Haupttreiber für den Dollar.
Der US-Dollar-Index (DXY), der die Performance des Greenback gegenüber einem Korb seiner wichtigsten Konkurrenten misst, stieg am frühen Montagmorgen kurzzeitig über die 110er-Marke und verzeichnete im Jahresvergleich einen Anstieg von über 12%. Trotz der Aussicht auf eine frühzeitige Straffung der EZB fiel der Euro unter 0.99 USD, nachdem Russland wichtige Gaslieferungen über die Nord-Stream-Pipeline unterbrochen hatte und damit die Energiekrise in Europa eskalierte. In den letzten zwei Jahren war die Korrelation zwischen Bitcoin und dem DXY überwiegend negativ und eine weitere Stärkung des DXY dürfte die Kryptomärkte und nicht renditetragende Vermögenswerte unter Druck setzen.
Korrelation zwischen BTC und chinesischen Aktien fällt von Rekordhochs
Die Korrelation zwischen Bitcoin und dem iShares China ETF (MCHI), dessen wichtigste Positionen Tencent und Alibaba sind, ist von ihrem zweithöchsten Stand in zehn Jahren zurückgegangen. Die 30-Tage-Korrelation zwischen den Vermögenswerten erreichte am 10. März und am 13. Juni ihren Höchststand, der jedoch weitgehend zufällig zu sein scheint. Die Annahme legt nahe, dass der Höchststand im Juni nach dem Zusammenbruch von Terra und der Verschärfung der COVID-19-Beschränkungen durch China erreicht wurde.
In den USA börsennotierte chinesische Aktien waren häufig in den Nachrichten, da es zwischen den beiden Ländern zu anhaltenden Meinungsverschiedenheiten kam. Meist nachdem die US-Börsenaufsichtsbehörde SEC im Dezember 2021 spezifische Vorschriften erlassen hatte. Sie ermöglichten es ihr, Unternehmen von der Liste zu streichen, die den Prüfungsanforderungen nicht genügen. Nachdem die SEC Alibaba am 29. Juli auf die Liste der von der Streichung bedrohten Unternehmen gesetzt hatte, erzielten die beiden Seiten am 26. August eine Einigung. Dies trotz der Verweisung vom SEC-Vorsitzenden Gary Gensler darauf, dass die Umsetzung noch lange nicht sicher sei.