Die am 7. Mai abgehaltene Veranstaltung «Bitcoin Halving – View from the Crypto Valley» unseres Partners CVLabs wurde in der Form eines Webinars abgehalten. Experten aus dem Valley beantworteten dabei die drängensten Fragen rund um das prägende Ereignis.
Die Vortragenden boten einen interessanten Beitrag sowie informative Ausführungen über das aktuelle Bitcoin Halving. Alexandre Juncker, Blockchain-Experte bei Alpiq führte die Diskussion. Eingeleitet wurde das Webinar durch Prof. Dr. Fabian Schär, Professor an der Universität Basel.
Wenn es um das Bitcoin Halving geht, scheinen auf «Crypto Twitter» einige Falschinformationen zu kursieren. Benutzer denken dabei beispielsweise, dass sich Ihre Bitcoins beim Halving halbieren würden. Somit erklärt F. Schär was genau das Bitcoin Halving ist.
Die Halbierung der Bitcoin Block Belohnung
Als der Bitcoin 2009 erschaffen wurde, lag die Belohnung für das «Mining» bei 50 Bitcoins (BTC) pro Block. Im November 2012 waren es 25 und im Juli 2016 dementsprechend noch 12,5 BTC. Nun halbiert sich diese Belohnung ein weiteres Mal auf neu 6.25 BTC pro erschaffenem Block. Diese Belohnung in Form von neu geschaffenen Bitcoins halbiert sich somit rund alle 4 Jahre. Auf untenstehender Grafik ist die Gesamtmenge zirkulierender Bitcoins ersichtlich, welche nach jedem Halving abflacht.
Dieses Ereignis betrifft also vor allem die Bitcoin-Miner, da ihr Input (Elektrizitätskosten) gleich bleibt, der Output (Belohnung) aber sinkt. Schär deutet zudem auf die Relevanz der «Jährliche Wachstumsrate» hin, welche nach dem Halving unter 1 % fällt, was verglichen mit anderen Assets/Währungen sehr niedrig sei. Obwohl es wirtschaftlich gesehen keinen Grund gibt, dass der Preis von Bitcoin aufgrund des Halving’s steigen sollte, scheinen das viele Krypto-Anhänger zu vermuten. Diese Vermutung macht laut Prof. Schär weniger Sinn. Theoretisch gesehen müsste das Halving schon eingepreist sein, da im offenen Markt alle die gleichen Informationen haben. In der Praxis schlägt allerdings die Spieltheorie zu Buche. Dazu eine theoretische Darstellung:
Wenn man ein Objekt erwerben will, von welchem bekannt ist, dass es am Tag (t) seltener sein wird, wieso würde man es nicht am Tag (t-1) kaufen? Falls aber jeder am Tag (t-1) kauft, sollte der Kauf bei (t-2) stattfinden, um den anderen Käufern zuvorzukommen. Falls jedoch alle bei (t-2) kaufen, müsste man bei (t-3) einsteigen. Und so weiter.
Dieses spieltheoretische Lösungskonzept nennt sich Rückwärtsinduktion und führt vermutlich dazu, dass der Bitcoin Preis vor dem Halving jeweils rasant ansteigt. Hinzu kommen folgende potenzielle Faktoren: Die Ungewissheit über die Zukunft von Bitcoin ist geringer als zuvor und die Medienberichterstattung hat zuletzt stark zugenommen.
Zum Schluss der Einführung widmete F. Schär sich der Mining Effizienz und leitete die Diskussion mit einer weiteren theoretischen Überlegung ein. Wenn man morgen effizienter sein kann, warum würde man nicht schon heute damit anfangen? Damit spricht er die Thematik der ASIC-Miner an, welche in diesen Tagen viel effizienter minen, als deren Vorgänger und somit die alte Hardware überflüssig machen.
Welche kurz- und mittelfristigen Auswirkungen sind auf das Mining zu erwarten?
Yves Longchamp, Leiter Forschung bei der SEBA Bank AG, erwähnt als Beispiel den S17 Miner von Bitmain, welcher spätestens nach dem Halving die älteren Generationen - wie den S9 Miner - ablösen wird. Lediglich Miner in Regionen wo Strom sehr günstig ist, haben die Möglichkeit, die alten ASICs weiter profitabel laufen zu lassen. Somit wird ein grosser Teil der ineffizienten Mining-Geräte aus dem Business ausgesondert werden. Dr. Raffael Huber, Analyst bei Bitcoin Suisse AG, spricht in diesem Zusammenhang auch über die sogenannte geografische Umverteilung der Miner in Regionen, wo der Strom günstiger als 2.5 Rappen pro KwH ist. Dr. Lewin Boehnke, Forschungsleiter bei Crypto Finance AG & CTO bei Crypto Storage AG ist der Meinung, dass man das kommende Halving, nicht mit den vorherigen vergleichen kann. Die Branche habe sich stark verändert. So existierten früher noch zahlreiche Hobby-Miner. Heute sei diese Szene absolut professionell mit riesigen Mining-Farmen oder Mining-Pools unterwegs. Es geht nur noch um den Break-even-Point der Miner. Boehnke geht deshalb nicht von einem Einbruch der Bitcoin-Netzwerkleistung (Hashrate) aus.
