Während der gesamte Krypto-Markt eine historische Baisse durchlebt, hat das letzte Quartal auch den NFT-Markt dramatisch verändert. Die Liquidität ist rückläufig und die Dollar-Preise werden in hohem Masse durch den Wertverlust der Kryptowährungen beeinflusst. Allerdings verbirgt sich ein langfristiger Trend dahinter.
Wer vor ein paar Monaten mit der Erwartung in den NFT-Markt eingestiegen ist, zu kaufen und mit Gewinn weiterzuverkaufen, wird höchstwahrscheinlich enttäuscht sein. Ein Jahr nach dem Boom der Branche scheinen viele Versprechungen entweder verzögert oder nicht vorhanden zu sein. Die Welt hat sich noch nicht ins Metaversum verlagert, unsere digitalen IDs sind keine NFTs und vor allem wurden nicht alle NFT-Besitzer Millionäre - die Enttäuschung darüber scheint gross. Doch wie so oft in den Finanzmärkten folgt Ebbe auf Flut, und die Freude an NFTs brachte Millionen an neuen Nutzern in das Blockchain-Ökosystem.
NFTs sind nicht verschwunden, nur das Rampenlicht
Das Volumen der Internetrecherchen zum Thema NFT ist seit dem Höchststand im Januar 2022 deutlich zurückgegangen. Die Zahlen sind aber mit Vorsicht zu geniessen. Man kann feststellen, dass das Interesse wieder auf das Niveau von September 2021 gesunken ist. Damals war für den ganzen Bereich rund um NFTs das "Goldene Zeitalter". Die Segmente Metaversum und Utilities haben beide sogar einen starken Anstieg ihrer Aktivitäten in Bezug auf die Anzahl der Verkäufe und das gehandelte Dollar-Volumen erlebt, was in einem Bärenmarkt-Kontext paradox erscheinen mag.
Das kann einerseits durch den Verkauf von OtherDeed für OtherSide (das Metaversum von Yuga Labs) und andererseits durch die plötzliche Begeisterung für vierstellige Domain-Namen auf Ethereum Name Service erklärt werden. Abgesehen von diesen beiden Segmenten, welche sich in diesem Marktkontext überraschend gut entwickeln, sind fast alle Indikatoren rückläufig. Das grösste Interesse zeigen nach wie vor die Länder in Südostasien. Interessant ist, dass einige Länder des Nahen Ostens und Afrikas allmählich in den Top 20 auftauchen: Libanon, Nigeria und die Vereinigten Arabischen Emirate. In Europa finden sich lediglich die Niederlande und die Schweiz auf der Liste des Quartalsreports von NonFungible.
Mittlerweile entfallen 2/3 des Gesamtmarktes auf Spiele und Sammlerstücke, welche nach wie vor eine führende Position in Bezug auf die Anzahl der Verkäufe und die Grösse der Communities einnehmen. Aus Sicht der Gewinn- und Verlustrechnung gibt es im Kunstsegment zum ersten Mal mehr Wiederverkäufe mit rund 5 Millionen Dollar Verlust im letzten Quartal. Das Segment Sammlerstücke, welches den stärksten Rückgang (-16%) verzeichnete, ist mit einem Gewinn von 265 Millionen Dollar nach wie vor insgesamt profitabel. Angesichts des Trends der letzten Wochen kann man davon ausgehen, dass sich diese Rate im nächsten Quartal erhöhen und umkehren wird. Die durchschnittliche Haltedauer sank bei den beiden stärksten Segmenten des letzten Quartals auf unter 30 Tage.
Ethereum gewinnt wieder an Fahrt
Der primäre Nutzniesser der NFT-Adoption ist die Smart Contract Plattform Ethereum. Das Blockchain-Netzwerk unterstützt eine breite Palette von Anwendungen, die durch "intelligente Verträge" (Smart Contracts) ermöglicht werden. Dadurch begünstigt Ethereum dezentralisierte autonome Organisationen (DAOs), diverse Anwendungen (dApps), dezentrale Finanzanwendungen (DeFi) und nicht-fungible Token (NFTs) sowie das offene Metaversum. Tatsächlich haben NFTs neben Memecoins jedoch als einzige Anwendung den Schritt in den Mainstream geschafft.
Rund 10'000 neue Nutzer betreten das Ethereum-Ökosystem jeden Tag, um mit NFTs zu handeln; bei durchschnittlich 300'000 täglich aktiven Adressen über die gesamte dApp-Landschaft hinweg eine beeindruckende Zahl. Dies wird durch andere Kennzahlen gestützt, die NFTs als primären Treiber der Krypto-Adoption über das vergangene Jahr identifizieren. Dies ist naheliegend: Sammelbilder sind viel tiefer in unserer Popkultur verankert als finanzielle Applikationen, die für den Grossteil der Menschen langweilig und abschreckend aufgefasst werden.
"Wir glauben, dass es einige Haupttreiber für das [Ethereum-]Wachstum gibt. Der erste hat mit dem Appell an eine digital-native Generation zu tun. NFTs überbrücken viele Lücken zwischen der traditionellen und der neuen Welt - der physischen und der digitalen, der Konsum- und der Kryptowelt. Jeder findet Gefallen an Sammelobjekten in der Nische, die ihn interessiert." - Charles d’Haussy, Managing Director ConsenSys; dem Unternehmen hinter der führenden Ethereum-Wallet MetaMask
Ungeschlagenes NFT-Handelsvolumen
Mehr als 6 Millionen Ethereum-Adressen halten mindestens einen NFT. Es gibt etwa 77'000 NFT Kollektionen und 111'000 NFT Smart Contracts, von welchen aber nur bei einigen ein reger Handel herrscht. Die NFT Blue-Chips (BAYC, CryptoPunks, etc.) machen ihrer Bezeichnung volle Ehre und konnten neben Währungsverlusten ihren Floorpreis in Ether (ETH) beinahe halten. Mit rund 40 Mio. täglichem Handelsvolumen bleibt Ethereum klarer Marktführer für NFTs.
Neben Ethereum konnten auch Konkurrent Solana und Skalierungslösung Polygon eine bedeutende NFT-Gemeinschaft ansammeln. Einige bekannte Solana-NFTs wie DeGods, Solana Monkey Business, OkayBears und Founders Coin können tägliche Handelsvolumina im tiefen Millionenbreich vorweisen. In der kostengünstigen Blockchain gibt es zurzeit etwa 47'000 NFT Kollektionen und gesamthaft knapp 21 Millionen nicht-fungible Token, die sich auf über 2.2 Millionen Wallets befinden.
Auf der Ethereum-Sidechain Polygon scheinen massentaugliche NFTs ihren Verbleib zu finden. Mit knapp 17 Millionen Wallet Adressen wurden schon über eine halbe Milliarde kostengünstige Transfers ausgeführt. Die 236'000 NFT Smart Contracts erzeugten mehr als 168 Millionen unterschiedliche digitale Assets, wobei das Volumen mit mageren 500'000 Dollar pro Tag von eher günstigen Exponaten zeugt.