Der Wirtschaftsbericht des Weissen Hauses für das Jahr 2023 hat die sich schnell entwickelnde Welt der Kryptowährungen und der Blockchain-Technologie in den Mittelpunkt gerückt. Dabei nimmt die US-Regierung eine skeptische Stellung ein und unterstreicht die vermeintlichen Risiken für das breitere Finanzsystem.
Eines der drängenden Probleme, die im jährlichen Wirtschaftsbericht der amtierenden US-Regierung angesprochen wird, ist die Verwendung von Kryptowährungen für illegale Aktivitäten. Rund 15% des Gesamtprogramms handeln sich nur um die schnell wachsende Branche. Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und Steuerhinterziehung seien akute Probleme. Der Bericht warnt, dass die politischen Entscheidungsträger wachsam bleiben müssen, um solche Aktivitäten zu verhindern. Eine Zusammenfassung der relevanten Punkte des 513-seitigen Berichts.
Blockchain-Technologie bisher nicht besonders nützlich
Die DLT-Technologie, auf der Blockchains unter anderem basieren, wurde als Lösung für sichere Transaktionen zwischen Parteien entwickelt, die sich gegenseitig nicht vertrauen müssen. Viele der DLT-Projekte nutzen die Dezentralisierung laut der US-Regierung jedoch nicht wirklich. Ausserdem hätten viele Unternehmen lediglich den Hype um die Blockchain-Technologie genutzt, um ihre Aktienkurse zu steigern. Prominente Technologen sollen festgestellt haben, dass DLT nicht besonders neu oder nützlich sei, da bestehende Technologien dieselben Probleme oft effizienter lösen können. Insgesamt sei der bisherige wirtschaftliche Nutzen der DLT-Technologie begrenzt.
Trotzdem erkennt der Wirtschaftsbericht an, dass die Blockchain-Technologie das Potenzial habe, verschiedene Sektoren zu verändern. Das Weisse Haus sieht Potenzial im Gesundheitswesen, dem Lieferkettenmanagement, aber auch im politischen Wahlsystem. Die politischen Entscheidungsträger sollen ein Gleichgewicht zwischen der Förderung von Innovationen und dem Schutz vor potenziellen Risiken finden.
Umweltschutz als zentraler Kritikpunkt
Die Vereinigten Staaten haben innerstaatliche Rechtsvorschriften erlassen, um ihre eigenen Klima-Ziele zu erreichen. Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen um 50% unter das Niveau von 2005 gesenkt werden und bis zum Jahr 2050 den Nullpunkt erreichen. Das Mining von Kryptowährungen möge lukrativ erscheinen, sei allerdings mit hohen Umweltkosten verbunden. Proof of Work verbrauche riesige Mengen an Energie, die katastrophale Auswirkungen auf die Umwelt haben könnten. Den Quellen des Weissen Hauses zufolge machte das Krypto-Mining Anfang 2022 mehr als 2% des Stromverbrauchs in den USA aus. Das entspräche der Strommenge, die für den Betrieb aller Heimcomputer oder die Beleuchtung in den Haushalten des Landes verbraucht werden.
Global gesehen sei die Situation nicht besser. Bitcoin, die grösste Kryptowährung nach Marktkapitalisierung, mache 0.42% des weltweiten Stromverbrauchs aus, was dem Verbrauch einer mittelgrossen fortgeschrittenen Volkswirtschaft entspräche. Der Proof-of-Work-Konsensmechanismus, verbrauche beträchtliche Mengen an Strom. Dies führe zudem zu Lärmbelästigung, sowie lokaler Luft- und Wasserverschmutzung, ohne dass die Gemeinden davon profitieren. Das Mining von Kryptowährungen stelle somit ein enormes Risiko für die Umwelt dar und müsse mit Vorsicht genossen werden. Auf die Nuancen der Mining-Umweltdebatte geht der Bericht nicht ein.
