Die Börse Stuttgart Digital Exchange (BSDEX) ist der erste multilaterale und regulierte Handelsplatz für digitale Assets in Deutschland. Aktuell sind über 20'000 Teilnehmer an die BSDEX angebunden – sowohl Privatanleger als auch institutionelle Akteure. Ein Gespräch mit CEO Sebastian Warnke.
Als einzige klassische Börse in Europa betreibt die Gruppe Börse Stuttgart mit der BSDEX ein multilaterales Handelssystem für Kryptowährungen. Gehandelt werden nahezu rund um die Uhr an sieben Tagen pro Woche die Kryptowährungen Bitcoin (BTC), Ethereum (ETH), Litecoin (LTC) und Ripple (XRP). Dabei bringt die Gruppe Börse Stuttgart ihre Erfahrung aus 160 Jahren Wertpapierhandel auch in den Markt für digitale Assets ein – als langfristig verlässlicher Partner für Anleger.
CVJ.CH: Seit wann beschäftigt sich die Gruppe Börse Stuttgart mit den Themen Blockchain und Krypto-Assets?
Sebastian Warnke: Im Rahmen ihrer Digitalisierungsstrategie hat die Gruppe Börse Stuttgart bereits 2017 als Vorreiter in der Finanzbranche auf die Blockchain und Krypto-Assets gesetzt. Schon damals stiegen das öffentliche Interesse und die Nachfrage von Anlegern spürbar an. Im ersten Schritt wollte die Gruppe Börse Stuttgart Privatanlegern einen verlässlichen und unkomplizierten Zugang zu Kryptowährungen bieten – im Januar 2019 wurde hierfür die BISON App lanciert. Im September 2019 ging dann die Boerse Stuttgart Digital Exchange (BSDEX) als erster regulierter und multilateraler Handelsplatz für digitale Assets in Deutschland an den Start. Seither stoßen beide Angebote auf reges Interesse und werden kontinuierlich weiterentwickelt. Um die treuhänderische Verwahrung von Kryptowährungen für die Nutzer kümmert sich jeweils die blocknox GmbH, eine weitere Tochtergesellschaft der Gruppe Börse Stuttgart.
Inwiefern eignen sich Kryptowährungen als Anlageklasse?
Inzwischen haben sich Kryptowährungen aus meiner Sicht sowohl bei Privatanlegern als auch bei institutionellen Investoren als Anlageklasse etabliert. Dabei sind Kryptowährungen – gerade auch in den letzten Monaten – nach wie vor äußerst volatil. Gleichzeitig bieten sie risikobewussten Investoren, die an der Preisentwicklung teilhaben möchten, spannende Möglichkeiten. Zudem können Anleger ihr Portfolio durch eine Investition in Kryptowährungen weiter diversifizieren. Einige Investoren begreifen Bitcoin auch als Wertspeicher und Alternative zu Gold, etwa mit Blick auf einen Inflationsschutz.
Werden digitale Vermögenswerte nachhaltig den Weg in das traditionelle Finanzsystem finden?
Digitale Vermögenswerte und Krypto-Assets werden den Kapitalmarkt tiefgreifend verändern. Denn die Blockchain-Technologie ermöglicht es, bestehende Finanzprodukte in die digitale Welt zu überführen und neue, digitale Produkte zu gestalten. Der Wandel umfasst dabei alle Stufen der Wertschöpfungskette – vom Marktzugang für Emittenten und Anleger über den Handel bis hin zur Verwahrung.
Diese Entwicklung wird sich weiter fortsetzen. Aufgrund der starken Kundennachfrage im Kryptobereich nimmt auch das Interesse von institutionellen Akteuren der Finanzindustrie kontinuierlich zu, und wir sehen ständig neue Angebote und Initiativen. Krypto-Assets sind also gekommen, um zu bleiben.
Wie beurteilen sie die Koexistenz von Krypto-Börsen und traditionellen Dienstleistern?
Gerade in den letzten Jahren sind Krypto-Börsen vergleichsweise rasch gewachsen und können dabei aufgrund ihrer schlanken Strukturen möglicherweise schneller agieren.
Etablierte Akteure – wie die Gruppe Börse Stuttgart, die hinter der Boerse Stuttgart Digital Exchange steht – sind durch ihre Erfahrungen mit Regulierung im Vorteil und können ihre Expertise mit anderen Assetklassen einbringen. Zudem genießen sie bei Anlegern hohes Vertrauen, das speziell im Handel mit Kryptowährungen von großer Bedeutung ist. Bei der BSDEX trägt dazu bei, dass alle beteiligten Partner ihren Sitz in Deutschland haben – von der Legitimation über den Handel bis zur Verwahrung. Wir können durch Stabilität, Verlässlichkeit und Transparenz punkten und erfüllen alle rechtlichen Anforderungen.
