Der Rat der Europäischen Union verabschiedete am eine Verhandlungsposition zum digitalen Euro. Die Mitgliedstaaten einigten sich auf ein Modell, das sowohl Online- als auch Offline-Zahlungen ermöglicht. Damit weicht der Rat von der Position des Europäischen Parlaments ab, die ausschliesslich eine Offline-Variante vorsah.
Die Entscheidung ebnet den Weg für Verhandlungen zwischen Rat und Parlament über den rechtlichen Rahmen der digitalen Zentralbankwährung (CBDC). Die dänische Wirtschaftsministerin Stephanie Lose bezeichnete den digitalen Euro als wichtigen Schritt zu einem robusten europäischen Zahlungssystem. "Der digitale Euro kann zur strategischen Autonomie und wirtschaftlichen Sicherheit Europas beitragen sowie die internationale Rolle des Euro stärken", erklärte die Ministerin. Dänemark hält derzeit die rotierende Ratspräsidentschaft der EU.
Konflikt zwischen Rat und Parlament bei Funktionalität
Der EU-Rat setzt mit seiner Position auf maximale Flexibilität. Nutzer sollen den digitalen Euro jederzeit verwenden können – unabhängig davon, ob eine Internetverbindung besteht. Die Offline-Funktion gewährleistet dabei Resilienz bei Stromausfällen oder Netzwerkstörungen. Gleichzeitig ermöglicht die Online-Variante ein breiteres Spektrum digitaler Zahlungsvorgänge.
Fernando Navarrete, Berichterstatter des Europäischen Parlaments für den digitalen Euro, vertritt hingegen eine andere Strategie. Der ehemalige spanische Zentralbanker fordert zunächst ausschliesslich eine Offline-Variante. Diese funktioniere als tokenbasierte Form von digitalem Bargeld ohne Kontoanbindung. Navarrete argumentiert, dass die Offline-Version maximalen Datenschutz biete – vergleichbar mit Bargeld. Zahlungen müssten nicht über zentrale Infrastrukturen geleitet oder aufgezeichnet werden.
Die Online-Variante solle laut Navarrete erst eingeführt werden, falls der Privatsektor bis 2029 keine eigene Lösung entwickelt habe. Die Europäische Zentralbank lehnte diesen Ansatz jedoch ab. Eine Beschränkung des Funktionsumfangs würde die Vorteile einer Zentralbankwährung untergraben, so die EZB. Der Rat folgt dieser Einschätzung mit seinem Beschluss vom 19. Dezember.
Obergrenzen als Schutz für Finanzstabilität und Bankeneinlagen
Der Text des Rates sieht Obergrenzen für digitale Euro-Guthaben vor. Diese Limits sollen verhindern, dass Nutzer den digitalen Euro als Wertaufbewahrungsmittel einsetzen. Ausserdem schützen sie das Bankensystem vor massiven Einlagenabflüssen. Die EZB legt die konkreten Obergrenzen fest, allerdings muss sie dabei eine vom Rat vereinbarte Höchstgrenze einhalten. Diese Obergrenze wird mindestens alle zwei Jahre überprüft.
Die EZB untersuchte im Auftrag der Gesetzgeber verschiedene Haltelimits zwischen 500 und 3'000 Euro pro Person. Die Analyse bestätigte, dass Obergrenzen Einlagenabflüsse wirksam begrenzen können. Selbst unter einem extrem konservativen Krisenszenario mit einem Limit von 3'000 Euro würde die Finanzstabilität nicht gefährdet, so die EZB. Eine Studie von Copenhagen Economics ermittelte allerdings, dass bei dieser Obergrenze bis zu 739 Milliarden Euro an Bankeinlagen abfliessen könnten. Dies entspricht zehn Prozent der gesamten Einlagenbasis privater Haushalte im Euroraum.
Geschäftskunden erhalten ein Haltelimit von null Euro. Sie können den digitalen Euro zwar für bestimmte Zahlungen verwenden, allerdings keine Guthaben ansammeln. Privatnutzer können höhere Beträge zahlen, indem sie ihr digitales Euro-Wallet mit einem Bankkonto verknüpfen. Zahlungen über dem Haltelimit werden dann automatisch vom verknüpften Konto abgebuchen.
