Ein zusammenfassender wöchentlicher Rückblick auf die Geschehnisse an den Kryptomärkten mit Fokus auf Trendsektoren, Liquidität, Volatilität, Spreads und mehr in Zusammenarbeit mit Marktdatenanbieter Kaiko.
Die letzten 7 Tage auf den Krypto-Märkten:
- Preisbewegungen: Bitcoin wurde unmittelbar nach der Invasion mit einem Aufschlag von 6% gegenüber der ukrainischen Griwna gehandelt.
- Volumendynamik: Das Bitcoin- und Stablecoin-Volumen stieg sowohl auf dem russischen als auch auf dem ukrainischen Markt stark an.
- Orderbuch-Liquidität: Spreads und Slippage verschlechterten sich auf den globalen BTC-USD-Märkten inmitten hoher Volatilität.
- Derivate: Das Open Interest für Perpetual Futures ist auf einem 5-Monats-Tief.
- Makro-Trends: Die Goldpreise haben stark von der wachsenden geopolitischen Unsicherheit profitiert.
Invasion löst globale Volatilität aus
Die drastische Eskalation des Russland-Ukraine-Konflikts zu einer vollständigen Invasion löste einen dramatischen Ausverkauf an den globalen Finanzmärkten aus. Kryptowährungen stürzten ab, der S&P 500 erfuhr eine technische Korrektur und die Rohstoffpreise stiegen aufgrund von Befürchtungen über Versorgungsunterbrechungen in die Höhe. Die Märkte erholten sich bis Freitag und Bitcoin schloss am Sonntagabend mit einem Minus von nur 2.7%, obwohl die Volatilität im Laufe der Woche wahrscheinlich anhalten wird.
In dieser Woche werfen wir einen genaueren Blick darauf, wie die Invasion die globalen Finanzmärkte beeinflusst hat. Die Washington Post bezeichnete den Konflikt als "den ersten Kryptokrieg der Welt", da beide Seiten Vorteile in grenzenlosen, dezentralen Währungen sehen. Ein Blick auf die Daten zeigt bereits einen Anstieg der Kryptowährungstransaktionen in russischen Rubel und ukrainischen Griwna auf zentralen Börsen, welche folglich die ersten Kryptounternehmen sein könnten, die mit Sanktionen belegt werden. Letztendlich bringt Russlands Einmarsch in die Ukraine die Kryptowährungsindustrie in eine einzigartige und prekäre Lage, da sie ein Gleichgewicht zwischen der Durchsetzung von Sanktionen und der kompletten Offenheit dezentraler Netzwerke finden muss.
Bitcoin wird mit 6% Aufschlag gegenüber der ukrainischen Griwna gehandelt
Bitcoin wurde auf dem ukrainischen Griwna (UAH)-Markt von Binance mit einem Aufschlag von 6% gehandelt, da die Nachfrage nach Kryptowährungen unmittelbar nach der russischen Invasion in die Höhe schoss. Die Nachfrage stieg sprunghaft an, als die lokalen ukrainischen Währungsmärkte mit erheblichen Störungen konfrontiert wurden, da die ukrainische Zentralbank vorübergehend die Abhebung von Fremdwährungen stoppte und die ukrainische Griwna auf ein Allzeittief gegenüber dem US-Dollar fiel. Die Prämie misst den Unterschied zwischen dem Preis von Bitcoin auf den UAH-Märkten und den USD-Märkten. Die Prämien für BTC-RUB und BTC-EUR sind zum Vergleich ebenfalls in der Grafik dargestellt. Bitcoin wird an den russischen Märkten weiterhin mit einem leichten Abschlag gehandelt, obwohl der russische Rubel (RUB) gegenüber dem USD auf ein Allzeittief gefallen ist und die russische Zentralbank am Montag gezwungen war, ihre Leitzinsen zu erhöhen.
Tether-Prämie steigt auf 4-Monats-Hoch und bleibt volatil
Der grösste Stablecoin nach Marktkapitalisierung, Tether (USDT), wich während der Marktvolatilität der vergangenen Woche von seiner Eins-zu-Eins-Bindung an den US-Dollar ab. USDT wurde am 23. und 24. Februar bei über 1.003 Dollar gehandelt, dem höchsten Stand seit November 2021. Stablecoins weichen in Zeiten der Volatilität oft von ihrer Bindung ab, da Händler Mittel aus Kryptoanlagen in sichere Häfen umschichten. Der Preis von Tether wird anhand USDT-USD-Handelspaare berechnet, die an 10 Börsen gehandelt werden.
Auch gegenüber der ukrainischen Griwna stieg der USDT-Kurs auf den höchsten Stand aller Zeiten, während die Fiat-Währung gegenüber dem Dollar auf ein Allzeittief sank. Am Montagmorgen wurde 1 USDT für mehr als 32 UAH gehandelt, als die Nachfrage nach Stablecoins stark anstieg. USDT wird auch gegenüber dem russischen Rubel in Rekordhöhe gehandelt, während die Währung gegenüber dem Dollar auf Tiefststände sinkt. Da Händler sich beeilen, volatile Fiat-Währung in Stablecoins zu tauschen, könnten Emittenten unter erheblichen Druck geraten, Adressen zu überwachen, um eine Verletzung internationaler Sanktionen zu vermeiden.
