Der rapide Anstieg des Terra-Stablecoins "UST" nahm ein frühzeitiges Ende, als eine Liquidationskaskade den Preis des algorithmischen Dollar-Tokens auf 60 Cent stürzen liess. Um die Bindung wieder in den Griff zu kriegen, wurde die Luna Foundation Guard zur Liquidierung ihrer Protokollreserven gezwungen.
TerraUSD (UST) ist ein algorithmischer Stablecoin; eine Alternative zu herkömmlichen Stablecoins wie Tether (USDT), die durch Fiat-Einlagen eines privaten Unternehmens besichert werden. Das zugrunde liegende Protokoll Terras verwendet einen Token-Burning-Mechanismus, der Arbitrageuren finanzielle Anreize schafft, die 1:1 Bindung mit dem US-Dollar aufrechtzuerhalten. Dieser Absicherungsmechanismus kam über die vergangenen Tage ins Schwanken, da zu viele Akteure auf einmal aus dem Ökosystem fliehen wollten.
Update 11.05.2022: Ein weiterer Bindungsverlust führte zu einem Einbruch des UST-Stablecoins auf rund 22 Cents, während LUNA's Marktkapitalisierung von 41 Mrd. USD auf unter 2 Mrd. USD einstürzte. Laut Gründer Do Kwon wird Terra ihr algorithmisches Modell überdenken und durch einen besicherten Mechanismus ersetzen.
UST verliert Dollaranbindung
Mit dem Preiseinbruch des allgemeinen Kryptomarktes kam UST am Wochenende erstmals ins Schwanken. Da UST direkt mit dem LUNA-Token verknüpft ist, können sich kurzfristige Preisbewegungen drastisch auf die Bindung auswirken. Dies geschah in einer Zeit niedriger Liquidität, wodurch UST auf 98 Cents sank und sich erst nach dem Einschreiten von Marktmachern erholte. Kombiniert mit Milliarden an Abzügen aus dem Terra-Sparprotokoll Anchor geschah nur ein Tag später dasselbe in einem neuen Ausmass.
Die Abzüge aus dem grössten Terra-DeFi-Produkt wirkten sich neben dem Preisdruck negativ auf das Vertrauen in den UST-Stablecoin aus, weshalb auch Liquiditätsanbieter (LPs) auf dezentralen Börsen ihre Positionen rasch auflösten. Nach 6 Stunden trieben Liquidationen gehebelter Positionen und Panikverkäufe den UST-Preis auf 60 Cents - knapp 40% tiefer als die vorgesehene Dollarbindung. Als die grösste Kryptobörse, Binance, LUNA- und UST-Abhebungen temporär aussetzte, konnte der algorithmische Stablecoin schliesslich einen Boden finden.
Luna Foundation Guard verkauft Bitcoin-Reserven
Das Versagen des Arbitrage-Mechanismus ist bereits seit Monaten ein zentrales Thema für das Terra-Ökosystem. Vor diesem Hintergrund entschloss sich die Luna Foundation Guard (LFG) - ein Verwaltungsrat von Terra-Gründern und Investoren - die Reserven des Protokolls mit 10 Milliarden USD in Bitcoin zu diversifizieren. Dieses Kapital soll dann im Falle eines Bindungsverlustes zur Unterstützung des UST-Preises eingesetzt werden. So akkumulierte die LFG Bitcoin im Wert von rund 4 Milliarden US-Dollar mit klaren Expansionsplänen.
Der Einbruch kürzlich brachte diese Ambitionen zu einem sofortigen Stillstand. Innerhalb eines Tages wurden die gesamten Reserven aus den Händen der Luna Foundation Guard transferiert. Eine nahe liegende Konklusion, die auf sozialen Medien laut wurde, rechnet mit einer vollständigen Liquidierung der Bitcoin-Reserven. Dies würde die jüngsten Ängste bestätigen, dass ein Bindungsverlust des UST-Stablecoins Auswirkungen auf den gesamten Kryptobereich hätte.
Was hält die Zukunft bereit?
Mittlerweile wird UST bei 90 Cent gehandelt; also noch immer rund 10% vom vorgesehenen 1:1 Dollar-Preis entfernt. Doch es lässt sich eine gewisse Stabilisierung feststellen und Terra-Gründer Do Kwon kündigte nach einem Tag Funkstille einen Rettungsplan für das Protokoll an. Wie dieser aussehen wird, ist noch unklar. Nichtsdestotrotz ist mit einem enormen Vertrauensverlust in das Terra-Ökosystem zu rechnen. Dies widerspiegelt sich im massiven Einbruch der hinterlegten Vermögenswerte (TVL) auf dem Anchor-Sparprotokoll - dem UST-Anwendungsfall Nummer eins: Von 17 Mrd. USD sind lediglich 7 Mrd. übrig und die Abhebungen scheinen kein Ende zu nehmen.
Allerdings büsst nicht nur Terra einen Reputationsverlust für den "Bank Run" ein. Als grösster algorithmischer Stablecoin mit einer Marktkapitalisierung von 18.7 Milliarden USD nahm UST eine Vorreiterrolle in der Branche ein. Der Einbruch ist einerseits für die Vision eines dezentralen Stablecoins verheerend, andererseits führt es unweigerlich zur Abschreckung interessierter Investoren, die den Schritt in den Kryptobereich noch nicht gewagt haben. Zuletzt werden auch Regulatoren, die sich ohnehin nicht mit Stablecoins anfreunden können, erneut hellhörig.
— db (@tier10k) May 10, 2022