Seit einigen Monaten ist Europa in eine Energiekrise geschlittert. So werden mitunter Stimmen lauter, die das energieintensive Proof of Work basierte Bitcoin-Mining verbieten wollen. Schlussendlich stellt sich die Frage: Ist ein freier Markt nicht die effizienteste Verteilung für alle energieaufwändigen Anwendungsfälle?
Der Energiekonsum Bitcoins ist seit der ursprünglichen Entdeckung ein heiss debattiertes Thema. Spezifisch beziehen sich Kritiker auf den Stromverbrauch für das Betreiben von Proof of Work Mining, das dem Bitcoin-Netzwerk die notwendige Sicherheit gewährt. So kommt beispielsweise der ehemalige Krisenmanager bei Swissgrid Paul Niggli zum Schluss, dass Bitcoin vollständig verboten werden müsse. Laut seinen Berechnungen verbrauche eine einzige Transaktion so viel Strom wie ein Haushalt in eineinhalb Monaten. Ist die derzeitige Energiekrise mit einem einfachen Bitcoin-Verbot zu bewältigen?
Entstehung des Bitcoin-Stromverbrauchs
Um Bitcoins Energieverbrauch zu verstehen, müssen einige Dinge zur Technologie des Netzwerks klargestellt werden. Bitcoin ist ein dezentrales Netzwerk für den direkten Werttransfer. Es nutzt die Blockchain-Technologie, um das sogenannte Double Spending Problem zu verhindern. Der zugrunde liegende Proof of Work Algorithmus ermöglicht die Transaktionsprüfung ohne eine Drittinstanz, die bei herkömmlichen Systemen das doppelte Ausgeben derselben Bestände verunmöglicht.
Netzwerkteilnehmer müssen spezifische kryptografische Probleme lösen, um die Gültigkeit von Transaktionen zu verifizieren. Miner bewerkstelligen dies mit massgeschneiderten Computern, die rund um die Uhr Hashes berechnen. Dies benötigt reale Ressourcen (Rechenleistung und Energie), was eine böswillige Übernahme des Netzwerks äusserst kostenintensiv macht. Aktuell beheimatet Bitcoin rund 400 Milliarden USD an digitalen Werten. Eine dezentrale und ressourcenintensive Sicherung der Blockchain ist somit essenziell.
Wie viel Energie braucht das Netzwerk wirklich?
Immer wieder zirkulieren Milchbüchleinrechnungen, die den Stromverbrauch einzelner Bitcoin-Transaktionen mit dem alltäglichen Verbrauch vergleichen. Stand September 2022 liegt der Energieverbrauch des gesamten Netzwerks bei rund 130 Terrawattstunden (TWh) pro Jahr. Naheliegend ist also die Rechnung durch die ungefähre Anzahl der Transaktionen pro Jahr, die den Stromverbrauch eines Haushalts in rund 45 Tagen pro Transaktion suggeriert. Tatsächlich enthüllt diese so oft von Kritikern gebrauchte Kennzahl jedoch absolute Ignoranz der zugrunde liegenden Blockchain-Technologie.
Die Anzahl der Transaktionen des Bitcoin-Netzwerks hat keine starke Korrelation mit dem Stromverbrauch. Die Energie wird nämlich, wie zuvor geschildert, primär für die Sicherung der Blockchain bzw. das Mining aufgewendet. Der überwiegende Teil Bitcoins Stromverbrauch entfällt also auf das "Schürfen" neuer Coins, der Energiebedarf für die eigentliche Validierung von Transaktionen ist minim.
Dies lässt sich auch empirisch überprüfen. Da die Anzahl der Bitcoin-Transaktionen durch die Grösse und den zeitlichen Abstand der einzelnen Blöcke festgelegt ist, befinden wir uns auf einem ähnlichen Stand wie vor sechs Jahren. Vergleichen wir dies mit dem Stromverbrauch des Netzwerks, wird eine direkte Korrelation mit der Hashrate des Netzwerks - nicht den einzelnen Transaktionen - offensichtlich. Die Gegenüberstellung einer Transaktion mit dem durchschnittlichen Schweizer Haushalt ist also durch und durch unsinnig.
Bitcoin als Zukunftsgewinn
Schon 2010, kurz nach der ersten Transaktion auf dem Bitcoin-Netzwerk, äusserte sich der pseudonyme Erfinder Satoshi Nakamoto zur Lösung des Problems. Es handle sich um die gleiche Situation wie bei Gold und der Goldförderung. Die Grenzkosten der Goldförderung liegen in der Regel in der Nähe des Goldpreises. Der Goldabbau ist zwar auch eine Verschwendung, doch diese "Verschwendung" ist offenbar geringer als der Nutzen, den das Vorhandensein von Gold als Tauschmittel mit sich bringt.
“Ich denke, dass dies auch bei Bitcoin der Fall sein wird. Der Nutzen der durch Bitcoin ermöglichten Tauschgeschäfte wird die Kosten für den Stromverbrauch bei Weitem übersteigen. Daher wäre es eine Verschwendung, Bitcoin nicht zu haben.“ – Satoshi Nakamoto, Gründer des Bitcoin-Netzwerks
Wenden wir das auf Bitcoin an, stellt der Nettonutzen eines globalen, erlaubnisfreien Netzwerks die Nachteile des Stromverbrauchs in den Schatten. Während Leute in Westeuropa Kryptowährungen primär zur Spekulation nutzen, ist das System für Hunderte Millionen von Menschen die einzige Möglichkeit, in naher Zukunft einen Zugang zu einem fairen, entwertungsgeschützten und zensurresistenten monetären Netzwerk zu erlangen. Um dies weiterhin zu erhalten, müssen wir bereit sein, auch den verhältnismässig geringen Anteil an zusätzlichen Emissionen in Kauf zu nehmen.