Ripple Labs erreichte in letzter Zeit diverse strategische Durchbrüche: Die bedingte Zulassung einer nationalen Trust Bank durch das Office of the Comptroller of the Currency (OCC) und eine Partnerschaft mit der Schweizer AMINA Bank als erste europäische Bank für Ripples vollständig lizenzierte Zahlungslösung.
Doch während sich die institutionelle Infrastruktur festigt, verliert XRP über 40 Prozent seines Jahreshochs und handelt bei rund 2 Dollar – trotz XRP-ETF-Zuflüssen von knapp 1 Milliarde Dollar seit dem Handelsstart im November. Die Divergenz zwischen Unternehmensfortschritten und Tokenbewertung wirft Fragen zur Transmission institutioneller Adoption auf den Spotpreis auf. Der OCC-Entscheid positioniert Ripple neben Circle, BitGo, Paxos und Fidelity als einzige Krypto-Unternehmen mit nationaler Banklizenz – eine regulatorische Legitimation, die den Stablecoin RLUSD unter doppelte Aufsicht von OCC und New York Department of Financial Services stellt. Dennoch reagieren Märkte verhalten: XRP fiel mehrfach unter die psychologische 2-Dollar-Marke.
OCC-Zulassung: Ripple wird zur regulierten Bank
Die am 12. Dezember 2025 erteilte bedingte Genehmigung zur Gründung der Ripple National Trust Bank (RNTB) markiert einen institutionellen Wendepunkt. CEO Brad Garlinghouse bezeichnet den Schritt als "massive Entwicklung für unseren RLUSD-Stablecoin" und unterstreicht die nun geltende doppelte Aufsicht auf Bundes- und Staatsebene. Die Zulassung verpflichtet Ripple zur Bewerbung um Anteile an einer Federal Reserve Bank – ein Prozess, der klassischen Banken vorbehalten war. Im Gegensatz zu herkömmlichen Krypto-Unternehmen unterliegt Ripple damit denselben Compliance-Standards wie traditionelle Finanzinstitute.
Die Formulierung "bedingte Genehmigung" bedeutet jedoch: Der Start des operativen Geschäfts unterliegt weiteren behördlichen Prüfungen. Die OCC veröffentlichte den Beschluss unter Verweis auf eine "gründliche Evaluierung" – eine Standardformulierung, die zusätzliche Auflagen erwarten lässt. Dennoch setzt das Signal Massstäbe: Von Tausenden Krypto-Unternehmen weltweit erhielten nur fünf diese Zulassung.
AMINA Bank: Europäische Premiere für Ripple Payments
Parallel verkündete die FINMA-regulierte AMINA Bank AG ihre Integration von Ripple Payments – als erste europäische Bank für grenzüberschreitende Echtzeitzahlungen über die Ripple-Infrastruktur. Die Schweizer Institution wickelt nun Transaktionen in Fiatwährungen und Stablecoins ab, darunter RLUSD, ohne Umwege über mehrere Korrespondenzbanken oder verzögerte Clearing-Zyklen.
"Die Integration von Ripple Payments ermöglicht unseren Kunden, die Reibung zwischen Blockchain- und traditionellen Banking-Schienen zu reduzieren." – AMINA Bank AG
Ripple Payments verarbeitet derzeit über 95 Milliarden Dollar Transaktionsvolumen und deckt Jurisdiktionen ab, die mehr als 90 Prozent der globalen Devisenmärkte repräsentieren. Die Partnerschaft baut auf einer bestehenden Zusammenarbeit auf: AMINA unterstützt seit Anfang 2025 RLUSD durch Custody- und Trading-Services. Der Schritt unterstreicht Ripples Strategie, über lizenzierte Finanzinstitute statt direkter Retail-Kanäle zu expandieren – eine Lehre aus dem jahrelangen SEC-Rechtsstreit, der im August 2025 mit gegenseitiger Rücknahme der Berufungen endete.