In Präsident Bidens jüngstem Haushaltsentwurf wurde deshalb eine neue Steuer auf den Stromverbrauch für das Mining von Kryptowährungen vorgeschlagen. Die Steuer ziele darauf ab, Bedenken über die Umweltauswirkungen des Kryptowährungs-Minings auszuräumen. Im Falle einer Genehmigung würde die Steuer schrittweise über drei Jahre eingeführt und schlussendlich 30% des für das Mining verbrauchten Stroms betragen. Es gilt jedoch zu beachten, dass der Vorschlag noch der Genehmigung durch den Gesetzgeber bedarf und sich ändern kann. Als hochkompetitive Branche mit tiefen Margen dürfte eine Steuer von 30% das Ende der US-amerikanischen Mining-Industrie bedeuten.
Ein systemisches Risiko: Stablecoins
Stablecoins sind eine Art von Kryptowährung, die einen festen Wert beibehalten soll. Dabei können laut der US-Regierung viele Stablecoins einem "Run-Risiko" unterliegen, wenn zu viele Inhaber ihre Coins einlösen möchten. Selbst algorithmische Stablecoins wie TerraUSD seien nicht immun gegen diese Risiken, wie der Absturz im Mai 2022 gezeigt habe. Stablecoins stehen vor Herausforderungen bei vielen Rücknahmen und es gebe Bedenken hinsichtlich des Verbraucherschutzes. Auch wenn die Distributed-Ledger-Technologie Potenzial für das Finanzsystem im Allgemeinen hat, seien Stablecoins derzeit zu riskant für einen breiten Einsatz. Dass die grössten Stablecoins nach Marktkapitalisierung mit weitaus mehr Reserven hinterlegt sind als die meisten US-Banken, erwähnt der Bericht nicht.
Die Biden Administration stellt jedoch fest, dass Stablecoins immer beliebter werden. Ihre Schätzungen deuten darauf hin, dass der Marktwert von Stablecoins 100 Milliarden US-Dollar überschritten hat. Ein rascher Blick auf CoinGecko bestätigt dies, aktuell sind rund 130 Mrd. USD an Stablecoins im Umlauf. Laut dem Wirtschaftsbericht haben Stablecoins zwar das Potenzial, Volatilität zu verringern und die Verwendbarkeit von Kryptowährungen zu erhöhen, doch werden im eher Bedenken hinsichtlich ihrer potenziellen Risiken geäussert.
Eines der Hauptrisiken im Zusammenhang mit Stablecoins sei die Möglichkeit, dass sie für illegale Aktivitäten wie Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und Steuerhinterziehung verwendet werden. Der Wirtschaftsbericht schlägt vor, dass die politischen Entscheidungsträger eine Regulierung von Stablecoins in Erwägung ziehen sollten, um sicherzustellen, dass sie denselben Gesetzen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung unterliegen wie traditionelle Finanzinstitute.
Darüber hinaus stellt der Wirtschaftsbericht fest, dass Stablecoins ein Risiko für die Finanzstabilität darstellen könnten, wenn ihr Wert plötzlich sinkt oder es zu einem Ansturm auf den Stablecoin-Emittenten kommt. Die Regierung schlägt vor, dass die politischen Entscheidungsträger den Stablecoin-Markt sorgfältig beobachten und Massnahmen zur Minderung potenzieller Risiken in Betracht ziehen sollten.
Digitaler Dollar (CBDC) noch nicht einsatzbereit
Das Weisse Haus spricht im Bericht auch das Thema einer digitalen Zentralbankwährung (CBDC) an. Ein CBDC wäre eine digitale Version des US-Dollars, der von der Federal Reserve ausgegeben und vom Staat gedeckt ist. Viele Zentralbanken weltweit prüfen die Möglichkeit der Ausgabe von CBDCs, auch die Federal Reserve untersucht die potenziellen Vorteile und Risiken eines digitalen Dollars. Einer der Hauptvorteile eines CBDC wäre eine höhere Effizienz im Zahlungsverkehr und bei Finanztransaktionen sowie eine potenzielle Senkung der Kosten für die Ausgabe und den Umlauf von physischem Geld.
Der Bericht räumt jedoch auch ein, dass es potenzielle Risiken und ungelöste Herausforderungen im Zusammenhang mit CBDC gibt. Eines der Hauptprobleme sei die Gefahr von Cyberangriffen, die finanzielle Privatsphäre und andere Sicherheitsrisiken, die gar zu finanziellen Verlusten oder Störungen in der Wirtschaft führen könnten. Ausserdem kann ein CBDC Auswirkungen auf die Finanzstabilität, den Datenschutz und die Geldpolitik haben. Daher schlägt der Bericht vor, dass die Federal Reserve die potenziellen Vorteile und Risiken eines Digital Dollar CBDC sorgfältig abwägen und weitere Untersuchungen und öffentliche Konsultationen durchführen sollte, bevor die Notenbank eine Entscheidung trifft.
