Mit der Institutionalisierung von Bitcoin und digitalen Assets ändert sich auch langsam das Narrativ der Regulatoren. Einst als Währung für Nerds und Kriminelle verstossen, nutzen nun Banken und Institutionen die dezentrale Innovation. Durch die Anerkennung der Assets schwindet die Chance eines vollständigen Verbots.
Unter Investoren bleiben jedoch Sorgen bestehen. Die Regulation der neuen Assetklasse hat noch keinen Konsens gefunden. Während schon einige Nationen den Handel und Besitz von Kryptowährungen besteuern und die neue Industrie fördern, verbieten andere deren Nutzung. China kriminalisiert neben dem Mining nun auch jegliche Transaktionen über Blockchains.
Ein Dorn im Auge
Bitcoin als Währung ist freies, dezentrales und neutrales Geld, mit einer festgeschriebenen Geldschöpfung. In einem hypothetischen Bitcoin-Standard verlieren Regierungen und Zentralbanken also ihre monetäre Macht und die monetäre Kontrolle über ihre Bevölkerung. Es ist darum nicht verwunderlich, dass sich einige Regierungen vehement dagegen wehren.
Doch Verbote bewirken oft das Gegenteil, wie schon die frühen Zeiten des Internets gezeigt haben. Staaten und Regierungen mussten sich unterordnen, da die Auswirkungen der revolutionären Technologie zu weitreichend waren, um noch gestoppt zu werden. Dies zeigte sich in jüngster Vergangenheit am Messenger-Dienst Telegram. Als dieser in Russland verboten wurde, bescherte das dem Dienst einen immensen Benutzergewinn. Das Blockieren von 18 Millionen IP-Adressen legte einen grossen Teil des Internets in Russland lahm, doch Telegram funktionierte weiter. Nach der Blamage hob Russland das Verbot wieder auf.
Unabhängiges Protokoll
Das Bitcoin-Netzwerk basiert, wie das Internet, auf einem unabhängigen Open-Source Protokoll. Jeder Mensch hat die Möglichkeit das Netzwerk zu nutzen oder gar daran zu partizipieren. Es wird oft als "Geld des Internets" bezeichnet und ermöglicht, wie wir gerade in Entwicklungsländern sehen, die Inklusion der Bevölkerung an einem globalen Zahlungssystem.
Das dezentrale Netzwerk hat die Möglichkeit geschaffen, zensurresistentes Geld für jeden zugänglich zu machen und dabei keine zentrale Angriffsfläche zu bieten. Bei Bitcoin kann niemand zur Verantwortung gezogen werden, Transaktionen sind endgültig und die Besitzer selbstbestimmt in ihrem Umgang. Das Netzwerk selbst ist anpassungsfähig und kann sich neuen Begebenheiten anpassen.
Verlangsamte Adoption
Ein lokales, nationales Verbot würde die Adoption im Land verlangsamen, diverse Banken in Erklärungsnot bringen und die Bürger kriminalisieren. Menschen verlieren den einfachen Zugang und müssten komplizierte Wege finden, um das Netzwerk zu nutzen. Der Umtausch nationaler Währung in Bitcoin müsste im Ausland oder im privaten Umfeld erfolgen, und es würde schwierig jemanden zu finden, der Interesse daran haben könnte, in diese Währung zu wechseln.
Eine Mehrheit der Menschen würde sich dieser Strapazen und Risiken nicht aussetzen wollen. Die Angst sich strafbar zu machen wird einen grossen Teil davon abhalten, zu partizipieren. Ein Verbot für den Besitz und die Nutzung würde massive Folgen nach sich ziehen und einen Rückgang der Adoption bedeuten. In einem demokratischen Land wird dieser Ausschluss der Bürger zu weiteren Problemen führen. Die Verhinderung der Selbstbestimmung untergräbt das Vertrauen in eine faire Regierung.
Der Streisand-Effekt
Das Verbieten einer freien Technologie und Zensur von Netzwerken schreibt die Gesellschaft eher totalitären Staaten zu. Betroffene Bürger werden bestimmt hinterfragen, warum die Regierung ihnen den Zugang verwehrt. Dabei werden die Menschen rasch das aktuelle Geldsystem hinterfragen, bei welchem Geld aus dem Nichts geschaffen wird. Dann sind wohl rasch Zentralbanken und korrupte Politiker als Verhinderer ausgemacht. Ein Fundament für eine Revolution.
"Es ist gut, dass die Menschen in der Nation unser Bank- und Geldsystem nicht verstehen, denn wenn sie es täten, würde es meiner Meinung nach noch vor morgen früh eine Revolution geben." - Henry Ford
In Venezuela und im Libanon unterliegt die nationale Währung schon seit jahren einer starken Hyperinflation. Da werden seit Jahren steigende Summen über LocalBitcoins gehandelt. Wenn die Menschen nichts mehr zu verlieren haben, was die Geldentwertung betrifft, suchen sie nach Auswegen. Das liegt in der Natur des Menschen.
Förderung der Innovation
Durch Bitcoin wurde die Distributed Ledger Technologie vorangetrieben, auf welche heute diverse Unternehmen, Banken und Regierungen setzen. Unter anderem werden COVID-Zertifikate, Gesundheitsdaten oder Aktienanteile darin gespeichert. Durch ein Verbot der Grundlage sind nicht nur dessen Abkömmlinge gefährdet, sondern auch grosse Teile der Wirtschaft. Die Verantwortung sich der Entwicklung einer Technologie zu verwehren, kann sich kein Land erlauben. Ein sogenannter Brain-Drain wären die Folgen, wenn sich die innovativen Unternehmen und Programmierer im Ausland nach besseren Bedingungen umsehen.
Die Transparenz des Netzwerks ist ein gutes Argumentarium für wohlwollende Staaten. Die pseudonymen Transaktionen sind für jedermann einsehbar und auf ewig gespeichert. Staaten haben die Möglichkeit die Blockchain zu analysieren und Zahlungen zu verfolgen, was bei Bargeld nicht so einfach möglich ist.
Steuereinnahmen
Mit der Legitimierung als digitales Asset könnten Staaten mehrfach profitieren. Neben Steuereinahmen eines Vermögenswerts schaffen die richtigen Rahmenbedingungen einen Nährboden für innovative Unternehmen und Dienstleister. Selbst ein Teil der Banken wird sich behaupten können und mit ihren Kunden neue Wege finden. Bürger erhalten, wenn gewünscht, eine gewisse Eigenverantwortung zurück.
Der erste Ansatz der USA, Kryptowerte bundesweit und gesetzlich verankert zu regulieren, findet sich im 2’700 Seiten umfassenden Infrastrukturgesetz. Der Monstervorschlag stiess zuweilen auf Kritik, da im Feingedruckten der Umgang mit Geld im generellen zu Lasten der Privatsphäre stärker reguliert werden soll. Die „Digital Asset Bill“ beinhaltet Nachträge, die aber auch einen bedeutenden Eingriff in die Kryptobranche darstellen würden.
Die Branche wünscht sich eine einheitliche Regulierung und hat die Behörden weitestgehend unterstützt. Jedoch sind sich die unterschiedlichen Bundesbehörden nicht einig, wer was und wie beaufsichtigen soll und besteuern darf.