XRP-ETF-Zuflüsse ohne Preisimpuls: Das Paradox institutioneller Nachfrage
Seit dem Handelsstart im November 2025 verzeichneten XRP-Spot-ETFs kumulative Zuflüsse von knapp 1 Milliarde Dollar, wobei die sieben handelbaren Produkte ein kombiniertes verwaltetes Vermögen (AuM) von 1.18 Milliarden Dollar erreichten. Die ETFs verzeichneten 30 aufeinanderfolgende Handelstage mit Netto-Zuflüssen – eine bemerkenswerte Serie, die im Kontrast zu Bitcoin- und Ethereum-ETFs steht, welche im selben Zeitraum Abflüsse erlebten.
Dennoch fiel XRP im selben Zeitraum von 2.50 Dollar auf rund 2 Dollar – ein Verlust von 20 Prozent binnen eines Monats. Das Allzeithoch von 3.65 Dollar aus Juli 2025 liegt nun über 45 Prozent entfernt. Analysten verweisen auf strukturelle Faktoren: Im Gegensatz zu Bitcoin-ETFs, die Angebotsknappheit verstärken, steht XRP einem zirkulierenden Angebot von über 60 Milliarden Token gegenüber, wovon Ripple Labs selbst noch rund 35 Milliarden in Escrow hält.
RLUSD-Wachstum und institutionelle Infrastruktur
Der Ripple-Stablecoin RLUSD entwickelt sich unterdessen zum stillen Erfolg: Seit dem Start im Dezember 2024 stieg die Marktkapitalisierung auf 1.3 Milliarden Dollar – ein Plus von über 1'200 Prozent im Jahr 2025. Die Multi-Chain-Strategie über XRP Ledger und Ethereum, kombiniert mit Partnerschaften wie Gemini und Mastercard, treiben die Adoption voran. Gemini integrierte RLUSD für Kartenabrechnungen, während Mastercard die Stablecoin für grenzüberschreitende Zahlungen nutzt.
Die nun angestrebte Trust-Bank-Lizenz dürfte RLUSD zusätzlichen institutionellen Zugang verschaffen. Im Gegensatz zu unregulierten Stablecoins unterliegt RLUSD künftig den strengsten US-Compliance-Standards – ein Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten wie Tether (USDT), deren Reserven weniger transparent geprüft werden. Ripples Strategie: Regulatorische Exzellenz als Differenzierungsmerkmal in einem zunehmend überwachten Markt.
Dennoch bleibt fraglich, ob diese Infrastruktur XRP direkt nutzt. RLUSD läuft nativ auf XRPL, doch Transaktionen benötigen nicht zwingend XRP als Bridge-Asset. Die ursprüngliche Vision – XRP als Liquiditätsbrücke für Banken – materialisiert sich langsamer als erhofft. Die meisten RippleNet-Partner nutzen die Software ohne XRP-Integration.
Institutionelle Fundamentaldaten treffen auf schwache Kursentwicklung
Ripples jüngste Erfolge festigen die Position als reguliertes Finanzinfrastrukturunternehmen – eine Transformation vom umstrittenen Krypto-Projekt zum lizenzierten Bankdienstleister. Die OCC-Zulassung, europäische Bankpartnerschaften und RLUSD-Adoption zeigen: Ripple gewinnt im B2B-Segment.
Für XRP-Investoren bleibt jedoch die zentrale Frage unbeantwortet: Wann übersetzt sich institutionelle Adoption in nachhaltigen Preisdruck? Die ETF-Struktur allein reicht nicht – Bitcoins Knappheit und Ethereums DeFi-Nutzung schaffen organische Nachfrage. XRP fehlt derzeit ein vergleichbarer Mechanismus. Solange Ripples Erfolge primär RLUSD und lizenzierte Dienstleistungen betreffen, dürfte XRP unter technischem Verkaufsdruck bleiben. Die 2-Dollar-Marke bleibt vorerst psychologischer Kampfplatz zwischen institutionellem Narrativ und schwacher Marktstruktur.








