Am 26. August hat die FINMA erstmalig zwei Blockchain-Finanzdienstleistern je eine Bank- und Effektenhändlerbewilligung erteilt. Was kann man sich darunter vorstellen? Ein Besuch bei der frisch mit Banklizenz ausgestatteten SEBA Bank, die im November 2019 offiziell startet.
Mit einer klassischen Bank nicht viel am Hut
Mitten im Crypto Valley, in einem der vielen neu entstandenen Geschäftshäuser ist die SEBA Bank zuhause. Bereits am Empfang merkt man, dass das Unternehmen mit einer traditionellen Bank wenig am Hut hat. Geschäftige Leute sitzen gleich hinter dem Empfangs-Desk im selben Raum. Man duzt sich, Krawatten sind keine zu sehen. Die Räumlichkeiten sind gut gefüllt, fast überfüllt. Ab November zieht man in das Zuger Stadthaus. Dort gibt es mehr Platz und für Interessierte die SEBAversity – eine Akademie mit öffentlich zugänglichem Raum, in dem Themen zu Krypto und der Blockchain-Technologie behandelt werden. Ein Tag der offenen Tür soll voraussichtlich im Januar 2020 stattfinden.
Einzigartige Umsetzung einer Schweizer Bank
SEBA ist für Schweizer Verhältnisse eine erstaunliche Geschichte. Innerhalb von nur 18 Monaten wurde aus einem Konzept, ein Unternehmen mit 70 Mitarbeitenden – inklusive Banklizenz. Bereits ab dem November können die ersten Kunden Geschäftsbeziehungen eröffnen. Die Idee ein Blockchain Finanzdienstleistungsunternehmen mit Banklizenz zu gründen hatte CEO Guido Bühler an Weihnachten 2017. In seiner beruflichen Karriere hatte er verschiedene Erfahrungen im Aufbau von Finanz-Infrastrukturen gesammelt. Bereits im Februar 2018 beschlossen sieben Gründungsmitglieder, die Idee, eine Bank mit integrierten Dienstleistungen zu digitalen Assets umzusetzen. Wichtig war es Guido Bühler und seinen Partnern den Königsweg zu gehen und direkt die «Mutter aller Lizenzen» zu beantragen. «Der Ansatz mit Bank- und Effektenhändler-Lizenz der FINMA ermöglicht es uns, unseren Kunden die höchst mögliche Sicherheit und damit Zuversicht in einem regulierten Umfeld zu bieten», erklärt Bühler.
Die Personen aus dem Gründungskreis stammen je zur Hälfte aus dem traditionellen Finanzbereich und dem Technologiebereich, ergänzt wird das Team mit einem Juristen. Die Finanzierung über 100 Mio. CHF konnte innerhalb kürzester Zeit nur mit Angel Investoren vollzogen werden. Der CEO betont, dass dies bis dato die grösste Finanzierung exklusiv über Angelinvestoren darstellt. Die Summe stellten lediglich 24 Investoren. Die Erteilung einer Banklizenz durch die FINMA nur 18 Monate später ist rekordverdächtig, zumal hinsichtlich der Komplexität, welche Krypto-Währungen mit sich bringen, einige Prozesse neu definiert werden mussten.
Was unterscheidet SEBA von anderen Banken und deren Dienstleistungen?
Im Gespräch mit CEO Guido Bühler wird schnell klar, dass man die leicht angestaubte Vorstellung von Banken hier nicht findet. SEBA sieht sich nicht als Bank, sondern als Technologie-Unternehmen mit Banklizenz. Das widerspiegelt sich auch in der Belegschaft. Mehr als die Hälfte der Angestellten haben einen Informatik-Hintergrund. Die «distributed ledger» Technologie DLT, mitwelcher Krypto-Währungen wie Bitcoin entstanden sind, eröffnet ganz neue Möglichkeiten – insbesondere im Bankengeschäft. Diese noch neue Technologie wird bei SEBA soweit möglich, in allen internen und externen Prozessen implementiert.