FedNow als Vorstufe eines CBDCs?
Das Automated Clearinghouse (ACH) ist das grösste Massenzahlungssystem in den USA (Stand 2020). Es ermöglicht die elektronische Überweisung von Geldern zwischen Banken und anderen Einlageninstituten, jedoch nur an Geschäftstagen und zu Geschäftszeiten. Obwohl ACH-Zahlungen viele Vorteile bieten, dauert es bis zu drei Geschäftstage, bis die Gelder abgewickelt sind. Um der wachsenden Nachfrage nach schnelleren Zahlungssystemen gerecht zu werden, hat die Federal Reserve den FedNow Service entwickelt, der im Laufe des Jahres 2023 eingeführt werden soll.
Über die teilnehmenden Finanzinstitute werden Unternehmen und Privatpersonen in der Lage sein, Zahlungen zu senden und zu empfangen. Sie erhalten dabei nahezu sofortigen Zugang zu den Geldern, was zeitkritische Zahlungen und eine grössere Flexibilität bei der Geldverwaltung ermöglicht. Der FedNow Service werde rund um die Uhr in Betrieb sein und stellt damit eine Verbesserung gegenüber bestehenden Zahlungssystemen dar. Neben Schnelligkeit und Bequemlichkeit könnte das nahezu sofortige Zahlungssystem echte wirtschaftliche Vorteile mit sich bringen, insbesondere für schwache Bevölkerungsgruppen, die von langsamen Zahlungssystemen eher betroffen sind.
Das Erreichen der Interoperabilität mit anderen Zahlungsdiensten erfordert jedoch eine aktive Partnerschaft und Zusammenarbeit mit der Finanzindustrie. Der FedNow-Dienst sei keine digitale Währung und wird sich anfangs vor allem auf den Inlandszahlungsverkehr konzentrieren, mit begrenzten Verbesserungen im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrssystem. Einige Marktteilnehmer sehen FedNow als Alternative für Stablecoins, die als Brückentechnologie den digitalen Fiat-Dollar vorantreiben sollte.
Kryptowährungen als Sündenbock
Im Wirtschaftsbericht wird zudem die Geschichte der Finanzkrisen in den Vereinigten Staaten erörtert. Krisen seien oft durch unregulierte Finanzinstitute wie Treuhandgesellschaften verursacht worden und führten laut dem Weissen Haus zur Gründung der Federal Reserve. Ein akutes Problem sehen die Autoren nicht, die aktuelle Situation sei primär auf die Alterung der arbeitenden Bevölkerung zurückzuführen. Allem Anschein nach nimmt die Biden Administration eine Branche mit 1.2 Bio. USD in Gesamtmarktkapitalisierung als grösseres Risiko für die Finanzbranche als die jeglichen Bankenskandale der vergangenen Dekade wahr.
Schliesslich seien die gesellschaftlichen Kosten für Krypto-Vermögenswerte erheblich und fallen in der Gegenwart an. Kryptowährungen bieten laut dem Wirtschaftsbericht keine Investitionen mit einem fundamentalen Wert und fungieren nicht als effektive Alternative zu Fiat-Geld. Der Bericht wirft die Frage auf, welche Rolle die Regulierung beim Schutz von Verbrauchern, Anlegern und des Finanzsystems vor Panik, Abstürzen und Betrug im Zusammenhang mit Krypto-Assets spielt. Während einige potenzielle Vorteile digitaler Vermögenswerte in der Zukunft realisiert werden könnten, deute der aktuelle Zustand von Krypto-Vermögenswerten auf die Notwendigkeit einer starken Regulierung zum Schutz des öffentlichen Interesses hin. Die umfassende Expertise in diesem Bereich unterstreicht eine Grafik zu den laut dem Weissen Haus volumenstärksten Krypto-Börsen, die die CVJ.CH Redaktion nicht weiter kommentieren wird.