Wie jedes Jahr stellt sich bei Tausenden Anleger/innen in der Schweiz wieder die Frage, wie Kryptowährungen in der Steuererklärung zu deklarieren sind und welche Steuer darauf anfällt. Durch die zunehmende Relevanz und Verbreitung von Bitcoin & Co. werden diese Fragen immer dringlicher.
Kryptowährungen gelten auch aus steuerlicher Sicht als Vermögensbestandteile und sind in der Steuererklärung im Wertschriften- und Guthabenverzeichnis als "übrige Guthaben" zu deklarieren. Diese unterliegen auf kantonaler Ebene der Vermögenssteuer. Allerdings gilt es einige Nuancen zu beachten.
Leichter Prozess für Privatpersonen
Für Bitcoin (BTC) und weitere geläufige Kryptowährungen publiziert die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) einen Jahresendsteuerkurs. Andere Kryptowährungen sind zum Jahresschlusskurs der für diese Währung gängigsten Börsenplattform zu deklarieren. Der Nachweis hat mittels Kontoauszug der digitalen Brieftasche (Wallet) Stand per Ende der Steuerperiode zu erfolgen.
Diejenigen Kurse, die von der eidgenössischen Steuerverwaltung publiziert werden, können seitens Steuerbehörde relativ einfach überwacht werden. Bei den einigen Tausenden Altcoins ist die Bewertung und Überwachung der Preise jedoch sehr viel aufwendiger. Es ist gut möglich, dass den Steuerbehörden künftig nebst den Wallet-Auszügen teilweise auch die entsprechenden detaillierten Transaktionsbelege eingereicht werden müssen.
Sollte man die Kryptowährungen in früheren Steuererklärungen fälschlicherweise nicht deklariert haben, könnte dies zu einem Verfahren wegen Steuerhinterziehung führen. Die Steuerpflichtigen hätten in diesem Fall die Möglichkeit, nicht deklarierte Vermögen und Erträge im Rahmen einer einmaligen straflosen Selbstanzeige offenzulegen und so ein Strafverfahren als auch eine Busse zu vermeiden. Bei einer straflosen Selbstanzeige sind jedoch Nachsteuern und Verzugszinsen geschuldet. Wir empfehlen in solchen Fällen proaktiv vorzugehen und einen Steuerberater zu kontaktieren. Das selbe empfehlen wir Ihnen bezüglich der Abklärung der steuerlichen Behandlung von Einkommen aus Mining, Staking, Airdrops oder weiteren kryptospezifischen gewinnbringenden Aktionen.
In guten Zeiten... (Gewinne)
Die Leit-Währung Bitcoin stieg von unter 30'000 USD Anfang 2021 auf über 65'000 USD und schloss Ende 2021 bei einem Kurs von über 47'000 USD. Manch ein Leser, der zu einem günstigen Zeitpunkt gekauft und verkauft hat, erfreut sich der positiven Vermögensentwicklung in seiner Steuererklärung 2021. Bei natürlichen Personen, welche ihre Kryptowährungen im Privatvermögen halten, besteht grundsätzlich nur bei realisierten Gewinnen ein steuerliches Risiko. Solche Investoren, welche Kryptowährungen "hodlen" (buy and hold) oder nur unrealisierte Kursgewinne aufweisen, haben entsprechend ein geringes steuerliches Risiko.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage bei Privatpersonen, ob realisierte Gewinne auf Kryptowährungen als steuerfreie Kapitalgewinne (Grundsatz, Privatvermögen) oder als steuerpflichtiges Einkommen (Geschäftsvermögen, gewerbsmässiger Wertschriftenhändler) klassifizieren. Die Einstufung als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler bedeutet, dass die realisierten Gewinne aus dem Verkauf von Kryptowährungen zusammen mit dem übrigen Erwerbseinkommen besteuert werden und somit in der Regel eine massiv höhere Progression / Steuerbelastung resultiert. Weiter sind auf dem Nettoeinkommen aus gewerbsmässigem Wertschriftenhandel zusätzlich rund 10% Sozialversicherungsbeiträge geschuldet.
Die Problematik der Besteuerung des gewerbsmässigen Wertschriftenhändlers besteht nicht erst seit dem Krypto-Boom; die Steuerbehörden wollten die Kriterien bereits in den 90er-Jahren im Gesetz verankern, wozu es jedoch bis dato nie kam. Seitens der Eidgenössischen Steuerverwaltung wurden dann in einem Kreisschreiben Kriterien aufgeführt, anhand derer im Rahmen einer Vorprüfung gewerbsmässiger Wertschriftenhandel (worunter die meisten Steuerverwaltungen auch den Kryptohandel einordnen), ausgeschlossen werden kann. Das Bundesgericht hat diese Grundsätze in seiner Rechtsprechung weitgehend bestätigt.
Kriterien für die Besteuerung als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler
Die Steuerbehörden gehen in jedem Fall von einer privaten Vermögensverwaltung bzw. von steuerfreien privaten Kapitalgewinnen aus, wenn die nachfolgenden Kriterien ("safe haven rules") kumulativ erfüllt sind:
- Die Haltedauer der veräusserten Wertschriften beträgt mindestens 6 Monate.