Gerade die Mischung aus traditionellen Playern und neu aufkommenden Anbietern ergibt derzeit ein sehr spannendes Markt- und Wettbewerbsumfeld bei Krypto-Assets. Diesem Wettbewerb stellen wir uns gerne.
Wie sieht die Zukunft der Blockchain-Technologie aus?
Die Nutzung von Blockchain-Technologie dürfte sich stark ausweiten. Manche Beobachter ziehen hier Parallelen zur Frühzeit des Internet. Insofern ist eine Vielzahl an neuen Produkten für B2C- und B2B-Zielgruppen zu erwarten. Im Finanzbereich reicht das Spektrum von Payment und Identifikation über Investment-Themen bis zu digitalen Rechten (NFTs). Und auch Regierungen, Notenbanken und andere öffentliche Institutionen befassen sich konkret mit Anwendungsmöglichkeiten der Blockchain.
Welche Rolle wird die Gruppe Börse Stuttgart dabei spielen?
Die Gruppe Börse Stuttgart macht Privatanlegern und institutionellen Investoren bereits heute zuverlässige Angebote für die Verwahrung und den Handel von Kryptowährungen. Sie wird den Markt für digitale Assets auch weiterhin aktiv mitgestalten und ihrer Vorreiterrolle auch in Zukunft gerecht werden. Ziel ist ein internationales und durchgehendes Ökosystem für digitale Assets.
Könnte der oft erwähnte Schwachpunkt der Regulierung von Kryptowährungen irgendwann ein Problem darstellen?
In der Tat ist ein regulatorischer Rahmen für einen funktionierenden Kryptomarkt essentiell. Gerade institutionelle Akteure können nur in einem regulierten Umfeld agieren, wie es beispielsweise beim Handel an der Boerse Stuttgart Digital Exchange vorliegt.
Ein sinnvoller Schritt war die Regulierung des Kryptoverwahrgeschäfts als Finanzdienstleistung in Deutschland zu Beginn des Jahres 2020. Das deutsche Gesetz zu elektronischen Wertpapieren (eWPG) ist mittlerweile ebenfalls in Kraft, weist allerdings einen beschränkten Anwendungsbereich auf. So sieht diese Modernisierung des deutschen Wertpapierrechts beispielsweise noch keine digitalen Aktien vor.
In Zukunft wird es wichtig sein, Gesetzgebung und Regulierung praxistauglich und innovationsfreundlich auszugestalten, damit sie eine positive Wirkung entfalten können. Konkret bedeutet dies auch, Stellungnahmen und Änderungsvorschläge der Marktakteure in die finale Ausgestaltung von Gesetzen und Regulierungen einzubeziehen. Das gilt sowohl auf nationaler Ebene als auch international, etwa in der EU.
Wie beurteilen sie den aktuellen Status von Krypto-Assets in Deutschland?
Insbesondere in den letzten Monaten spüren wir eine hohe Nachfrage bei Anlegern nach Krypto-Assets. Das zeigt sich auch im Handelsvolumen an der Boerse Stuttgart Digital Exchange, das kürzlich die Marke von 1.3 Milliarden Euro seit Markteintritt überschritten hat. Mit der fortschreitenden Regulierung und der hohen Dynamik im Markt gehen zahlreiche neue Angebote für Privatanleger und institutionelle Investoren einher. In Summe bleiben Krypto-Assets auch speziell in Deutschland in den kommenden Jahren sicher ein aussichtsreiches Feld.
Sebastian Warnke ist seit Juli 2021 Geschäftsführer der Boerse Stuttgart Digital Exchange GmbH. Die technische Betreibergesellschaft der BSDEX ist ein Gemeinschaftsunternehmen der Gruppe Börse Stuttgart, Axel Springer, finanzen.net und SBI Crypto Investment. Zuvor war Warnke bei der BSDEX seit September 2019 als Head of Business Development and Strategy tätig. Von 2014 bis 2019 arbeitete Warnke als Senior Business Analyst und Investment Manager bei der SPRING Axel Springer Digital News Media GmbH & Co. KG im Bereich M&A, Beteiligungsmanagement und Venture Investments.