In einem Positionspapier warnt die Swiss Blockchain Federation, eine Multi-Stakeholder-Aktionsgruppe, vor der geplanten Umsetzung des Basler Standards zur aufsichtsrechtlichen Behandlung von Krypto-Vermögenswerten in der Schweiz. Der Schritt käme einem fundamentalen Strategiewechsel gleich.
Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (Basel Committee on Banking Supervision, BCBS) ist eine internationale Regulierungsorganisation, die 1974 zur Stärkung der Stabilität des globalen Bankensystems durch die Festlegung von Standards und Richtlinien gegründet wurde. Der Ausschuss ist vor allem für seine Basler Vereinbarungen bekannt, die eine Reihe von internationalen Bankvorschriften zur Eigenkapitalausstattung, zu Stresstests und zum Marktliquiditätsrisiko enthalten.
Die Schweiz gehört zu den Gründungsmitgliedern des Basler Ausschusses und hat sich auf die Fahne geschrieben, dessen Standards möglichst lückenlos zu übernehmen. Im Jahr 2022 veröffentlichte der BCBS schliesslich einen neuen Standard zur aufsichtsrechtlichen Behandlung von Krypto-basierten Vermögenswerten, die von Banken gehalten werden. Dieser soll in der Schweiz mittels Teilrevision der Eigenmittelverordnung umgesetzt werden. Die Swiss Blockchain Federation (SBF) schlägt Alarm.
Unverhältnismässige Eigenmittelanforderungen
Der Ende 2022 verabschiedete Basler Krypto-Standard legt die Eigenmittelanforderungen fest, die Banken zur Abdeckung von Markt-, Gegenpartei- und Kreditrisiken im Zusammenhang mit Krypto-Vermögenswerten erfüllen müssen. Kernelemente sind ein Risikogewicht von 1’250% für Krypto-Vermögenswerte sowie eine absolute Obergrenze für Krypto-Risiken von 1% (aber keinesfalls mehr als 2%) des harten Kernkapitals einer Bank. Aus dem Risikogewicht von 1’250% – dem höchsten überhaupt, das die Basler Eigenmittelvorschriften kennen – errechnen sich unter Berücksichtigung der Eigenmittelpuffer Eigenmittelanforderungen von 130 bis 200% des Buchwerts der zu unterlegenden Krypto-Vermögenswerte.
Demgegenüber verlangt die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht mit einem Risikogewicht von 800% heute Eigenmittel in der Höhe des maximalen Verlustrisikos. Auch die Obergrenze von 4% des Gesamtkapitals, die nach der Praxis der Finanzmarktaufsicht gilt, ist deutlich weniger streng. Die regulatorische Arbeitsgruppe der Swiss Blockchain Federation habe den Basler Krypto-Standard intensiv analysiert. Die darin vorgesehenen Eigenmittelanforderungen stehen in keinem Verhältnis zu den realen Risiken, die für Banken mit dem Halten von Krypto- Vermögenswerten verbunden sind, so eine Pressemitteilung. Die Swiss Blockchain Federation kritisiert konkret:
- Keine technologieneutrale Regulierung: Die prohibitiven Eigenmittelanforderungen des Basler Krypto-Standards würden die Nutzung einer bestimmten Technologie bestrafen und seien deshalb mit dem Grundsatz der technologieneutralen Regulierung (same business, same risks, same rules) nicht vereinbar.
- Indifferenziert: Der Basler Krypto-Standard schere Krypto-Vermögenswerte mit ganz unterschiedlichen Risikoprofilen (Kryptowährungen, Stablecoins, tokenisierte Finanzaktiven etc.) über einen Kamm. Das verstösse gegen das Rechtsgleichheitsgebot.
- Unverhältnismässig: Eigenmittelanforderungen von bis zu 200% des maximalen Verlustrisikos seien unverhältnismässig und durch die gesetzlichen Grundlagen nicht gedeckt. Nach diesen sind die Eigenmittelanforderungen "nach Massgabe der Geschäftstätigkeit und der Risiken" festzulegen.
- Unvereinbar mit Schweizer Blockchain-Strategie: In der Schweiz sind derzeit rund 30 Banken im Krypto-Geschäft tätig, darunter auch zwei spezialisierte Krypto-Banken. Die Vorschläge des Basler Ausschusses laufen auf den Bau einer Brandmauer zwischen Bankensystem und Krypto-Industrie hinaus und sind mit der bisher von der Schweiz verfolgten Blockchain-Strategie nicht vereinbar.
Der Basler Krypto-Standard stehe im Widerspruch zur Haltung des Parlaments, das 2021 das DLT-Gesetz einstimmig gutgeheissen hat. Dieses habe sich unmissverständlich für einen zukunftsgerichteten Blockchain- und Krypto-Standort Schweiz ausgesprochen. Die Übernahme des Basler Krypto-Standards käme einem fundamentalen Strategiewechsel gleich.
Gute Erfolgsquote
Zuletzt stellte sich die Swiss Blockchain Federation (SBF) zusammen mit der Crypto Valley Association (CVA) gegen die neue Staking-Praxis der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA), wie CVJ.CH berichtete. Dienstleister hätten unter den überarbeiteten Vorschriften eine Banklizenz benötigt. Wenige Monate nach der harschen Branchenkritik revidierte die FINMA ihre Position. Jetzt möchte die SBF einen weiteren Erfolg für die Industrie einfahren. Die vollständige Übernahme des Basler Krypto-Stndards sei weder politisch noch rechtlich vertretbar.
Stattdessen schlägt die Gruppe die Erarbeitung einer nationalen Regulierung vor. Diese müsse sich an den realen Risiken orientieren und habe die Interessen der Schweiz zu respektieren. Die SBF stehe bereit, konstruktiv an diesem Prozess mitzuwirken und ihre Expertise einzubringen, um die Entwicklung eines regulatorischen Rahmens zu unterstützen, der den Finanz- und Blockchain-Standort Schweiz stärkt und gleichzeitig die Integrität des Finanzsystems gewährleistet. Die politische Basis der Swiss Blockchain Federation ist stark. Ihr gehören rund 80 Mitglieder an, darunter die Kantone Tessin, Zug, Neuenburg und Zürich.
"Gesamthaft ist nicht nachvollziehbar, wie sich aufgrund einer nüchternen Risikoanalyse aufsichtsrechtliche Anforderungen rechtfertigen lassen, welche rein aufgrund der Verwendung einer bestimmten Technologie für gänzlich unterschiedliche Arten von Kryptovermögenswerten gelten sollen. Erst recht ist nicht nachvollziehbar, wie sich Eigenmittelanforderungen rechtfertigen lassen, welche weit über das maximale Verlustrisiko hinausgehen. Auch für die sehr engen Obergrenzen für Krypto-Vermögenswerte lassen sich aus einer Risikosicht keine Rechtfertigung herleiten." - Positionspapier Swiss Blockchain Federation