Universalbank mit Fokus auf Dienstleistungen mit digitalen Assets
Guido Bühler betont, dass SEBA die ganze Dienstleistungs-Palette einer global ausgerichteten Universalbank für institutionelle und private professionelle Investoren anbieten wird. Darüber hinaus hat sie ein neues, innovatives Dienstleistungsangebot entwickelt, welches den Graben zwischen der neuen digitalen Wirtschaft und dem traditionellen Bankengeschäft zu schliessen vermag. Konventionelle Bankdienstleistungen werden um das Universum digitaler Assets erweitert und nahtlos integriert. So werden beispielsweise im Vermögensauszug digitale Währungen neben Aktien und traditionellen Währungen ausgewiesen. Das Asset & Wealth Management beinhaltet auch Dienstleistungen rund um die neue Asset-Klasse digitaler Währungen. Neben Nestlé Aktien kann der Kunde somit auch gleich noch ein paar Krypto-Währungen ordern. Auch werden digitale Assets als Sicherheit bei der Kreditvergabe angerechnet.
Die angestrebte Kundenbasis soll professionelle Privatpersonen und Unternehmen, sowie institutionelle Kunden umfassen. Zusätzlich sollen Schweizer Blockchain-Unternehmen der SEBA die Kontoführung und Verwahrung von Fiat- als auch digitalen Vermögenswerten übergeben können.
Dienstleistungen im Bereich digitale Assets
Digitale Assets werden also nahtlos in das traditionelle Bankengeschäft eingebunden. Was ist damit gemeint, respektive welche Dienstleistungen kommen in diesem Bereich ergänzend zum traditionellen Bankgeschäft hinzu?
Transaction Banking
Die vielfältigen Chancen der Digitalisierung und Tokenisierung im Zahlungsverkehr stehen im Zentrum des Transaction Banking bei SEBA. Mit der SEBA Card, aber auch im Mobilen- und E-Banking, werden Krypto-Währungen mit normalen FIAT-Währungen verschmolzen. Es kann also beispielsweise in CHF bezahlt werden, während die Transaktion dem Krypto-Währungs-Konto belastet wird. Die SEBA Card Gebühren sind gleichbleibend fixiert und günstiger als bei etablierten Banken.
Aufbewahrung von Krypto-Assets
Die Aufbewahrung und der Zugriff auf Krypto-Währungen stellt immer noch eine der grössten Herausforderungen dar. Digitale Assets in Form von Krypto-Währungen erfordern komplexe Abläufe um sie sicher verwahren und transferieren zu können. Ein Transfer an eine falsche Wallet-Adresse ist final in der Blockchain-Technologie. Es gibt keine Möglichkeit, die Gegenpartei anzurufen und den Fehler zu korrigieren, wie dies bei den traditionellen Vergütungs- und Regulations-Prozessen der Fall ist. Auch die sichere Aufbewahrung und der Zugriff sind elementar.
Vor allem institutionelle Anleger sind in diesem Bereich auf regulierte Anbieter, mit klar definierten Prozessen angewiesen. Auch private Besitzer von Krypto-Währungen greifen gerne auf professionelle Anbieter von Verwahrungslösungen zurück. Prinzipiell wird zwischen Hot- und Cold-Storage unterschieden, wobei letztere Variante getrennt vom Internet stattfindet. Man kann sich das so vorstellen, dass je weiter die privaten Schlüssel die den Zugriff auf Krypto-Währungen garantieren vom Internet entfernt aufbewahrt werden, desto sicherer ist deren Verwahrung. Das birgt den Umstand in sich, dass Geräte in denen die Schlüssel aufbewahrt werden, physisch vom Internet getrennt sind. Somit ist der Zugang zu diesen Geräten nur durch Personen möglich, welche physisch vor Ort sind. Dieser Prozess erfordert also neben technischen Aspekten auch Aspekte der Zugangspolitik. Die hauseigenen Lösungen von SEBA umfassen verschiedene Sicherheitsstufen und ein Verwahrungs-System, auf das der Kunde via E-Banking zugreifen kann. Die höchste Sicherheitsstufe ist so ausgeklügelt, dass aus «Deep Cold» ein Transfer zu einem «Hot Wallet» bis zu 48 Stunden in Anspruch nimmt.
