Seit 2020 nimmt der Softwarehersteller MicroStrategy Milliarden an Fremdkapital auf, um Bitcoin zu akquirieren. Bisher geht die Strategie auf. Die Aktie des Unternehmens liegt auf einem eindeutigen Allzeithoch. Doch wie funktioniert Michael Saylors Bitcoin-Strategy und besteht für die Branche ein Risiko?
Vor dem Einstieg in Bitcoin war MicroStrategy in erster Linie ein Unternehmen für Business-Intelligence- und Analysesoftware, das Werkzeuge für datengestützte Entscheidungsfindung und Unternehmensberichterstattung anbot. Seit über einer Dekade stagniert das Geschäft jedoch. Übrige Barmittel kann die Firma nicht skalierbar reinvestieren. Deshalb entschied MicroStrategy-CEO Michael Saylor im August 2020, erstmals eine Investition in Bitcoin zu tätigen. Nach der Erwägung verschiedener Vermögenswerte sei das Unternehmen zum Schluss gekommen, eine Investition in das "digitale Gold" sei die beste Verwendung ihrer Reserven. Die Strategie zahlt sich nach dem neuen Bitcoin-Allzeithoch im Dezember 2020 aus und die MicroStrategy-Aktie fliegt. Saylor entdeckt einen schier endlosen Kapitalkreislauf.
MicroStrategy wird zum Bitcoin-Hedgefonds
Statt nur überschüssigen Gewinn in Bitcoin zu investieren, nimmt MicroStrategy für die Investitionen Fremdkapital auf. Dies geschieht primär in der Form von Wandelanleihen. Wandelanleihen sind eine Art von Unternehmensanleihen, die Anlegern die Möglichkeit bieten, ihre Anleihen in eine vorher festgelegte Anzahl von Aktien des emittierenden Unternehmens umzuwandeln. Sie vereinen die Merkmale von Fremdkapital (regelmässige Zinszahlungen) und Eigenkapital (Potenzial für eine Wertsteigerung der Aktien). Aufgrund der erheblichen Kurssteigerungen findet MicroStrategy Nachfrage für Wandelanleihen mit langer Verfallsdauer (2027+) und tiefen Zinsen (unter 2%). Käufer der Anleihen sind weniger an den Zinsen und mehr am Aufwärtspotenzial der Aktien interessiert.
Das ganze aufgenommene Kapital steckt MicroStrategy direkt in die Kryptowährung. Die Milliarden an Kaufdruck helfen dem Bitcoin-Preis, weiter nach oben zu marschieren. Die Investitionen gewinnen an Wert, was den MicroStrategy-Aktienpreis unterstützt. Saylor erhält Zugang zu weiterem Fremdkapital. Diese Schleife möchte der CEO ad infinitum fortsetzen - solange Nachfrage für seine Anleihen vorhanden ist. Konkret soll MicroStrategy bis 2027 über 42 Milliarden USD aufnehmen und in Bitcoin investieren. Im November alleine nahm das Unternehmen 5 Milliarden USD zu einem Nullzins auf, wie aus den Medienmitteilungen hervorgeht.
Eine nachhaltige Strategie?
Kurz gefasst verkauft Saylor Call-Optionen auf MicroStrategy-Aktien, um so viel Bitcoin wie möglich zu akkumulieren. Unter den Anleihenkäufern befinden sich Versicherungsgiganten wie die Allianz. Die möglichen Kursgewinne verlocken mehr als die üblichen 5% p.a. Renditen herkömmlicher Anleihen. Steigt der Bitcoin-Preis nicht genug, erhalten die Investoren ihr Kapital zurück. Sie nehmen einzig die Opportunitätskosten und das Risiko einer MicroStrategy-Insolvenz auf sich. Diese gehebelte Bitcoin-Strategie wird mittlerweile mit einer Prämie auf die gehaltenen Vermögenswerte eingepreist. Bis dato hat MicroStrategy 386'700 Bitcoin im Wert von 37 Mrd. USD für 21.9 Mrd. USD zu einem durchschnittlichen Preis von 56'761 USD erworben. Bei einer aktuellen Marktbewertung von knapp 90 Mrd. USD ergibt sich ein Multiplikator von rund 2.4x auf die Assets des Unternehmens.
Einige Anleger sehen in diesem Multiplikator eine relative Überbewertung der MicroStrategy-Aktie. So gab der bekannte Leerverkäufer Citron Research vergangene Woche eine Short-Position bekannt. Die Unternehmensbewertung habe sich völlig von den Bitcoin-Fundamentaldaten abgekoppelt. Letztendlich existiert aber kein direkter Mechanismus, um die Bitcoin gegen Aktien einzulösen. Und MicroStrategy muss bis frühestens 2027 keine Kredite zurückbezahlen. Solange der Bitcoin-Preis weiter steigt, funktioniert der Kreislauf. Erst bei einem erheblichen Kurssturz könnte Saylor in ferner Zukunft gezwungen sein, einen Teil seiner Bestände zu veräussern.