In den nächsten 24 Stunden wird die Bitcoin-Inflationsrate durch ein weiteres "Halving" reduziert. Dieses alle vier Jahre stattfindende Ereignis bildet eine zentrale Säule in der Geldpolitik Bitcoins. Doch was genau ist das Bitcoin-Halving und wie wirkt es sich auf den Preis des digitalen Goldes aus?
Bitcoin stellt eine wegweisende Entwicklung in der Finanzwelt dar und ist die erste erfolgreiche Implementierung einer dezentralen digitalen Währung. Das verteilte Zahlungssystem ermöglicht einen sicheren und direkten Transfer von digitalem Geld ohne die Notwendigkeit einer Drittpartei. Als Teil dieser Vision eines unabhängigen Netzwerks ist auch die Geldpolitik Bitcoins programmatisch vorgegeben. Die Inflation des "digitalen Goldes" verringert sich alle vier Jahre und stoppt um das Jahr 2140, wenn die maximale Menge von 21 Millionen Bitcoin erreicht ist. Das Bitcoin-Halving ist deshalb zentral für Bitcoins Wahrnehmung als alternatives Geldsystem.
Was ist das Bitcoin-Halving?
Derzeit sind knapp 19.4 Millionen Bitcoin im Umlauf. Neu geschaffene Bitcoins werden an sogenannte Miner vergütet, die Rechenleistung zur Sicherung des Blockchain-Systems beitragen. Diese Blockbelohnung wird alle vier Jahre halbiert, was als "Halving" bezeichnet wird. Infolgedessen nimmt die Zahl der neu geschaffenen Bitcoins exponenziell ab, bis das theoretische Maximum von 21 Millionen Bitcoins erreicht ist. Mit einer durchschnittlichen Blockzeit von 10 Minuten dürfte diese Zahl im Jahr 2140 erreicht werden. Das nächste Bitcoin-Halving wiederum wird in den nächsten 24 Stunden stattfinden.
Wir nähern uns nun dem vierten Halving in der Bitcoin-Geschichte und können auf deshalb auf eine umfassende Historie zurückblicken. Ursprünglich betrug die Belohnung für das Mining 50 BTC pro erzeugtem Block. Im November 2012 sank sie auf 25 BTC und im Juli 2016 ging sie weiter auf 12.5 BTC zurück. Seit dem 11. Mai beträgt die Belohnung 6.25 BTC für jeden neu geschürften Block, bald sind es nur noch 3.125 BTC.
Welche Auswirkungen hat ein Halving auf den Bitcoin-Preis?
Bitcoin wurde als begrenzter digitaler Vermögenswert konzipiert. Ähnlich wie bei Rohstoffen wie Silber oder Gold wird sein Preis durch die Dynamik von Angebot und Nachfrage beeinflusst. Dank dem "Halving" wird die Zahl der neu in Umlauf gebrachten Bitcoin alle vier Jahre reduziert, wodurch das Angebot knapper wird und die Inflationsrate sinkt. Derzeit werden täglich etwa 900 neue Bitcoin im Wert von 60 Mio. USD geschaffen und an Miner verteilt. Die Miner verkaufen in der Regel einen erheblichen Teil dieser Belohnungen, um ihren Betrieb zu finanzieren. Mit dem bevorstehenden Halving wird sich dieses neu geschaffene Angebot halbieren, was theoretisch dazu führt, dass täglich nur noch Bitcoin im Wert von 30 Mio. USD auf den Markt kommen.
In der Vergangenheit haben die Halving-Zyklen wiederkehrende Preismuster für Bitcoin etabliert. Marktteilnehmer preisen die effektive Inflationsreduzierung oftmals Monate im Voraus ein, das angehende Momentum beflügelte Bitcoin historisch gesehen dann in einen längeren Bullenmarkt. Schliesslich sind die grundlegenden Veränderungen im Bitcoin-Angebot real und spielen eine entscheidende Rolle bei der Definition von Bitcoin als knappes digitales Gut. In Krypto-Kreisen wird deshalb oft von Vier-Jahres-Zyklen gesprochen, die durch je zwei Jahre rasche Preissteigerungen und -verluste geprägt sind.
Interessanterweise knackte der Bitcoin-Preis dieses Jahr zum ersten Mal in seiner Geschichte das Allzeithoch vor dem Halving. Mitverantwortlich waren die kürzlich genehmigten Spot-Bitcoin-ETFs. Seit der Zulassung Mitte Januar verzeichneten diese Produkte über 12 Milliarden US-Dollar an Nettozuflüssen. Im Schnitt fügte dies 180 Millionen USD an Kaufdruck auf Bitcoin hinzu. Dies macht bereits jetzt mehr als die täglichen Mining-Belohnungen aus. Nach dem Halving könnte sich diese Dynamik zuspitzen.
Auswirkungen des Bitcoin-Halvings auf die Mining-Industrie
Das Bitcoin-Mining erfordert eine beträchtliche Menge an Energie, sowohl für die Rechenaufgaben als auch für die Kühlung der beteiligten Computer. Infolgedessen neigt die Mining-Industrie dazu, Standorte mit billigerem Strom zu bevorzugen. Die Kosten für das Bitcoin-Mining sind ausserdem abhängig von den Ausgaben für die Ausrüstung, den Strom und die Einrichtungen, in denen die Hardware untergebracht ist. Wenn die Belohnungen der Miner halbiert werden, muss sich der Bitcoin-Preis verdoppeln, um eine ähnliche Rentabilität wie vor dem Halving zu erreichen. Trotz der letzten beiden Halvings und harten Rückschlägen in China ist die gesamte Rechenleistung, die dem Netzwerk zur Verfügung steht, weiterhin stetig gestiegen und erreicht wöchentlich neue Höchststände.
Die Mining-Branche steht in ständigem Wettbewerb, der durch das Halving zweifelsohne verschärft wird. Im Vergleich zum letzten Halving im Mai 2020 können einige wichtige Beobachtungen gemacht werden: Es gibt mehr bedeutende Akteure im Mining-Sektor, effizientere Mining-Ausrüstung und einen stärkeren Wettbewerb als je zuvor. Während bis vor wenigen Jahren ein Grossteil der Mining-Aktivitäten in China stattfand, sind heute die Vereinigten Staaten weltweit führend. Aber auch Kanada, Kasachstan und Russland sind wichtige Akteure. Nach der Halbierung der Bitcoin-Inflation könnten einige Miner ihre Maschinen aufgrund der geringeren Rentabilität vorübergehend abschalten. Sollte der Bitcoin-Preis jedoch in Zukunft steigen, werden wahrscheinlich wieder mehr Miner auf den Markt kommen.