Eine neue Studie untersucht, wie technologische Entwicklungen, insbesondere die Einführung des ChatGPT-Modells von OpenAI, die Finanzmärkte und Krypto-Assets beeinflussen können. Ein Überblick der Konvergenz zwei der bedeutungsvollsten Technologien der Neuzeit.
Wir freuen uns, die Ergebnisse unseres jüngsten Forschungsartikels „The influence of ChatGPT on artificial intelligence related crypto assets: Evidence from a synthetic control analysis” vorzustellen. Dieser untersucht, wie technologische Entwicklungen, insbesondere der Start des ChatGPT-Modells von OpenAI, Finanzmärkte, im Speziellen Krypto-Assets, in signifikanter Weise beeinflussen können.
Neue Technologien keimen auf
In der heutigen Welt beeinflusst künstlichen Intelligenz (KI) nahezu jeden Aspekt unseres Lebens. Von personalisierten Empfehlungen auf unseren bevorzugten Streaming-Plattformen bis hin zu fortschrittlichen medizinischen Diagnoseverfahren scheint das Potenzial der KI grenzenlos. Zeitgleich haben Kryptowährungen im Finanzsektor als disruptive Assetklassse auf sich aufmerksam gemacht, die traditionelle Vorstellungen von Währung, Wertübertragung und Eigentumsrechten in Frage stellen. Nunmehr beginnen KI und Kryptowährungen, zwei bedeutende technologische Trends des 21. Jahrhunderts, zu konvergieren und bieten faszinierende Möglichkeiten sowie komplexe Herausforderungen.
Vor diesem Hintergrund haben wir uns dazu entschieden zu erforschen, wie eine bedeutende Entwicklung in der KI die Welt der Kryptowährungen beeinflussen könnte. Im Speziellen haben wir uns auf den Start von OpenAI's ChatGPT konzentriert, der aufgrund seiner Fähigkeit, menschenähnlichen Text zu generieren, erhebliche Aufmerksamkeit erregt hat. Hierbei handelt sich um den jüngsten Meilenstein in der Entwicklung der KI, der einen bedeutenden Sprung in der Technologie des Natural Language Processing darstellt.
Grundlage der Studie
Der Kontext unserer Studie wurde auch durch die weiteren Marktbedingungen für Kryptowährungen zum Zeitpunkt des Starts von ChatGPT geprägt. So haben wir obgleich des zum Zeitpunkt der Datenerhebung vorherrschenden Bärenmarktes auf dem Kryptowährungsmarkt, welcher naturgemäss auf einen allgemeinen Abwärtstrend der Preise hindeutet nebst einer tendenziell risikoaversen Anlegerstimmung, die Hypothese aufgestellt, dass der Start einer solch bahnbrechenden Technologie einen deutlichen Einfluss auf KI-bezogene Kryptowährungen haben könnte. Schliesslich sind diese digitalen Assets oft eng mit dem Erfolg und den Fortschritten ihrer zugrundeliegenden Technologie verknüpft, die in diesem Fall die KI darstelllt.
Darüber hinaus bildet das Verständnis, wie sich die öffentliche Aufmerksamkeit als Reaktion auf technologische Innovationen verschiebt, einen wichtigen Bestandteil des Hintergrunds unserer Studie. In einer Ära, in der Informationen leicht verfügbar sind, können Trends ebenso schnell an Fahrt gewinnen wie verlieren. Der Start von ChatGPT war jedoch kein kurzlebiges Phänomen, vielmehr zog er die anhaltende Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit - Kleinanleger ebenso wie institutioneller Anleger - auf sich, was uns dazu veranlasste, diese Dynamik näher zu untersuchen.
"Binance hat also in einigen Bereichen KI in seinen Produkten eingesetzt. So hat unser Team kürzlich Chat GPT in die Binance Academy integriert... Sie können mit der KI interagieren und wenn Sie um etwas bitten, wird die KI versuchen, Ihnen eine Antwort zu geben." - CZ, CEO von Binance
Unsere Studie setzt an der Schnittstelle zwischen der kontinuierlichen Weiterentwicklung von KI und der Volatilität des Krypto-Marktes an. Nachdem wir die Auswirkungen des Starts von ChatGPT auf KI-bezogene Kryptowährungen entschlüsselt haben, sind wir der Auffassung, dass unsere Ergebnisse ein neues Licht auf die Frage werfen können, wie technologische Entwicklungen die Finanzlandschaft beeinflussen können.