Ukrainisches und russisches Krypto-Transaktionsvolumen steigt stark an
Sowohl das Rubel- als auch das Griwna-Handelsvolumen stiegen fast unmittelbar nach der russischen Invasion auf den höchsten Stand seit Monaten, was die Komplexität der Rolle der Kryptowährungsbranche in diesem Konflikt verdeutlicht. Das Volumen für die beiden Handelspaare RUB und UAH stieg viel schneller als das Volumen für andere Paare, was darauf hindeutet, dass die Krise das Handelsverhalten direkt beeinflusst. Die Rubel- und Griwna-Märkte werden nur an einer Handvoll globaler Börsen gehandelt, von denen Binance dominiert. Auch die nicht erfassten lokalen Börsen weisen ähnliche Trends auf, mit geringeren Volumina.
Ein fallender Rubel und ein eingeschränkter Zugang zum US-Dollar im Zuge der Sanktionswellen könnten die Attraktivität von USD-gebundenen Stablecoins besonders erhöhen. Die USDT-RUB-Handelsvolumina stiegen auf ein 10-Monats-Hoch und wiesen ein höheres Volumen auf als die BTC-RUB-Märkte (siehe Grafik oben). In der Zwischenzeit, da die ukrainische Währung abstürzt und der Zugang zu Bankdienstleistungen weiterhin unsicher ist, hat das Handelsvolumen von Kryptowährungen einen ähnlichen Anstieg erfahren (siehe Grafik unten).
Die UAH-Volumina stiegen auf ein 5-Monats-Hoch und der offizielle Twitter-Account der Ukraine veröffentlichte am Wochenende sogar mehrere Spendenaufrufe für Kryptowährungen. Heute findet der Grossteil des RUB- und UAH-Kryptowährungsvolumens auf Binance statt, einer zentralisierten Börse. Es wird interessant sein zu sehen, wie sich Sanktionen gegen globale Zahlungssysteme auf die Möglichkeit des Handels auf zentralisierten Märkten auswirken.
Open Interest sinkt auf ein Fünf-Monats-Tief
Das Open Interest an Bitcoin-Perpetual-Futures sank um 10% auf rund 7 Mrd. Dollar und damit auf den niedrigsten Stand seit 5 Monaten. Der Rückgang geschah, als die Bitcoin-Kassakurse am 24. Februar um 5% einbrachen, bevor sie am Wochenende wieder auf 39'000 Dollar anstiegen. Die Bewegung löste eine weitere Runde von Long- und Short-Liquidationen auf den Derivatemärkten aus. Der Rückgang war viel gradueller als während des Ausverkaufs im Januar, was durch geringere Leverage erklärt werden könnte. Insgesamt deutet der stetige Abwärtstrend bei der Zahl der offenen Kontrakte darauf hin, dass die Kapitalzuflüsse weiterhin schwach sind.
Die durchschnittlichen Finanzierungsraten für Bitcoin-Perpetual-Futures waren im Februar ebenfalls neutral und sanken in Zeiten der Volatilität ins Negative, bevor sie wieder zum Mittelwert zurückkehrten. Die Finanzierungsraten sind die Kosten für das Halten einer Long-Position und ein Gradmesser für die Marktstimmung und tendieren dazu, während Haussephasen positiv und während Baissephasen neutral/negativ zu sein.
Gold profitiert von der globalen Unsicherheit
Gold hat von der geopolitischen Unsicherheit im Februar stark profitiert und ist derzeit eine der wenigen traditionellen Finanzanlagen, die seit Anfang 2022 gestiegen sind. Als sich die Russland-Ukraine-Krise abspielte, stieg Gold auf Jahreshöchststände, bevor es leicht nachgab, als sich die Aktien erholten. Die Korrelation zwischen Bitcoin und Gold ist seit Oktober grösstenteils negativ, während die Korrelation mit Aktien gestiegen ist, was darauf hindeutet, dass Anleger die Kryptowährung eher als Risikoanlage und nicht als sicheren Hafen betrachten.
Seit die US-Notenbank im November eine restriktive Wende vollzogen hat, die Tech-Aktien und andere Risikoanlagen auf Talfahrt schickte, ist Bitcoin grösstenteils rückläufig. Gold hingegen hat sich in den letzten Wochen besser entwickelt als die meisten anderen Vermögenswerte, einschliesslich US-Staatsanleihen und Safe-Haven-Währungen als geopolitische Absicherung. Bitcoin könnte jedoch auch von der steigenden Nachfrage als sicherer Hafen profitieren, insbesondere in Anbetracht der Daten, die eine hohe Nachfrage von Händlern der ukrainischen Hyvrnia belegen.