Dank der Ansiedlung der ersten Krypto-Unternehmen ab dem Jahr 2013 im Raum Zug wurde in Anlehnung an das "Silicon Valley" schon bald der Begriff "Crypto Valley" geboren. Heute ist die Region als einer der führenden Blockchain-Hubs der Welt bekannt. Ein Gespräch mit dem Schweizer Krypto-Unternehmer Sheraz Ahmed.
Die Schweiz konnte dank Politik und Regulation früh die nötige Rechtssicherheit für ein blühendes Ökosystem rund um Blockchain und Kryptowährungen schaffen. Der Regulator, welcher die Grundlage für eine Branche vorgibt, ist bereits seit 2015 aktiv. Hinzu kamen unterstützende Organisationen, die zur unternehmensübergreifenden Kollaboration beitrugen. Die Sicht auf das Ökosystem aus der Perspektive eines Unternehmers.
CVJ.CH: Wie haben Sie die Krypto-Branche entdeckt?
Sheraz Ahmed: Ich habe mich an der Universität mit Kryptowährungen befasst und handelte hauptsächlich aus der Perspektive der technischen Analyse. Ich beschäftigte mich mit Devisen und interessierte mich für Finanzanlagen. Aber als Student mit nur ein paar Hundert Euro war die traditionelle Welt der Finanzinvestitionen nicht sehr zugänglich. Ich hatte einen Freund, der 2014 die Draper University besuchte. Tim Draper, ein bekannter Bitcoin-Enthusiast, inspirierte ihn 2014, sein gesamtes Bar-Mizwa-Geld in Bitcoin zu investieren. Er blickte nie zurück. Wir waren Zimmergenossen an der Universität, und er erzählte mir immer wieder von diesem "Internetgeld", das ihm 2-3-fache Renditen einbrachte.
Ich habe mich mehr damit beschäftigt, zunächst aus rein technologischer Sicht, da ich Ähnlichkeiten mit Massively Multiplayer Online Role-Playing Games (MMORPGs) sah. Im Rahmen des Handels beschäftigte ich mich mit der technischen und fundamentalen Analyse, las mehr über Projekte und die innovative Energie in der Branche. Diese Energie war recht neu und weniger von Betrug geprägt. Ich sah darin eine spannende Alternative zu traditionellen Karrierewegen wie Beratung oder Bankwesen, die mir sehr strukturiert und einschränkend erschienen.
Und wann wurde aus dem Hobby ein Beruf?
Schliesslich schloss ich mich 2017 einem Unternehmen im Crypto Valley an. Unsere Aufgabe war es, an der Tokenisierung von Vermögenswerten, der Demokratisierung von Investitionslösungen und mehr zu arbeiten. Die regulatorische Perspektive machte grenzüberschreitende Wertpapiere zu einer Herausforderung, auch wenn sie heute einfacher ist als vor zehn Jahren. Ich blieb im Crypto Valley und beriet Start-ups, half bei Marketing, Investor Relations und Geschäftsentwicklung.
Auf dem Weltwirtschaftsforum 2020 traf ich Jerome Bailly, den damaligen Geschäftsführer der Crypto Valley Association (CVA). Er baute sein Team auf und bot mir die Rolle des Co-Executive Directors neben Nikki an. Sie war für Marketing und Veranstaltungen zuständig, während ich mich auf die Geschäftsentwicklung und die Mitgliederverwaltung konzentrierte. Wir arbeiteten mehrere Jahre lang zusammen. Heute bin ich in einer nicht-geschäftsführenden Funktion als Direktor für das Ökosystem tätig. Während der Pandemie gründete ich STORM Partners, um Einzelpersonen und Unternehmen in diesem Bereich zu unterstützen.
Womit beschäftigen Sie sich im Moment?
