Seit Jahren steht die Schweiz dank einem fortschrittlichem Rechtsrahmen und firmenfreundlicher Politik an der Vorderfront der Blockchain-Revolution. Der Vorsprung gegenüber anderen Jurisdiktionen schrumpft jedoch. Zwei Defizite, die FinTech-Bewilligung und Stablecoin-Vorschriften, möchte der Bundesrat jetzt beheben.
Die Schweiz hat sich früh als führende Krypto-Jurisdiktion positioniert, indem sie ein regulatorisches Umfeld geschaffen hat, das Innovation und Anlegerschutz in Einklang bringt und ihren Ruf für finanzielle Stabilität und Datenschutz nutzt. Die Einführung der Distributed Ledger Technology (DLT)-Gesetzgebung im Jahr 2021 war ein Meilenstein, der weltweit zum ersten Mal rechtliche Klarheit für Blockchain-basierte Vermögenswerte schuf. Dieser proaktive Ansatz festigte das Schweizer "Crypto Valley" in Zug als Zentrum für Blockchain-Innovationen. Allerdings bröckelt der Vorsprung, wie die Politik nun anerkennt.
Crypto Valley verliert an Fahrt
Um den Tempoverlust zu quantifizieren, nehmen Branchenvertreter oft Bezug auf den Henley Crypto Adoption Index 2024. Dieser führte die Schweiz 2023 weltweit auf dem zweiten Rang an, während die kleine Nation im Herzen Europas nur ein Jahr später um neun Plätze auf Rang elf abrutschte. Zwar kann die Methodologie des Index bemängelt werden, die Kritik gegenüber der Schweizer Politik und Finanzmarktaufsicht FINMA hat aber zweifelsohne zugenommen. Unter den Hauptstreitpunkten befinden sich die zögerliche Erteilung der FinTech-Bewilligung (auch bekannt als "Banklizenz light") sowie strikte Vorschriften für die Ausgabe von Stablecoins.
Letzteres kann als defacto Verbot der Stablecoin-Emission betrachtet werden, wie CVJ.CH bei Veröffentlichung der neuen FINMA-Richtlinien kritisierte. Stablecoins sind Kryptowährungen, die eine feste Bindung an einen Vermögenswert wie den Dollar gewährleisten. Dabei handelt es sich um ein gigantisches Geschäft, das dem Marktführer Tether 2024 über 10 Milliarden USD Reingewinn einbrachte. In der Schweiz ist die Ausgabe von Stablecoins aufgrund der FINMA-Aufsichtsmitteilung vom Sommer 2024 nicht mehr konkurrenzfähig. Emittenten benötigen neu eine teure Banklizenz und müssen alle Halter des Stablecoins über ein KYC-Verfahren identifiziert werden - was eine beinahe unmögliche Hürde darstellt.
Bundesrat zum Handeln aufgefordert
Diese Mängel hat die Politik erkannt. Ein parlamentarischer Vorstoss des SVP-Nationalrats Benjamin Fischer forderte den Bundesrat im Dezember 2024 auf, die FinTech-Bewilligung und Stablecoin-Vorschriften zu prüfen. Man solle evaluieren, wie die Schweiz ihren Wettbewerbsvorteil zurückgewinnen kann. Die kürzlich veröffentlichte Stellungnahme des Bundesrates zeigt Bereitschaft, diese Fragen anzugehen.
Als erstes führt der Bundesrat an, die Schweiz sei nach wie vor führend im Bereich. Der schweizerische Rechtsrahmen gelte bis heute als ein Massstab. Ausserdem biete die Schweiz sehr attraktive allgemeine Rahmenbedingungen wie politische Stabilität und ein hohes Bildungsniveau. Andere Länder seien aber nicht untätig geblieben und haben ihre Rechtsgrundlagen mittlerweile angepasst, wodurch sich ihr Rückstand in puncto Wettbewerbsfähigkeit verringert hat. Laut dem Bundesrat haben sich also nicht so sehr die Rahmenbedingungen in der Schweiz verschlechtert, sondern vielmehr haben sich andere Länder im Blockchain-Bereich besser aufgestellt.
Man erkenne die Kritik aber an. Das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen SIF erarbeite derzeit eine Gesetzesvorlage, mit der das schweizerische Finanzmarktrecht gezielt angepasst werden soll. Ziel sei insbesondere die Anpassung der FinTech-Bewilligungfür Anbieter von Zahlungsdienstleistungen und die Schaffung eines besseren Rechtsrahmens für die Ausgabe von Stablecoins. Die Gesetzesvorlage soll unter anderem die Aspekte Innovation sowie Integrität und Stabilität des Finanzsektors in Einklang bringen, so der Bundesrat.
Branchenvertreter zeigen sich zufrieden
Die Swiss Blockchain Federation (SBF), einer der führenden Blockchain-Branchenverbände der Schweiz, freut sich über die positiven Signale des Bundesrats. Das geht aus einer Medienmitteilung hervor. Die SBF sehe die Stellungnahmen des Bundesrats als wichtigen Schritt, um die Schweiz auch in Zukunft als globales Blockchain-Zentrum zu positionieren. Der konstruktive Dialog zwischen Politik, Behörden und der Branche sei dabei entscheidend. Der Verband bringe sich aktiv in diesen Prozess ein – sei es durch die Arbeit ihrer Gruppe Politik, der neun National- und Ständeräte sowie fünf Regierungsräte angehören, der Grundlagenarbeiten ihrer zahlreichen Arbeitsgruppen oder durch ihre Expertise in der Zusammenarbeit mit Behörden.
"Die Stellungnahmen des Bundesrats zeigen, dass die Schweiz den Anspruch hat, auch in einem sich schnell entwickelnden globalen Umfeld eine führende Rolle einzunehmen. Wir sind überzeugt, dass wir durch eine enge Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft, Politik, Hochschulen und Behörden die Rahmenbedingungen schaffen können, die weiterhin Innovation fördern, neue Dienstleistungen und Firmen hervorbringen und letztlich Arbeitsplätze schaffen." - Heinz Tännler, Präsident der Swiss Blockchain Federation und Zuger Finanzdirektor