Der Vorsitzende der Tschechischen Nationalbank möchte die Reserven des Landes im Wert von Milliarden Euro in Bitcoin investieren. Damit wäre die Institution die erste westliche Zentralbank, die Kryptowährungen in ihrer Bilanz führt.
Gouverneur Aleš Michl werde dem Vorstand bei einer Sitzung am Donnerstag einen Plan zur Investition in Bitcoin vorlegen, um die Reserven der Česká národní banka (CNB, dt. = Tschechische Nationalbank) zu diversifizieren. Das berichtete die Financial Times. Sollte der Vorstand der Nationalbank den Vorschlag genehmigen, könnte die CNB bis zu 5% ihrer 140 Milliarden Euro an Reserven in Bitcoin investieren.
Bitcoin ist nicht mehr zu stoppen
Michl räumte zwar die Volatilität und die begrenzte Historie von Bitcoin ein. Der Chef der Tschechischen Nationalbank betonte aber das wachsende Interesse der Anleger an Bitcoin, seit BlackRock, Fidelity und andere Firmen im vergangenen Jahr börsengehandelte Bitcoin-ETFs auf den Markt gebracht haben. Diese verwalten mittlerweile über 100 Milliarden USD an Vermögenswerten.
Der Vorsitzende der CNB verwies auch auf die Deregulierungsversprechen von US-Präsident Donald Trump und den wachsenden Einfluss von Führungskräften im Bereich Kryptowährungen auf seine Regierung. In einer Durchführungsverordnung richtete Trump letzte Woche eine Arbeitsgruppe ein, die verschiedene Initiativen zur Schaffung der "Krypto-Supermacht USA" prüfen soll. Unter anderem wird die Gruppe Gesetzesvorschläge ausarbeiten und evaluieren, ob die Vereinigten Staaten eine nationale Krypto-Reserve schaffen sollen. Michl sieht den Bitcoin-Vorschlag aber als langfristige Investition für die Tschechische Nationalbank.
"Für die Diversifizierung unserer Vermögenswerte scheint Bitcoin gut zu sein. Diese [Trump-]Leute können jetzt eine Art Blase für Bitcoin schaffen, aber ich denke, der Trend wäre auch ohne diese Leute steigend, weil es eine Alternative [für Investitionen] für mehr Menschen ist." - Aleš Michl, Gouverneur der Tschechischen Nationalbank im Gespräch mit FT
Kein gewöhnlicher Zentralbanker
Hierzulande läuft eine Volksinitiative, um die Schweizerische Nationalbank zur Investition in Bitcoin zu verpflichten. Die Initiative folgte auf abweisende Kommentare des SNB-Vorstands. Laut Martin Schlegel, dem Präsidenten des Direktoriums, habe Bitcoin wenig Sinn und sei aufgrund der Volatilität unbrauchbar als Zahlungsmittel. Andere Notenbanken schätzen Kryptowährungen ähnlich ein - immerhin fordert Bitcoins Grundsatz ihre eigene Existenz heraus. Michl habe allerdings eine "völlig andere Philosophie". Der CNB-Chef betrachte eine Bitcoin-Investition aus Sicht der Ertragsabschätzung.
"Wenn man meine Position mit der anderer Banker vergleicht, bin ich natürlich derjenige, der in den Dschungel geht, oder der Pionier. Ich habe früher einen Investmentfonds geleitet, also bin ich ein typischer Investmentbanker, würde ich sagen. Ich mag Rentabilität." - Aleš Michl
Hätte die Tschechische Nationalbank in den letzten zehn Jahren 5% ihrer Devisenreserven in Bitcoin gehalten, wären ihre jährlichen Renditen laut der CNB um 3.5 Prozentpunkte gestiegen. Die Volatilität hätte sich etwa verdoppelt. Michl meint, dass in den nächsten Jahren weitere Zentralbanken seinem Beispiel folgen könnten. Ähnlich haben kürzlich mehrere Fonds und Geschäftsbanken ihre Strategie geändert, um Krypto-Assets in ihr Angebot aufzunehmen. Spieltheoretisch macht es für jeden grösseren Akteur Sinn, vor den anderen einzusteigen. Pioniere profitieren bei der frühen Adoption einer exponentiellen Technologie am meisten.