Unter dem Dach der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) haben PostFinance, Sygnum Bank und UBS eine "Deposit Token"-Machbarkeitsstudie durchgeführt. Erstmals haben Banken übergreifend eine rechtlich bindende Zahlung mittels Bankeinlagen und unter Verwendung einer öffentlichen Blockchain abgeschlossen.
Der dadurch entstandene Ergebnisbericht bilde die Grundlage für eine standardisierte Infrastruktur für blockchainbasierte Finanzdienstleistungen in der Schweiz, heisst es in einer Medienmitteilung. Bereits im Oktober 2024 kündigten die drei Banken das Projekt an, wie CVJ.CH berichtete. Damals tauften die Teilnehmer den Quasi-Stablecoin einen Buchgeld-Token (BGT), der durch Vermögenswerte wie Guthaben bei der Schweizerischen Nationalbank oder Geldmarktinstrumente in der Bilanz des Emittenten besichert wird. Die Machbarkeitsstudie (Proof of Concept, PoC) testete nun die Überweisung von Buchgeld ausserhalb der Blockchain, ausgelöst durch auf der Blockchain tokenisierte Zahlungsanweisungen ("Deposit-Token").
Technische und rechtliche Machbarkeit gewährleistet
Die Schweizerische Bankiervereinigung beginnt die Verkündung der Ergebnisse mit einem Eingeständnis. Der Schweizer Zahlungsverkehr im Inland sei bereits sehr effizient und kostengünstig. Dennoch stosse er bei neuen Anwendungsfällen an Grenzen. Klassische Zahlungen sind nicht programmierbar, nicht durchgehend rund um die Uhr für höhere Beträge verfügbar und lassen sich nur eingeschränkt in blockchainbasierte Ökosysteme integrieren. Mit einer Darstellung von Bankeinlagen auf der Blockchain könnten Zahlungen künftig nicht nur sofort und final auf einer gemeinsamen Infrastruktur abgewickelt, sondern auch direkt in automatisierte Geschäftsprozesse eingebunden werden.
Durch die Machbarkeitsstudie habe man zwei konkrete Anwendungsfälle getestet: Zum einen eine Zahlung zwischen Bankkunden der jeweiligen Banken, zum anderen ein sicherer Treuhand-Verwahrungsprozess (Escrow), bei dem Deposit-Token gegen tokenisierte Vermögenswerte getauscht und die Transaktionen automatisiert abgewickelt werden. Die Governance-Struktur des Systems basiert auf klar definierten Rollen und dem Einsatz von Smart Contracts. Diese ermöglichen überprüfbare Abläufe, technische Sicherheit sowie die Einhaltung von regulatorischen Vorschriften.
Die Resultate zeigen, dass ein bankenübergreifend eingesetzter Deposit Token – gemäss der in der Machbarkeitsstudie beschriebenen Form – auf einer öffentlichen Blockchain mit zugangsbeschränkten Applikationen technisch funktioniert und rechtlich bindende Zahlungen auslösen kann, so die SBVg. Für die Skalierbarkeit bedarf es zusätzlicher Designanpassungen und einer verstärkten Zusammenarbeit mit weiteren Banken, Infrastrukturbetreibern und Behörden, heisst es weiter. Dennoch lassen sich die Teilnehmer erfreut zitieren.
"Der getestete Deposit Token ist ein strategischer Schritt Richtung Zukunft und unterstreicht das Innovationspotenzial des Schweizer Finanzplatzes. Mit dem erfolgreichen Proof of Concept sind die Weichen für weitere Arbeiten gestellt – für eine neue, zusätzliche innovative Form des digitalen Bezahlens." - Martin Hess, Chefökonom und Verantwortlicher des Gesamtprojekts Digitale Währungen der SBVg
Zentrale Untschiede zu Stablecoins
Das Projekt dürfte als direkte Antwort auf den rasanten Anstieg der Stablecoins zu deuten sein, die unter der Trump-Administration als nationale Priorität erklärt wurden. Allerdings sind die Unterschiede zwischen herkömmlichen Stablecoins und "Deposit-Tokens" wichtig. Stablecoins werden vollständig durch liquide Vermögenswerte wie Staatsanleihen und Bargeldäquivalente gedeckt. Die neue US-Legislation (GENIUS Act) schreibt diese 1:1-Besicherung vor. In der Praxis handelt es sich mehrheitlich um Staatspapiere, deren Einlösung direkt durch die Federal Reserve-Bank gewährleistet wird.
Der beschriebene "Deposit-Token" hingegen tokenisiert Zahlungsanweisungen und Einlagen bei einer Bank. Diese sind nur limitiert durch tatsächliche Vermögenswerte besichert. Im Falle eines Bankruns kämen die Halter eines herkömmlichen Stablecoins vermutlich besser weg. Einerseits sind Stablecoin-Emittenten verpflichtet, jeden digitalen Dollar durch liquide Vermögenswerte zu decken. Bankeinlagen unterliegen dieser gesetzlichen Pflicht nicht. Andererseits werden Staatsanleihen ausserbilanzlich verwahrt und haben die Garantie der Zentralbank. Dieses Privileg geniessen Einlagen nur bis zu einer Limite von 100'000 Schweizer Franken (esisuisse).
Das Potenzial der Blockchain vollständig nutzen
In der Machbarkeitsstudie wurde die Abwicklung der Transaktionen letztendlich "Off-Chain" - also bei den Teilnehmerbanken - vollzogen. Auch waren die Deposit-Token programmatisch auf Bankkunden limitiert. Damit entfallen einige der wichtigsten Eigenschaften der Blockchain-Technologie. Im Gegensatz zu herkömmlichen Datenbanken sind dezentrale Technologien über ein Netzwerk von Computern verteilt. Das eliminiert "Single Point of Failures" (dt. = "einzelner Ausfallpunkt") und schützt das System vor externen Angriffen. Die ständige Synchronisierung und die öffentliche Überprüfbarkeit von Blockchain-Datensätzen, die an mehreren Orten gespeichert sind, verhindern Manipulationen und bieten starke Vertrauensgarantien auf der Grundlage kryptografischer Eigenschaften. Zudem sind Stablecoins durch jedermann zugänglich, rund um die Uhr abwickelbar und in DeFi-Anwendungen einsetzbar.
Wie bereits in der Berichterstattung vom Oktober 2024 ausgeführt, müssen Schweizer Banken diese Eigenschaften nicht nur anerkennen, sondern auch aktiv nutzen. Sonst läuft man Gefahr, sich mit Pilotprojekten zu brüsten, die letztendlich nicht den Kundenanforderungen entsprechen.