Dr. Gorazd Ocvirk, Senior Vice President, Leiter der Fintech- und DLT-Dienstleistungen bei der Sygnum Bank, lenkt den Fokus auf die Betrachtungsweise der Mining-Investoren. Diese haben Langzeit-Verträge mit Elektrizitätsanbietern sowie den Hardwareherstellern und können, falls es kurzfristig zur Unprofitabilität käme, nicht von einem Tag auf den anderen ihre Tätigkeit einstellen.
Stellt der Rentabilitätsschock eine Bedrohung für das Sicherheitsniveau des Netzwerks dar?
Dr. sc. ETH Christian Decker, Core Tech Engineer bei Blockstream, der am Lightning-Netzwerk arbeitet und an Skalierbarkeitslösungen forscht, ist der Überzeugung, dass falls die Hashrate sinken würde, sich die Dauer zwischen den gefundenen Blöcken erhöhen wird. Dies liegt daran, dass die Difficulty-Anpassung lediglich alle 2 Wochen (2016 Blöcke) geschieht. Die Chance, dass Hacker einen 51%-Angriff durchführen könnten, ist somit ein wenig höher. Jedoch wird dies trotzdem schwierig sein, da hierzu immer noch eine enorme Menge an Hashpower benötigt würde. Decker fügt hinzu, dass ein funktionierender Bitcoin zu wirtschaftlich sei, um gehackt zu werden. Aufgrund der effizienten Miner und dem aktuellen Bitcoin Preis sei kein Verkaufsdruck seitens der Miner spürbar. Das sei vor zwei Monaten anders gewesen, als der Bitcoin Preis bis auf unter 4'000 Dollar fiel. Bei diesem Preisniveau konnten die meisten Miner zwar ihre Stromkosten decken, jedoch keinen Gewinn erzielen.
Arnaud Salomon, CEO Mt. Pelerin knüpfte sich mit dem Stock-to-flow Model an diese Thematik an. Vor 10 Jahren lag die Macht noch bei den Minern, da der Stock gering war, jedoch ein grosser Flow im Markt stattfand. Diese Macht verschiebt sich heute weg von den Minern. Sie könnten zwar den Verkauf von neu erzeugten Bitcoins stoppen – falls sie über die nötige Liquidität verfügen – und somit kurzfristig den Preis nach oben drücken. Weil aber heute genug Bitcoins im Umlauf sind (über 18.3 von total 21 Mio Stück), hat dies geringere Auswirkungen zur Folge als noch vor einigen Jahren.
Ist die historische Zeit für Bitcoin gekommen, sich seinen Platz unter der Sonne zu verdienen?
Zum Schluss wurde diskutiert, wie sich die Zukunft von Bitcoin nach dem dritten Halving gestalten könnte. Um eines vorne wegzunehmen, die Wirtschaft um die bestehenden FIAT-Währungen ist nicht vergleichbar mit derjenigen von Bitcoin. Wir dürften nicht vergessen, warum es Zentralbanken gibt. Diese wurden in den 20er Jahren gegründet, als Geld nicht flexibel genug war. Dies führte zur positiven Volatilität und Elastizität. Das Eingreifen der Notenbanken in die Wirtschaft kann aber auch zu Problemen führen, wie wir es in den letzten Finanzkrisen gesehen haben. Bitcoin scheint aber nicht als direkte Konkurrenz der Zentralbanken wahrgenommen zu werden. Vielmehr könnte die Kryptowährung, ähnlich wie Gold, diese anspornen disziplinierter an Lösungen zu arbeiten.
Das Halving lenkt die Aufmerksamkeit auf die Tauglichkeit heutiger FIAT Währungen bezüglich Werterhaltung. Es wird festgestellt, dass ein erhöhtes Interesse an Gold oder Bitcoin als Portfolio-Diversifikation und Inflationsschutz vorhanden ist.
Viele Aspekte bezüglich der Zukunft von Bitcoin sind gemäss der Diskussionsrunde weiterhin ungewiss. Eines ist jedoch klar, der Preis von Bitcoin dürfte noch eine Weile volatil bleiben. Dies liegt unter anderem daran, dass 150 Milliarden Dollar an Marktkapitalisierung noch sehr wenig gegenüber etablierten Assetklassen darstellen. Für eine massenhafte Adaption muss das Netzwerk zudem eine erhöhte Skalierbarkeit aufweisen. Das könnte in Zukunft durch sogenannte Layer-2 (Offchain) -Lösungen wie dem "Lightning Network" geschehen.
Sollten noch Fragen zum Halving bestehen, empfehlen wir unsere Zusammenfassung der wichtigsten Informationen.
Das ganze Webinar ist hier ersichtlich: