Die Kunden der ehemals grössten Kryptobörse Mt. Gox könnten nach jahrelanger Ungewissheit endlich eine Entschädigung für ihre verlorenen Bitcoins erhalten. Die Rückzahlungen sollen Ende August 2022 beginnen und könnten bis zu drei Milliarden USD in Bitcoin auf den Markt bringen.
Vor fast einem Jahrzehnt, kurz nachdem ein Angriff die damals einzige Bitcoin-Handelsplattform zur Schliessung gezwungen hatte, haben eine Handvoll Mt. Gox Nutzer einen langwierigen Rechtsstreit begonnen. Dieser könnte in den nächsten Monaten Früchte tragen. Laut einem Dokument des Rehabilitations-Treuhänders der Kryptobörse werden derzeit Vorbereitungen getroffen, um mit den Rückzahlungen zu beginnen. Im neusten Brief an die Geschädigten werden die Schritte zum Erhalten der Entschädigungszahlungen erklärt.
Eine prägende Geschichte
Die als Kryptobörse bekannte Plattform fand ihren Anfang 2009 als Tauschbörse für Sammelkarten des Spiels Magic: The Gathering, woher sich auch der Name ableitet. Die Magic: The Gathering Online Exchange (Mt. Gox) wurde ein Jahr nach der Registrierung bei der Tokioter Handelskammer zu einer Bitcoin-Börse umgewidmet und wurde durch ihren Erstanbietervorteil rasch zum wichtigsten Marktplatz für die Kryptowährung. Die Börse wickelte damals rund 70 bis 80% der Bitcoin-Handelsvolumen ab; eine absolute Marktdominanz, die von keiner Börse mehr repliziert werden konnte.
Diese Erfolgsgeschichte nahm mit dem Hackerangriff ein Ende. Im Februar 2014 stellte Mt. Gox bei einem japanischen Bezirksgericht einen Antrag auf Gläubigerschutz, wobei 750'000 Bitcoin an Kundeneinlagen und 100'000 Bitcoin des Unternehmens selbst entwendet wurden. Nach damaligen Preisen entsprach dies einem Verlust von 800 Millionen US-Dollar, heute wären es über 16.5 Milliarden. Rund 200'000 Bitcoin konnten einige Monate später wiedererlangt werden.
2015 wurde der CEO Mark Karpelès von der japanischen Polizei festgenommen und in ein Hochsicherheitsgefängnis gesteckt. Er kam etwa ein Jahr später gegen Kaution frei, bevor er 2019 für schuldig befunden wurde. Er habe Daten von Mt. Gox absichtlich manipuliert, um die Bestände der Börse aufzublähen. Vom Vorwurf der Veruntreuung wurde der Franzose freigesprochen und der Gerichtsprozess endete mit einer Bewährungsstrafe von zweieinhalb Jahren.
Jahrelange Wertsteigerung für die ehemaligen Besitzer
Schon 2018 begann der japanische Konkursverwalter mit dem Verkauf von 200'000 Bitcoin (heute rund 4 Mrd. USD) Gläubiger zu entschädigen, die noch bei der Pleite sichergestellt wurden. Von den 650'000 BTC, die für lange Zeit als verschollen galten, konnten weitere 150'000 BTC wiedererlangt werden. Diese haben einen aktuellen Marktwert von etwa 3 Milliarden Dollar und könnten bald zu ihren rechtmässigen Besitzern zurückfinden, wie das Bezirksgericht Tokio letzten November entschied.
Einige Investoren fürchten sich von einem potenziellen Abwärtsdruck, den die Rückzahlungen auf den Bitcoin-Preis ausüben könnten. Die Opfer von 2014 hatten Bitcoin bei einem durchschnittlichen Wert von etwa 300 USD gekauft - trotz dem aktuellen Bärenmarkt bleibt da ein grosser unrealisierter Gewinn übrig. Somit wird spekuliert, ob diese Marktteilnehmer noch Vertrauen in die Währungen haben oder ihre Gewinne raschmöglichst realisieren wollen. Wie auch immer sich die ehemaligen Gox-Nutzer entscheiden werden, realistischerweise sollte ein gewisser Preisdruck erwartet werden.