- Das Transaktionsvolumen (entspricht der Summe aller Kaufpreise und Verkaufserlöse) pro Kalenderjahr beträgt gesamthaft nicht mehr als das 5-fache des Wertschriften- und Guthabenbestandes zu Beginn der Steuerperiode.
- Die Anlagen sind nicht (erheblich) fremdfinanziert oder die steuerbaren Vermögenserträge aus den Wertschriften (wie z.B. Zinsen, Dividenden usw.) sind grösser als die anteiligen Schuldzinsen.
- Der Kauf und Verkauf von Derivaten (insbesondere Optionen) beschränkt sich auf die Absicherung von eigenen Wertschriftenpositionen.
- Das Erzielen von Kapitalgewinnen aus Wertschriftengeschäften bildet keine Notwendigkeit, um fehlende oder wegfallende Einkünfte zur Lebenshaltung zu ersetzen. Das ist regelmässig dann der Fall, wenn die realisierten Kapitalgewinne weniger als 50% des Reineinkommens in der Steuerperiode betragen.
Sind diese Kriterien nicht kumulativ erfüllt, kann gewerbsmässiger Wertschriftenhandel nicht ausgeschlossen werden. Bereits eine Transaktion kann Gewerbsmässigkeit begründen. Dies bedeutet, dass Kapitalgewinne auf beweglichen Vermögenswerten als Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit qualifizieren. Dies, sofern die steuerpflichtige Person An- und Verkäufe von Vermögensgegenständen in einer Art tätigt, die über die schlichte Verwaltung von Privatvermögen hinausgeht. Die entsprechende Beurteilung erfolgt hierbei aufgrund der Gesamtheit der Umstände des konkreten Einzelfalls.
...und in schlechten Zeiten (Verluste)
Erfahrungsgemäss werden die Steuererklärungen erst im 2. Halbjahr ausgefüllt. Wirft man einen Blick auf die heutigen Kurse, sind die Kryptowährungen massiv weniger wert; der Kurs von Bitcoin befindet sich derzeit noch knapp über 20'000 USD gegenüber 47'000 USD am Jahresende 2021. In der Steuererklärung 2021 müssen Sie jedoch Bitcoin mit dem Wert von 47'000 USD pro BTC (umgerechnet in CHF) deklarieren und versteuern. Dazu müssen Sie als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler auch die im 2021 realisierten Gewinne als Einkommen versteuern.
Auch für gewerbsmässige Wertschriftenhändler sind Rückstellungen für nach dem Stichtag eintretende Kursverluste nicht erlaubt. In der Schweiz wird steuerlich nach dem Periodizitätsprinzip abgerechnet und jedes Steuerjahr individuell betrachtet. Bei steuerpflichtigen Personen, die schlicht das Privatvermögen verwalten, können die Kapitalverluste steuerlich nicht geltend gemacht werden. Dies im Gegensatz zum gewerbsmässigen Wertschriftenhändler, der auch realisierte Verluste steuerlich geltend machen kann. Voraussetzung dazu ist, dass der Steuerpflichtige u.a. seine Wertschriften in einer Buchhaltung führt.
Schlussfolgerung
Wohl nur wenige Anleger haben Freude an einem Bärenmarkt, aber vielleicht hilft genau dieser Umstand derzeit den Kryptoanlegern in der Schweiz; nach dem Bullenmarkt u.a. in 2017 und 2020/21 sind unmittelbar Abstürze und Bärenmärkte gefolgt. Für die Steuerbehörden würde dies in Zeiten des Bullenmarktes eine lukrative Besteuerung von Gewinnen bedeuten. Jedoch müssten dann in darauffolgenden in Zeiten der Bärenmärkte auch die Verluste aus Verkauf von Geschäftsvermögen steuerlich angerechnet werden, welche wiederum das steuerbare Einkommen und die Progression senken als auch zu Steuer-Mindereinnahmen führen würden.
Nebst der teilweise aufwendigen Überwachung der Transaktionen sind es wohl die enormen Kursschwankungen, die ausschlaggebend sind, wieso bis anhin nur sehr wenige Personen als gewerbsmässige Wertschriftenhändler mit Kryptowährungen eingestuft worden sind. Wenn man jedoch von den Steuerbehörden einmal als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler besteuert wird, dann sind die Hürden sehr hoch, um dem wieder zu "entkommen".
Falls der Kryptomarkt künftig stabiler wird, wird sich die Thematik der explosiven Gewinne von alleine relativieren. Sollten die Kryptowährungen stets so volatil bleiben, sehen sich Steuerbehörden weiterhin mit dem Dilemma der steuerlichen Anrechnung der Verluste konfrontiert. In beiden Fällen (Kursgewinn/Kursverlust) werden die Gerichte in Zukunft wohl vermehrt Fälle beurteilen müssen, welche die Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerbsmässigem Kryptohandel zum Gegenstand haben.