Analyse der Studiendatensätze
Die Durchführung der Analyse erforderte zunächst einen umfassenden Datensatz von „KI- Kryptowährungen“. Hierzu haben wir auf die Daten von zwei der bedeutendsten Plattformen für Kryptowährungsdaten, CoinGecko und Coinmarketcap, zurückgegriffen. Beide Plattformen bieten kuratierte Listen von Kryptowährungen, die mit verschiedenen „Sektoren“, einschliessich KI, in Verbindung stehen. Infolge der Nutzung der Daten konnten wir einen Datensatz erstellen, welcher die vielfältige Palette von KI-Assets auf dem Markt repräsentiert.
Die Bearbeitung des Datensatzes ging mit einigen Herausforderungen einher. So verwendet CoinGecko beispielsweise eine engere Definition zur Kategorisierung von KI-Assets, die zu einer konzentrierteren Liste von Tokens führt, wohingegen Coinmarketcap eine breitere Kategorisierung nutzt, die KI- und Big Data-bezogene Tokens einschliesst.
Dieser unterschiedliche Ansatz hat uns dazu veranlasst, zwei Panels für unsere Analyse zu erstellen: Panel A, basierend auf der Liste von CoinGecko sowie Panel B, basierend auf der Liste von Coinmarketcap. Diese Vorgehensweise ermöglichte es uns, unsere Hypothesen über verschiedene Klassifikationen von KI-Assets zu testen und die Robustheit unserer Ergebnisse zu stärken. Um die Auswirkungen des Starts von ChatGPT auf die Performance von KI-Assets zu messen, haben wir die Synthetische Differenz-In-Differenzen (SDID)-Methode angewendet. Die Methode besteht im Wesentlichen darin, die Veränderungen einer Ergebnisvariablen, in unserem Fall die Renditen von KI-Assets, vor und nach einem Ereignis - dem Start von ChatGPT - zu vergleichen.
In unserer Studie haben wir Nicht-KI-Assets als Kontrollgruppe und KI-Assets als Testgruppe verwendet. Indem wir die Veränderungen ihrer Renditen vor und nach dem Start von ChatGPT verglichen, konnten wir die Auswirkungen dieses Ereignisses auf die Performance der KI-Assets ermitteln. Für die Analyse entscheidend war, dass die synthetische Kontrollgruppe in dem SDID-Modell sicherstellte, dass die beobachteten Effekte tatsächlich auf den Start von ChatGPT zurückzuführen waren und nicht auf andere Faktoren, die den Kryptowährungsmarkt insgesamt beeinflussen.
Der Einfluss von ChatGPT auf die Preise von KI-Krypto-Assets
Unsere synthetische Differenz-von-Differenzen-Analyse lieferte einige erstaunliche Ergebnisse. So stellten wir fest, dass KI-bezogene Kryptowährungen oder KI-Assets nach dem Start von ChatGPT trotz eines allgemein bärischen Kryptowährungsmarktes und eines risikoaversen Anlageklimas erhebliche Preiserhöhungen verzeichneten.
Konkret beobachteten wir, dass KI-Assets im Durchschnitt Preissteigerungen von mindestens 10.7% innerhalb des ersten Monats und von bis zu 35.5% in einem zweimonatigen Zeitraum nach der Veröffentlichung von ChatGPT verzeichneten.
Diese Ergebnisse legen die Vermutung nahe, dass der Start dieser transformativen KI-Technologie nebst der mit ihr einhergehenden Aufmerksamkeit, die Wahrnehmung der Investoren von dem in der KI inhärenten Potenzial beeinflusst hat. Das hatte eine Aufwertung der KI-Asset-Bewertungen zur Folge. Somit handelt es sich bei den Ergebnissen um eine faszinierende Veranschaulichung dessen, welche greifbare Auswirkungen technologische Innovationen und die mit ihr einhergehende Aufmerksamkeit auf Finanzmärkte haben können.
Auswirkungen des Interesses von privaten und institutionellen Anleger
Unsere Analyse lieferte interessante Erkenntnisse darüber, wie die Aufmerksamkeit von Privatanlegern, gemessen an den Suchvolumina von Google Trends für AI, Artificial Intelligence und ChatGPT, die Performance von KI-Krypto-Assets beeinflusste. Vor dem Start von ChatGPT hatten Veränderungen in den Suchvolumen für diese Begriffe keinen signifikanten Einfluss auf die Renditen von sowohl KI- als auch Nicht-KI-Assets. Diese Dynamik änderte sich jedoch signifikant nach dem Start. Während die Suchvolumina für Nicht-KI-Assets irrelevant blieben, wurden sie für KI-Assets hochrelevant. Tatsächlich stellten wir fest, dass ein Anstieg der Suchanfragen mit positiven Zuwächsen bei den Renditen von KI-Assets einherging. Diese Ergebnisse unterstützen die Annahme, dass Medienaufmerksamkeit die Investorenstimmung und die Marktergebnisse beeinflussen kann.
Im Anschluss haben wir die Häufigkeit und die Stimmung von Finanznachrichtenartikeln auf Eikon als Proxy verwendet, um die Aufmerksamkeit von institutionellen Anlegern zu messen. Ähnlich wie bei Privatanlegern, war die Reaktion der Renditen von KI-Assets auf Veränderungen in der medialen Aufmerksamkeit und der Stimmung von institutionellen Anlegern signifikant. Dies fiel hauptsächlich mit dem Start von ChatGPT zusammen, während es für Nicht-KI-Assets irrelevant blieb.
Gleichwohl stellten wir fest, dass die positiven Auswirkungen der Aufmerksamkeit von institutionellen Anlegern auf die Renditen von KI-Assets erheblich niedriger ausgeprägt waren als die der Aufmerksamkeit von Privatanlegern. Dies deutet darauf hin, dass die Rolle von institutionellen Anlegern bei der Formung der Preisentwicklung auf den Kryptowährungsmärkten nicht erheblich ist. Aufgrund der „niedrigen“ Marktkapitalisierung von vielen KI-Token ist es auch nicht zwingend verwunderlich. Diese Ergebnisse decken sich mit einer Umfrage von JP Morgan, die ergab, dass die Mehrheit der institutionellen Anleger nicht vorhat, sich am Kryptowährungshandel zu beteiligen.
Fazit und Ausblick
Unsere Studie zeigt, dass die Einführung einer technologischen Innovation wie ChatGPT die Finanzmärkte, insbesondere KI- Kryptowährungen, selbst in einem bärischen Marktumfeld erheblich beeinflussen kann. Der Spillover-Effekt der erhöhten Aufmerksamkeit für ChatGPT und KI im Allgemeinen führte zu höheren Bewertungen für KI-Assets. Der sog. Signaltheorie (engl. Signaling Theory) folgend, legt dies nahe, dass Medienberichterstattung als Qualitätssignal für Anleger dienen kann, indem sie das Potenzial neuer Technologien sowie die entsprechenden Marktchancen hervorhebt. Dies könnte weitreichende Auswirkungen sowohl auf künftige technologische Neueinführungen als auch darauf, wie diese die Finanzmärkte beeinflussen könnten, haben.
Unsere Forschung ebnet den Weg für weitere Studien, die Spillover-Effekte von KI-bezogenen Aktien auf KI-bezogene Kryptoanlagen, die Rolle von Einflussnehmern bei der Förderung neuer Technologien und die Mechanismen, durch die sich die „KI-Manie“ verbreitet, untersuchen. Da sich KI stetig weiterentwickelt und verschiedene Sektoren beeinflusst, ist es wichtig, ihre weiteren wirtschaftlichen Auswirkungen zu verstehen.