Die steuerliche Behandlung von Kryptowährungen unterscheidet sich im deutschsprachigen Raum erheblich. Während Deutschland auf eine Haltefrist setzt, erhebt Österreich eine pauschale Kapitalertragssteuer und die Schweiz besteuert Krypto-Vermögen lediglich über die Vermögenssteuer.
Die drei Länder verfolgen grundlegend verschiedene Ansätze: Deutschland behandelt Kryptowährungen als private Veräusserungsgeschäfte, Österreich wendet seit 2024 das Kapitalertragssteuersystem an, und die Schweiz unterscheidet streng zwischen privatem Vermögen und gewerblichem Handel. Diese Unterschiede haben erhebliche Auswirkungen auf die Steuerlast von Investoren. Der folgende Vergleich zeigt die wichtigsten Unterschiede und gibt praktische Hinweise für die Steuererklärung 2025.
Deutschland: Spekulationsfrist und Freigrenzen
Deutschland bietet eine der günstigsten Regelungen für langfristige Anleger. Kryptowährungen, die länger als zwölf Monate gehalten werden, sind bei Veräusserung vollständig steuerfrei. Diese Spekulationsfrist gilt für Bitcoin, Ethereum und alle anderen Kryptowährungen gemäss Paragraf 23 Einkommensteuergesetz.
Für kurzfristige Gewinne unter einem Jahr gilt seit 2024 eine Freigrenze von 1'000 Euro. Dabei handelt es sich um eine echte Freigrenze, nicht um einen Freibetrag: Liegen die Gewinne unter 1'000 Euro, fällt keine Steuer an. Überschreiten sie diese Schwelle, wird der gesamte Betrag mit dem persönlichen Einkommensteuersatz von 14 bis 45 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag besteuert. Ein Gewinn von 900 Euro bleibt steuerfrei, bei 1'200 Euro werden die vollen 1'200 Euro besteuert.
Das Bundesfinanzministerium hat im März 2025 wichtige Klarstellungen veröffentlicht. Die ursprünglich geplante Verlängerung der Haltefrist auf zehn Jahre bei Staking und Lending wurde im April 2022 verworfen. Staking-Erträge und Mining-Einnahmen unterliegen der Einkommensteuer mit einer Freigrenze von 256 Euro jährlich. Über diesem Betrag werden die Erträge zum persönlichen Steuersatz besteuert.
Österreich: Pauschale Kapitalertragssteuer seit 2024
Österreich führte zum 1. Januar 2024 eine Änderung ein: Kryptowährungen werden nun wie andere Kapitalanlagen mit der pauschalen Kapitalertragssteuer von 27.5 Prozent besteuert. Diese Regelung gilt unabhängig von der Haltedauer und ersetzt die vorherige Unterscheidung zwischen kurz- und langfristigen Anlagen.
Österreichische Krypto-Plattformen wie Bitpanda und Coinfinity führen die Steuer automatisch ab. Bei ausländischen Börsen müssen Anleger die Gewinne selbst in der Steuererklärung angeben. Die Verlustverrechnung ist innerhalb des Kalenderjahres möglich: Krypto-Verluste können mit Gewinnen aus anderen Kapitalanlagen wie Aktien, Anleihen oder Derivaten verrechnet werden.
Eine Besonderheit betrifft den Verlustvortrag: Während Privatanleger Verluste nicht ins Folgejahr übertragen können, ist dies bei betrieblichem Vermögen hälftig möglich. Das Bundesministerium für Finanzen verpflichtet ab 2025 alle inländischen Dienstleister zu einem detaillierten Steuerreporting auf Anfrage des Steuerpflichtigen. Dies erleichtert die Erstellung der Steuererklärung erheblich.
Schweiz: Vermögenssteuer statt Kapitalertragssteuer
Die Schweiz verfolgt einen grundlegend anderen Ansatz als ihre Nachbarländer. Private Kapitalgewinne aus Kryptowährungen sind steuerfrei, solange keine gewerbsmässige Handelstätigkeit vorliegt. Stattdessen unterliegen Krypto-Bestände der kantonalen Vermögenssteuer, die je nach Wohnort zwischen 0.3 und 1 Prozent des Vermögenswerts beträgt.