Gebührenmodell mit fünfjähriger Übergangsphase
Zahlungsdienstleister müssen bestimmte Basisdienste kostenlos anbieten. Für Zusatzfunktionen dürfen sie jedoch Gebühren erheben. Der Rat vereinbarte eine Übergangsphase von mindestens fünf Jahren. In diesem Zeitraum werden Interchange- und Händlergebühren gedeckelt. Die Obergrenze orientiert sich am Niveau vergleichbarer Zahlungsmittel.
Spanien schlug vor, die Interchange-Gebühr während der Übergangsphase auf 0.2 Prozent zu begrenzen. Dieser Wert entspricht der Obergrenze für Debitkarten gemäss der EU-Interchange-Gebührenverordnung von 2015. Nach Ablauf der fünf Jahre sollen die Gebühren auf Basis der tatsächlichen Betriebskosten berechnet werden. Dieses Modell trägt der Tatsache Rechnung, dass die Kosten der Zahlungsdienstleister zum Startzeitpunkt noch unbekannt sind.
Die EZB bezeichnete den digitalen Euro als kosteneffiziente Alternative zur fragmentierten europäischen Zahlungslandschaft. Allerdings tragen gemäss dem aktuellen Konzept ausschliesslich Händler die Kosten über Akzeptanzgebühren. Diese umfassen eine angemessene Gewinnmarge für die beteiligten Zahlungsdienstleister. Eine Analyse der EZB schätzt, dass Banken im Euroraum zwischen vier und 5.8 Milliarden Euro über vier Jahre investieren müssen, um ihre Systeme anzubinden.
Zweijährige Vorbereitungsphase abgeschlossen
Die EZB startete das Projekt digitaler Euro bereits 2021. Der Fortschritt hing jedoch massgeblich von politischen Vereinbarungen ab. Die Europäische Kommission legte 2023 einen Legislativvorschlag vor. Dennoch benötigten die Mitgliedstaaten mehr als zwei Jahre, um eine gemeinsame Position zu finden.
Die EZB schloss im Oktober 2025 ihre zweijährige Vorbereitungsphase ab, die im November 2023 begonnen hatte. Zu den wichtigsten Ergebnissen zählen ein Entwurf des Regelwerks für den digitalen Euro sowie die Auswahl von Anbietern für Plattformkomponenten und Infrastruktur. Zudem führte die Zentralbank eine Innovationsplattform für Experimente mit Marktteilnehmern durch. Ein technisches Team untersuchte die Integration des digitalen Euro in das bestehende Zahlungsökosystem.
Das Europäische Parlament muss nun seinerseits eine finale Position erarbeiten. Danach können formelle Verhandlungen zwischen Parlament und Rat beginnen. Falls die Gesetzgeber 2026 eine Einigung erzielen, könnte die EZB 2027 eine Pilotphase starten. Die erste Ausgabe des digitalen Euro an die Öffentlichkeit wäre frühestens 2029 möglich. Die EZB geht von diesem Zeitplan aus und bereitet die notwendige technische Kapazität vor.
Strategische Autonomie als Hauptargument
Die Position des Rates betont den Datenschutz. Der Text sieht einen hohen Schutz der Privatsphäre bei Zahlungen und Überweisungen vor. EU-Vertreter reagieren damit auf öffentliche Bedenken hinsichtlich Überwachung und Datennutzung. Parallel zum digitalen Euro vereinbarte der Rat eine Verordnung zum Schutz von Bargeld. Diese bekräftigt, dass Euro-Banknoten und Münzen das einzige gesetzliche Zahlungsmittel im Euroraum bleiben und weithin akzeptiert werden müssen.
Die dänische Ratspräsidentschaft identifizierte drei zentrale politische Streitpunkte: die Governance der Haltelimits, den Datenschutz und das Vergütungsmodell. Der Beschluss vom 19. Dezember adressiert alle drei Bereiche. Die Limits werden durch enge Koordination zwischen EZB und nationalen Behörden verwaltet. Der Datenschutz orientiert sich an Bargeld-Standards. Das Gebührenmodell ermöglicht Kostendeckung für Zahlungsdienstleister bei gleichzeitiger Preiskontrolle während der Einführungsphase.
Die europäischen Staats- und Regierungschefs forderten beim Euro-Gipfel im Oktober 2025 eine Beschleunigung des Projekts. Der Ratsbeschluss entspricht dieser Aufforderung. Die Mitgliedstaaten sehen den digitalen Euro als Instrument zur Stärkung der europäischen Zahlungssouveränität. Gleichzeitig soll er die Abhängigkeit von ausländischen Zahlungsanbietern reduzieren und die internationale Rolle des Euro fördern.








