Ein zusammenfassender wöchentlicher Rückblick auf die Geschehnisse an den Kryptomärkten mit Fokus auf Trendsektoren, Liquidität, Volatilität, Spreads und mehr in Zusammenarbeit mit Marktdatenanbieter Kaiko.
Die letzten 7 Tage auf den Krypto-Märkten:
- Preisbewegungen: ETH/BTC-Verhältnis erreicht niedrigsten Stand seit fast einem Jahr.
- Orderbuchliquidität: Coinbase-Anteil am BTC-Volumen erreicht Rekordtief.
- Derivate: Anleger stocken CEL-Short-Positionen auf, da sie einen Zusammenbruch von Celsius befürchten.
- Makro-Trends: US-Bitcoin-Futures-ETFs verzeichnen grössere Abflüsse als ihre kanadischen Pendants auf Spot-Basis.
Ein Meer von Rot
Während die gesamte Branche in Austin, Texas, zu einer der grössten Krypto-Konferenzen aller Zeiten zusammenkam, erreichten die Märkte weiterhin neue Tiefststände in diesem Investitionszyklus, wobei Bitcoin (BTC) und Ethereum (ETH) am Sonntagabend mit einem Minus von mehr als 20% bzw. 30% schlossen. Auch die US-Aktien verzeichneten nach den Inflationsdaten vom vergangenen Freitag den schlimmsten Wochenrückgang seit Oktober 2020. Die Kryptomärkte sehen sich nun mit einer weiteren fetten Negativschlagzeile konfrontiert, nämlich die potenzielle Insolvenz von Celsius, welche das Vertrauen in die Branche noch weiter erschüttern könnte.
Ausserdem hat das Ethereum-Netzwerk erfolgreich den Übergang des Ropsten Testnetzes auf Proof of Stake (PoS) abgeschlossen und damit den "Merge" einen Schritt näher an die Realität gebracht. An der Regulierungsfront hat die SEC mit der Untersuchung des Terra-Zusammenbruchs begonnen, während die EZB in der vergangenen Woche mit ihrer Absicht, die Zinssätze nicht nur im Juli, sondern möglicherweise auch im September anzuheben, restriktiver als erwartet auftrat.
ETH/BTC-Verhältnis erreicht niedrigsten Stand seit einem Jahr
Das ETH/BTC-Verhältnis ist auf den niedrigsten Stand seit dem Crash im Mai 2021 gefallen. Diesmal haben jedoch sowohl BTC als auch ETH angesichts der rückläufigen makroökonomischen Aussichten zu kämpfen. ETH hat insbesondere mit Gegenwind in Form von rückläufigen DeFi- und NFT-Aktivitäten im Netzwerk zu kämpfen und hat sich infolgedessen deutlich schlechter entwickelt als BTC. Auch die Besorgnis über die Lido Staked ETH (stETH), die derzeit mit einem Abschlag von etwa 0.94 gegenüber ETH gehandelt werden, hat zugenommen. Obwohl stETH nicht 1:1 an ETH gekoppelt sein muss, da es nach Abschluss des Ethereum-Merge vollständig einlösbar ist, ist ein anhaltender Abschlag für Unternehmen wie Celsius, welche die Liquidität sofort benötigen, ein Problem.
Coinbase BTC-USD Marktanteil fällt auf Rekordtief
Wir haben beobachtet, dass der Anteil von Coinbase am Spot-Volumen sogar noch weiter gesunken ist, seit wir zuerst über den Trend berichtet haben. Der Marktanteil von Coinbase am BTC-USD-Volumen ist in dieser Woche auf 27% gesunken und damit auf den niedrigsten Stand, den wir bisher verzeichnet haben. Dieser dramatische Rückgang folgt auf das Rekordhoch des Marktanteils von Coinbase im Dezember letzten Jahres, als die Börse fast 50% des Gesamtvolumens ausmachte.
