Bewährt sich die Krypto-Währung Bitcoin in dieser Coronavirus-Krise, stehen wir vor einer Revolution im Geldsystem.
Wir stehen gerade vor einer historischen Zäsur. Die nächsten Monate werden zeigen, wie institutionelle Investoren auf die unzähligen Rettungspakete als Folge der Coronavirus-Krise mittelfristig reagieren werden. Klar ist: Staaten und Zentralbanken stehen mit dem Rücken zur Wand. Das Pulver ist schon zu Beginn der Krise verschossen. Sollten Anleger das Vertrauen in die getroffenen Massnahmen verlieren, wären die Folgen weit dramatischer als ein kurzfristiger Börsencrash.
Der erste grosse Test für Bitcoin
Niemand kann heute vorhersehen, wie unser Geldsystem in Zukunft aussehen wird, allerdings ist die Geschichte des Geldes immer wieder von teilweise radikalen Systemwechseln geprägt gewesen. Die historisch und in ihrem Ausmass einzigartigen Interventionen in den freien Markt dürften rückblickend der Anfang vom Ende unseres heutigen Geldsystems mit seinen «aus dem Nichts geschöpften» Fiat-Währungen bedeuten.
Bitcoin als «digitales Gold» und Fluchtwährung? Das gilt mehr denn je: 2008 wurde Bitcoin als Reaktion auf die Finanzkrise geschaffen – das aktuelle Chaos an den globalen Finanzmärkten ist somit der erste grosse Test, um sich als alternative und neue Vermögensklasse zu behaupten. Doch wenn Liquidität gebraucht wird, so wie jetzt, dann wird eben alles verkauft – ganz besonders risikoreiche Assets. John Bollinger, der Inventor der sogenannten Bollinger-Bänder, ein technischer Indikator, stellte zu Recht fest, dass Anleger in Krisensituationen «alles verkaufen, was irgendwie geht», und erst nachdem Vermögenswerte zu Cash gemacht worden sind, wird in krisensichere Werte wie Gold investiert.
Flucht in «hartes Geld»
Im Gegensatz zu staatlichen Währungshütern, welche (nicht erst seit dem Coronavirus) mit einer Geldlawine nach der anderen versuchen, einen «weiterhin funktionierenden Markt» sicherzustellen (und diese Idee damit pervertieren), regelt sich die Preisfindung bei Bitcoin einzig über Angebot und Nachfrage, ohne dass irgendwelche Intermediäre diesen direkt beeinflussen können. Bitcoin ist in der Menge begrenzt (auf exakt 21 Millionen Einheiten), das heisst im Gegensatz zu klassischem Fiat-Geld kann nicht nach Belieben mehr davon gedruckt werden. Über einen komplexen, aber klar vordefinierten Prozess werden neue Bitcoin analog zu anderen Rohstoffen wie zum Beispiel Gold «geschürft», das heisst die Anzahl neu verfügbarer Bitcoin ist nicht und von niemandem veränderbar.
In vermutlich bald hyperinflationären Zeiten ist das ein ganz klarer Vorteil und das klassische Geldsystem ist nicht mehr alternativlos. «Kreative Instrumente» wie Helikoptergeld und andere interventionistische Massnahmen sind bei Bitcoin in der Form nicht möglich, und weder die Politik noch (Zentral-)Banken oder sonstige Institutionen können die Parameter dieser neuen dezentral strukturierten Vermögensklasse in irgendeiner Weise manipulieren oder verändern. Da die Hegemonialmacht USA zudem zunehmend schwindet, wird sich irgendwann die Frage nach einer neuen Reservewährung stellen. Schon jetzt lässt sich absehen, dass Bitcoin (und andere Kryptowährungen) mit staatlichen virtuellen Währungen konkurrieren werden. Bitcoin als «digitale Weltwährung»? Was noch wie Science Fiction klingt, ist tatsächlich gar nicht so abwegig.
Mittlerweile haben auch erste institutionelle Investoren Kryptowerte wie Bitcoin für sich entdeckt. Diese ziehen ihr Kapital in Krisenzeiten jedoch auch wieder schnell aus Risikoanlagen ab, und als solche wird der Bitcoin derzeit noch mehrheitlich eingestuft.
Ich bin persönlich davon überzeugt, dass Bitcoin und andere digitale Vermögenswerte von den aktuellen und in ihren langfristigen Folgen dramatischen Entwicklungen nur profitieren können.
Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag von Marc P. Bernegger und ist zu erst im Schweizer Monat erschienen.