Die Eidgenössische Steuerverwaltung publiziert jährlich Kurslisten mit den offiziellen Bewertungen für gängige Kryptowährungen zum 31. Dezember. Für nicht gelistete Token gilt der Marktwert einer anerkannten Börse. Kryptowährungen müssen im Wertschriftenverzeichnis der Steuererklärung deklariert werden, wobei der CHF-Gegenwert am Jahresende massgeblich ist.
Die Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerbsmässigem Handel ist entscheidend. Qualifiziert die Steuerbehörde die Tätigkeit als gewerblich, werden Gewinne zum ordentlichen Einkommensteuersatz von bis zu 40 Prozent belastet und unterliegen zusätzlich der AHV-Pflicht. Kriterien sind unter anderem die Haltedauer, das Transaktionsvolumen und der Einsatz von Fremdkapital. Staking- und Mining-Erträge gelten als steuerbares Einkommen und müssen im Jahr des Zuflusses zum Marktwert deklariert werden. Die meisten Kantone behandeln Mining als selbständige Erwerbstätigkeit, sodass die Erträge der Einkommens- und AHV-Steuer unterliegen.
Vergleichstabelle: Besteuerung nach Szenario
| Szenario | Deutschland | Österreich | Schweiz |
|---|---|---|---|
| Kauf und Verkauf (Haltezeit >1 Jahr) | Steuerfrei | 27.5% KESt | Steuerfrei (Vermögenssteuer ca. 0.3-1%) |
| Trading (Haltezeit <1 Jahr) | 0-45% über 1'000€ | 27.5% KESt | Steuerfrei oder bis 40% (gewerblich) |
| Staking-Rewards | 0-45% über 256€ | 27.5% KESt | Einkommenssteuer (variabel) |
| Mining | 0-45% über 256€ | 27.5% KESt | Einkommens- und AHV-Steuer |
| DeFi-Renditen | 0-45% über 256€ | 27.5% KESt | Einkommenssteuer |
| NFT-Verkauf | 0-45% (1-Jahr-Frist) | 27.5% KESt | Steuerfrei (privat) |
| Airdrops | Bei Gegenleistung steuerpflichtig | 27.5% KESt | Einkommen zum Marktwert |
| Hard Forks | Keine Besteuerung bei Erhalt | 27.5% KESt bei Verkauf | Keine Besteuerung bei Erhalt |
| Verlustverrechnung | Mit anderen Krypto-Gewinnen | Mit allen Kapitalerträgen | Nur bei Gewerblichkeit |
Häufige Fehler und wie man sie vermeidet
Der häufigste Fehler ist die Nichtdeklaration von Krypto-Vermögen. In allen drei Ländern besteht eine Deklarationspflicht, auch wenn keine Gewinne realisiert wurden. In der Schweiz müssen Bestände unabhängig von Transaktionen angegeben werden, in Deutschland und Österreich zumindest bei Veräusserungen innerhalb der relevanten Fristen.
Die Verwechslung von Freigrenze und Freibetrag führt in Deutschland oft zu Fehlern: Liegen die Gewinne bei 1'001 Euro, sind die gesamten 1'001 Euro steuerpflichtig, nicht nur der übersteigende Euro. Viele Anleger unterschätzen zudem die Dokumentationspflicht: Transaktionshistorien sollten mindestens zehn Jahre aufbewahrt werden, da die Steuerbehörden bei fehlenden Nachweisen von einem Anschaffungswert von null ausgehen können.
In Österreich wird die automatische Abführung der Kapitalertragssteuer durch inländische Börsen oft übersehen. Wer bei Bitpanda handelt, muss die bereits versteuerten Gewinne nicht nochmals deklarieren, sollte dies aber trotzdem in der Steuererklärung angeben, um Rückfragen zu vermeiden. Bei ausländischen Börsen ist die Selbstdeklaration zwingend erforderlich.
Die Schweiz birgt die Gefahr der Qualifikation als gewerbsmässiger Händler. Wer in einem Kalenderjahr mehr als fünf Verkäufe tätigt oder eine Haltedauer unter sechs Monaten aufweist, kann die Umqualifizierung mit erheblichen steuerlichen Folgen riskieren. Auch der Einsatz von Hebelprodukten oder Fremdkapital gilt als Indiz für gewerblichen Handel.