Binance dominiert die Tether-Märkte
Während Coinbase in der Vergangenheit das USD-Volumen dominiert hat, hat sich Binance in den letzten drei Jahren zum Marktführer auf den BTC-USDT-Märkten entwickelt. Ihr Marktanteil ist von rund 20% auf stetig über 73% gestiegen und zeigt dabei eine bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit sowohl gegenüber den Zyklen des Kryptomarktes als auch gegenüber den regulatorischen Debakeln der Börse in zahlreichen Ländern. Die obige Grafik zeigt, dass Binance seit Ende 2020 an Zugkraft gewinnt und von der schwächelnden Konkurrenz und steigenden Kryptopreisen profitiert.
Im Gegensatz dazu ist der Marktanteil von Okex seit 2019 von 70% auf derzeit nur noch 8% gesunken. Der Rückgang war zwischen Oktober und November 2020 besonders stark, als die Börse gezwungen war, alle Kryptoabhebungen für fünf Wochen auszusetzen, während Bitcoin im vollen Preisfindungsmodus war und um 80% zulegte. Dies führte dazu, dass viele Nutzer (einschliesslich chinesischer Miner) die Börse für immer verliessen. Obwohl Okex eine Mischung aus Entschädigungs- und Belohnungsprogrammen einführte, um ihre Nutzerbasis zu halten, konnte sich ihr Marktanteil nur schwer erholen. Der Marktanteil von Huobi schwankte in den letzten drei Jahren und stieg 2020 leicht an, bevor er 2022 den grössten Teil seiner Gewinne einbüsste, als das Krypto-Handelsvolumen einbrach.
Anleger stürzen sich angesichts der Insolvenzängste in CEL-Short-Positionen
Die Panik vor der Insolvenz von Celsius war an diesem Wochenende auf dem Futures-Markt deutlich zu spüren: Das Open Interest an CEL-Futures stieg von etwa 1.5 Millionen vor einer Woche auf über 35 Millionen am Wochenende. Die Finanzierungsrate gibt Aufschluss über die Richtung dieser Wetten auf die Zukunft von Celsius, die wenig überraschend stark auf der Short-Seite lagen. Wir konnten beobachten, dass sich die Finanzierungsrate von einem annähernd neutralen Zustand, in dem sie sich seit einiger Zeit befindet, zu einem stark negativen Zustand entwickelt hat, während die Anleger eine immer höhere Prämie für Short-Wetten auf CEL auf FTX zahlten.
ETH-denominiertes Open Interest nimmt trotz Liquidationen weiter zu
Trotz einer Welle von Liquidationen bei fallenden Preisen stieg das Open Interest an ETH-Futures über das Wochenende an - ein Zeichen dafür, dass Händler weiterhin auf die nächste Marktentwicklung setzen. Die Finanzierungsraten drehten ins Negative, was darauf hindeutet, dass die Händler eine rückläufige Tendenz haben. Auch die Handelsvolumina sind in den letzten Tagen stark angestiegen: Am 12. Juni wurden mehr als 30 Milliarden USD gehandelt, während es am 10. Juni nur 10 Milliarden USD waren. Die BTC-Finanzierungsraten sind nach wie vor nahezu neutral, was darauf hindeutet, dass die ETH-Märkte die Hauptlast des Marktausverkaufs tragen und die künftige Volatilität in den nächsten Tagen bestimmen könnten.
EZB erhöht zum ersten Mal seit einem Jahrzehnt die Zinsen
In der vergangenen Woche änderte die Europäische Zentralbank zum ersten Mal seit über einem Jahrzehnt ihren Ansatz bei der Handhabung der Zinssätze. Die EZB hat die Zinsen zuletzt 2011 angehoben, aber nun kündigte sie ihre Absicht an, die Leitzinsen im Juli um 25 Basispunkte zu erhöhen und deutete eine grössere Anhebung auf ihrer Sitzung im September an, falls sie dies für angemessen hält. Die Ankündigung erfolgte, nachdem die Inflation in der Eurozone im Mai mit 8.1% ein Rekordhoch erreicht hatte, welches durch den anhaltenden Krieg in der Ukraine noch verschärft wurde. Das obige Schaubild zeigt die Beziehung zwischen dem Einlagensatz der EZB, der interessanterweise immer noch bei negativen 0.5% liegt, sowie der Inflation in der Eurozone. Man kann darin deutlich erkennen, wie sich die extrem niedrigen Zinssätze in letzter Zeit auf die Inflation in der Eurozone ausgewirkt haben.