Mit STORM Partners möchte ich zwei Hauptprobleme angehen: den Mangel an Vertrauen in der Branche und die Fülle an Vermittlern, denen es oft an Fachwissen fehlt. Wir haben eine All-in-One-Lösung geschaffen, indem wir Marketingexperten, Investor-Relations-Spezialisten, Rechtsberater und Compliance-Beauftragte unter einem Dach zusammengeführt haben. Dies ermöglicht kohärente Strategien und eine bessere Unterstützung für unsere Kunden. In den letzten vier Jahren sind wir auf ein Team von 21 Mitarbeitern angewachsen, das hauptsächlich in der Schweiz ansässig ist, aber auch Teams in Italien, London, Spanien und an anderen Standorten hat. Wir konzentrieren uns hauptsächlich auf die europäischen Märkte, haben aber auch Kunden auf der ganzen Welt. Unser Kundenkreis reicht von Start-ups und Scale-ups bis hin zu Unternehmen, Regierungen und Banken.
Meine Aufgabe ist es, Unternehmern Werkzeuge zur Verfügung zu stellen, mit denen sie ihre Ziele im Web3 erreichen können. Vor kurzem haben wir in Genf ein Innovationszentrum namens Decentral House gegründet, das Co-Working-Spaces, Veranstaltungsräume und Verwaltungsdienste für Unternehmen in der Frühphase bietet. Darüber hinaus haben wir Sky Financial, einen regulierten Finanzintermediär, der uns bei Krypto-Fiat-Transaktionen, der Syndizierung von Privatverkäufen und der Strukturierung von Finanzprodukten unterstützt. Unser Ziel ist es, Ökosysteme dabei zu unterstützen, sich nachhaltig zu entwickeln, die Finanzmittel zu verwalten und das Kapital effektiv einzusetzen. Indem wir uns auf ihre Bedürfnisse konzentrieren, können wir Start-ups und Unternehmen bei der Einführung neuer Technologien helfen und so einen Beitrag zur breiteren digitalen Wirtschaft leisten.
Was sind die Hauptprobleme, die Sie bei Projekten sehen?
Projekte in der Anfangsphase stehen vor vielen Herausforderungen. Kein Unternehmen kann alles abdecken, daher ist es wichtig, Lücken zu erkennen und sie entweder zu schliessen oder sich auf kritischere Themen zu konzentrieren. Zusammenarbeit und Bescheidenheit sind von entscheidender Bedeutung, ebenso wie die Suche nach zuverlässigen Partnern, die langfristige Unterstützung leisten können. Vertrauen ist von entscheidender Bedeutung; wir müssen wachsam und ehrlich miteinander umgehen, um Fehler der Vergangenheit wie die Vorfälle bei FTX und Terra/Luna zu vermeiden, die uns erheblich zurückgeworfen haben. Wir sollten den schweizerischen Ansatz "slow and steady" übernehmen und nicht versuchen, alles auf einmal zu machen.
Welche Trends werden sich Ihrer Meinung nach in den nächsten Jahren abzeichnen?
Dezentrale physische Infrastrukturnetze (DePIN) und Tokenisierung sind interessante Trends. Tokenisierung gibt es zwar schon seit zehn Jahren, aber Verbesserungen in der Gesetzgebung und Technologie werden zu einer breiteren Akzeptanz führen. Die Nutzung der Blockchain-Technologie durch Institutionen, Unternehmen und Behörden wird zunehmen, wobei die Auswirkungen auf öffentliche Krypto-Märkte noch abzuwarten sind.
Auch nicht-fungible Token (NFTs) werden weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Trotz der Skepsis gegenüber dem Metaverse werden sich die virtuelle Realität und verwandte Technologien weiterentwickeln und zu einem festen Bestandteil der Zukunft werden. Das Innovationstempo wird sich mit der künstlichen Intelligenz beschleunigen, die schließlich in vielen Bereichen die menschlichen Fähigkeiten übertreffen wird. Heute ist das Umfeld reifer geworden, mit einer neutraleren Stimmung im Vergleich zu den volatilen Emotionen der vergangenen Bullen- und Bärenmärkte. Diese Reife und der Zustrom neuer Akteure machen es zu einer spannenden Zeit für die Branche.
Sheraz Ahmed ist Managing Partner von STORM Partners und Ökosystem-Direktor der Crypto Valley Association (CVA). Als erfahrener Experte mit einem tiefgreifenden Verständnis für Innovation hat Sheraz Ahmed Hunderte von Unternehmen bei der Implementierung moderner Praktiken beraten, um ihre Geschäftsziele zu erreichen. Er treibt Wachstum, Zusammenarbeit und Integrität im globalen Blockchain-Ökosystem voran!