Lange Zeit war die Immobilienwirtschaft der Tummelplatz der Schönen und Reichen. Die Blockchain dürfte das in absehbarer Zeit ändern und den Markt auch für Kleinanleger öffnen.
Dieser Artikel ist im Original auf punktmagazin.ch erschienen und ist Teil einer Kooperation.
Wer in Immobilien investieren will, hat zwei Möglichkeiten: Er kann sie direkt kaufen oder indirekt, über Anteile einer Immobiliengesellschaft oder eines Fonds. Eine Direktinvestition erfordert nicht nur Vermögen, sondern auch Zeit und Wissen. Über eine indirekte Investition lassen sich die Herausforderungen zwar delegieren, dafür mangelt es an wirklicher Individualisierung, echter Transparenz und intakter Interessensübereinstimmung. Geht es nach Experten auf diesem Gebiet, wird die Blockchain-Technologie die Investierbarkeit der Immobilienbranche so richtig vorantreiben. Die Prozesse sollen nicht nur von Anfang bis Ende durchdigitalisiert, sondern insgesamt effizienter werden. Vor allem von der Tokenisierung vom Immobilien verspricht man sich derzeit einiges. Indem Immobilien als Token digital abgebildet werden, sind auch damit zusammenhängende Titel und Dokumente auf der Blockchain abgelegt. Letztere lassen sich über Smart Contracts signieren.
Das Zuger Unternehmen Blockimmo betreibt eine Plattform, über die sich Immobilien mithilfe einer Ethereum-Blockchain tokenisieren lassen. Anleger finden die tokenisierte Immobilie dann auf der Blockimmo-Plattform und können über Ether oder den Stablecoin CryptoFranc (XCHF) – eine preisstabile Kryptowährung – investieren. Da eine Immobilie über einen Smart Contract abgebildet ist, werden die entsprechenden Token bei einer Investition automatisch ausbezahlt.
Vorteile für den Investor
Ähnlich wie bei Aktien eines Unternehmens werden bei der Tokenisierung einer Liegenschaft über Blockimmo pro Objekt eine Million Token ausgegeben, die allen registrierten Nutzern offenstehen. Bereits ab einem Token kann investiert werden. Auch einige Crowd-Investment-Plattformen haben sich der Demokratisierung der Immobilienanlage verschrieben. Doch da ist wiederum ein beträchtliches Vermögen nötig. So beträgt etwa das durchschnittliche Mindestinvestment über Crowdhouse 70 000 Franken. Die Tokenisierung dürfte es auch weniger Zahlungskräftigen erlauben, in Immobilien zu investieren. Wiederum analog zu Aktien profitiert der Eigentümer eines Tokens proportional von den Mieterträgen, welche die Liegenschaft generiert. Auch von einer Wertentwicklung der Immobilie, die sich im Token-Preis widerspiegeln sollte, profitiert er.
Mit der Tokenisierung soll nicht nur ein breiteres Publikum Zugang zu Immobilien-Investments erhalten, sie soll zudem einzelne Immobilen-Investitionen liquider machen: Auf eine Immobilie lautende Token-Anteile lassen sich jederzeit veräussern. Bei herkömmlichen Immobilien-Plattformen dagegen ist die Liquidität vergleichsweise eingeschränkt. So werden beim Immobilienkauf über Crowdhouse alle involvierten Parteien ins Grundbuch eingetragen. Will eine der Parteien verkaufen, hat sie sich zuerst mit den anderen Parteien abzusprechen beziehungsweise muss ihnen das Vorkaufsrecht gewähren. In der Praxis kann das durchaus zu Komplikationen führen.
Grundbuch auf die Blockchain
Mit der Tokenisierung von Immobilien können solche Strapazen umgangen werden. Bei Blockimmo geschieht dies, indem die Immobilie über einen Sub-Fonds erworben wird, dieser wiederum gibt die Token heraus. Die ausgegebenen Token sind dann jederzeit veräusserbar. Diese Lösung ist jedoch bloss ein Übergangsschritt, Blockimmo ist bereits dabei, zusammen mit den Stakeholdern wie Grundbuchführenden, Notaren oder Politikern das eigentliche Ziel zu erreichen: das Grundbuch auf die Blockchain zu bringen.
In der Zwischenzeit muss sich Blockimmo mit der Fonds-Lösung zufrieden geben. Natürlich ist diese heute auch schon in der konventionellen Welt ein beliebtes Mittel zur Immobilienbewirtschaftung. Wer allerdings in einen Immobilienfonds investiert, partizipiert gewöhnlich an allen Immobilien-Anlagen, die der Fonds hält. Nicht an einem einzigen Objekt. Auch das Liechtensteiner Start-up Crowdlitoken ist dabei, Immobilien auf die Blockchain zu bringen – wenn auch mit einem anderen Ansatz als Blockimmo. So werden die Immobilien zwar ebenfalls auf der Ethereum-Blockchain abgebildet, doch sind es nicht einzelne Immobilien, sondern ein Portfolio aus verschiedenen Liegenschaften. Die Objekte werden durch Experten von Crowdlitoken ausgewählt und für Investoren transparent beschrieben.
Das Jungunternehmen emittiert dazu ebenfalls einen Token, den Crowdlitoken (CRT). Dieser stellt eine digitale Anleihe dar und soll als Security-Token schon bald auch börslich gehandelt werden können. Die Schwelle für ein Mindestinvestment ist auch hier tief: Ab 100 Franken ist man dabei. Die erworbenen Crowdlitoken kann ein Investor dann den jeweiligen im Portfolio zur Auswahl stehenden Immobilien zuteilen. Auf diese Weise hat der Anleger die Möglichkeit, ein auf seine individuellen Bedürfnisse und sein persönliches Risikoprofil zugeschnittenes Investment zu tätigen.
Wer Crowdlitoken hält und innerhalb des Ökosystems mit seiner Identität registriert ist, erhält in den ersten beiden Jahren eine garantiere Rendite von 1,25 Prozent. Ab dem dritten Jahr sind es 2,125 Prozent, ab dem vierten 3 Prozent. Werden die Token innerhalb des Portfolios an Immobilien alloziert, erhält man zusätzlich die Rendite-Differenz der Immobilien zur Grundsatzrendite. Zudem können Crowdlitoken-Besitzer auch an Abstimmungen teilnehmen, zum Beispiel dann, wenn es um den Verkauf einer Immobilie geht.
Die beiden Firmen sind erst der Anfang. Doch zeigen sie schon heute, dass die Tokenisierung von Immobilen mehrere Vorteile bringt. Die Blockchain dürfte im Immobiliensektor also noch für einige Innovationen sorgen.