Für geraume Zeit galt die Neuenburger Kantonalbank (Banque Cantonale Neuchâteloise, BCN) als eine der Krypto-freundlichsten Staatsbanken der Schweiz. Doch in einer Kehrtwende verschliesst die BCN ab Juni jenen Unternehmen die Türen, die mit Krypto-Handelsdiensten in Berührung stehen.
Für Jahre nutzten Krypto-Broker wie Bity die BCN als Hausbank für ihren Anschluss ans Fiat-System. Jetzt habe die Neuenburger Kantonalbank einige ihrer Kunden aufgefordert, den Handel mit Kryptowährungen einzustellen, wie die Westschweizer Le Temps berichtete. Einige Krypto-Dienstleister sehen aktuell keine Alternative. Für das Ökosystem in der Romandie könnte der Entscheid verheerend sein.
Das Ende einer Krypto-freundlichen Dekade für Neuenburg?
Ähnlich wie der Kanton Zug galt Neuenburg für eine lange Zeit als Pionier im Blockchain-Bereich. Während die Bitcoin Suisse den Grundstein für die deutschsprachige Seite des Crypto Valley setzte, startete Bity 2013 als Bitcoin-Börse im Heimatkanton der Gründer: Neuenburg. Wie damals für Krypto-Startups üblich, erwies sich die Eröffnung einer Bankbeziehung als kompliziert. Mehr als ein Jahr später, dank Unterstützung des Kantons, beschliesst die Neuenburger Kantonalbank (BCN) trotz vorheriger Absage die Beherbergung der Börse.
In der Folge wird ein Leitfaden für bewährte Verfahren erstellt, der es anderen Unternehmen erlauben soll, Krypto-Dienstleistungen zu entwickeln. Dies ermöglicht den Aufbau eines Ökosystems zu einer Zeit, in der Firmen des Bereichs stets mit Skepsis begnegnet waren. Mit rund 70 Blockchain-Unternehmen gilt Neuenburg noch heute als ein überdurchschnittlich attraktiver Kanton für die Branche. Die betroffenen Krypto-Dienstleister befürchten nach der Strategieänderung der BCN einen negativen Wandel.
Aufwand überwiegt die Vorteile
Zuvor konnten Kunden von Krypto-Brokern wie Bity ihre Kryptowährungen direkt in Schweizer Franken umwandeln. Dabei übernahm der Dienstleister die Kundenüberprüfung zur Verhinderung von Geldwäsche (KYC/AML). Doch nun möchte die Neuenburger Kantonalbank nicht mehr als Schnittstelle für solche Geschäfte dienen. Aufgrund neuer Risikoanalysen sei die BCN zum Schluss gekommen, sie müsse die Herkunft der Gelder zur effektiven Vorbeugung von Geldwäsche ebenfalls überprüfen, wie die Neuenburger Kantonalbank auf Anfrage von CVJ.CH mitteilte. Dies würde einen erheblichen Mehraufwand für die Bank bedeuten, für den die Mittel aktuell zu knapp seien. Deshalb wird die BCN ihre Dienste den bisher betreuten Krypto-Brokern nicht mehr anbieten.
"Unsere Prozesse entwickeln sich ständig weiter, und es ist nicht das erste Mal, dass unsere Bank ihren Ansatz in einem Bereich ändert. Bei Krypto-Assets ist der regulatorische Rahmen klarer geworden. Das ist eine gute Nachricht für die Aktivitäten, die die Kästchen ankreuzen, aber eine schlechte für die Unternehmen, die die Bedingungen nicht erfüllen." - Pierre-Alain Leuenberger, Generaldirektor BCN, im Gespräch mit Le Temps
Der Richtungswechsel der BCN steht im direkten Gegensatz zu den Lancierungen einiger Kantonalbanken in der Deutschschweiz. Die Zuger und St. Galler Kantonalbank bieten ihren Kunden seit letztem Jahr den Handel und die Verwahrung mit Kryptowährungen an. In den kommenden Monaten wird sich ihnen die Luzerner Kantonalbank anschliessen. Der Rückschritt der BCN enttäuscht deshalb Krypto-Enthusiasten in der Westschweiz.