Handel und Liquiditätsmanagement
Finanzdienstleister platzieren heute typischerweise die Trading Orders ihrer Kunden an den Börsen und informieren sie, wenn ein Abschluss stattgefunden hat. Für den Wechsel von Fiat- und Krypto-Währungen müssen Kunden Geld von ihrem Bankkonto auf eine Börse überweisen und warten, bis die Transaktion vollzogen ist. Erst im Anschluss können sie handeln und müssen nach dem Erwerb ihrer Währungen zudem noch prüfen, wo und wie sie diese verwahren können. SEBA bietet die gesamte Wertschöpfungspalette und fungiert als zentrale Schnittstelle.
Asset & Wealthmanagement
Kunden navigieren durch SEBA’s digitale Dienstleistungspalette wie bei traditionellen Banken durch "E-Banking". Nichtsdestotrotz steht hinter SEBA ein reales Beratungsteam aus Finanz- und Technologie-Experten. Das Research-Team führt Interessierte in die Welt der Digitalen Assets ein und informiert Marktkenner über die neusten Trends. Im Asset Management arbeiten Experten, gestützt auf Research, an Investmentlösungen. Auch hier wird die konventionelle mit der digitalen Asset-Welt verbunden. Kunden sollen bald Zugang zu bankfähigen Zertifikate, Token-Produkte und diskretionäre Mandate erhalten.
Tokenisierung
Viele der traditionellen Assets sind illiquide und ihre Übertragung beinhaltet langwierige, papierbasierte Verwaltungsprozesse mit häufig undurchsichtigen und hohen Gebührenstrukturen. Die Tokenisierung von Vermögenswerten wandelt Rechte an einem Vermögenswert in eine digitale ‚Wertmarke‘ um, einen sogenannten Token. Dazu wird die Blockchain Technologie eingesetzt. Diese bietet im Vergleich zur herkömmlichen Vorgehensweise wichtige Vorteile wie grössere Transparenz, höhere Sicherheit und zukünftig auch tiefere Kosten. SEBA wird tokenbasierte digitale Assets für unterschiedliche Bereiche herausgeben und vertreiben, damit Kunden zukünftig schneller und einfacher handeln können als über herkömmliche Wege: strukturierte Produkte, Tokenisierung von Vermögenswerten und Unternehmensfinanzierung.
Schlusswort
Eine Bank, welche das traditionelle und das neue Geschäft im Umgang mit Krypto-Währungen und digitalen Vermögenswerten vereint, ermöglicht vieles. Angefangen vom Liquiditätsmanagement bis zum Reporting. Sie stellt optimalerweise eine Kombination aus technologischem Fortschritt mit den Elementen des traditionellen Bankgeschäfts dar. Die Zusammenführung der alten mit der neuen Welt, werden von Unternehmen wie der SEBA Bank eindrücklich vorgeführt. Technologisches Wissen sowie Wissen rund um das Finanzwesen waren nötig, diesen Schritt zur Krypto-fähigen Bank zu vollziehen.
Auch die Offenheit gegenüber der neuen Technologie seitens der Aufsichtsbehörden am Beispiel der FINMA darf nicht unterschätzt werden. Das stellt ein wichtiger Grundstein für das weitere Wachstum des Ökosystems dar. Mit der Vereinfachung des Umgangs mit den neuen Vermögenswerten in Form von Krypto-Währungen, ist der Weg für eine breite Adoption geebnet. Beispiele von Unternehmen im Crypto Valley welche diese Voraussetzungen schaffen, gibt es zahlreiche. Die SEBA ist ein wichtiger Teil davon.