Checkliste für die Steuererklärung 2025
Für alle drei Länder:
- Komplette Transaktionshistorie aller genutzten Börsen exportieren
- Wallet-Adressen und zugehörige Transaktionen dokumentieren
- Staking-, Mining- und DeFi-Erträge mit Zeitpunkt und Marktwert erfassen
- Airdrops und Hard Forks mit Erhaltungsdatum notieren
- Gebühren und Transaktionskosten separat ausweisen
Deutschland spezifisch:
- Anschaffungszeitpunkte für die 1-Jahres-Frist prüfen
- Gewinne und Verluste nach FIFO-Methode berechnen
- Freigrenze von 1'000 Euro für kurzfristige Gewinne beachten
- Staking-/Mining-Einnahmen über 256 Euro als sonstige Einkünfte deklarieren
- Anlage SO (sonstige Einkünfte) ausfüllen
Österreich spezifisch:
- Prüfen, ob inländische Börse bereits KESt abgeführt hat
- Verluste mit anderen Kapitalerträgen verrechnen
- Steuerreporting bei inländischen Anbietern anfordern
- Ausländische Gewinne in der Einkommensteuererklärung angeben
- Formular E1kv verwenden
Schweiz spezifisch:
- Krypto-Bestände zum 31. Dezember bewerten (ESTV-Kursliste)
- Im Wertschriftenverzeichnis aufführen
- Einkünfte aus Staking/Mining in der Einkommensdeklaration angeben
- Gewerbsmässigkeit anhand der fünf Kriterien prüfen
- Kantonale Besonderheiten beachten
Rechenbeispiele aus der Praxis
Beispiel 1 – Buy and Hold (Deutschland): Ein Anleger kauft am 1. März 2024 Bitcoin für 10'000 Euro und verkauft diese am 1. April 2025 für 15'000 Euro. Gewinn: 5'000 Euro. Da die Haltedauer über zwölf Monate liegt, ist der Gewinn vollständig steuerfrei.
Beispiel 2 – Trading (Österreich): Eine Investorin erzielt 2025 durch Krypto-Trading 8'000 Euro Gewinn und erleidet gleichzeitig 3'000 Euro Verlust aus Aktienverkäufen. Die Kapitalertragssteuer von 27.5 Prozent wird auf den Nettogewinn von 5'000 Euro berechnet: 1'375 Euro Steuerlast.
Beispiel 3 – Staking (Schweiz, Kanton Zürich): Ein Anleger erhält 2025 Staking-Rewards im Wert von 5'000 CHF. Diese werden als Einkommen zum ordentlichen Tarif versteuert. Bei einem Grenzsteuersatz von 30 Prozent fallen 1'500 CHF Einkommensteuer an. Zusätzlich unterliegt das gesamte Krypto-Portfolio der Vermögenssteuer von etwa 0,5 Prozent.
Beispiel 4 – Freigrenze (Deutschland): Ein Trader erzielt innerhalb von acht Monaten durch Krypto-Verkäufe 950 Euro Gewinn. Da dieser unter der Freigrenze von 1'000 Euro liegt, fällt keine Steuer an. Hätte er 1'100 Euro Gewinn gemacht, würden bei einem persönlichen Steuersatz von 30 Prozent 330 Euro Steuern fällig.
Ausblick: Regulatorische Entwicklungen
Die EU-Richtlinie DAC8 wird die Berichtspflichten für Krypto-Dienstleister ab 2026 verschärfen. Börsen müssen dann automatisch Transaktionsdaten an die Steuerbehörden melden, ähnlich dem bestehenden System für Bankkonten. Dies betrifft auch DeFi-Protokolle und NFT-Marktplätze, womit die Steuererhebung deutlich effizienter wird.
Deutschland plant keine grundlegenden Änderungen am bestehenden System, jedoch wird die Digitalisierung der Finanzverwaltung vorangetrieben. Die automatisierte Erfassung von Krypto-Transaktionen dürfte Steuerhinterziehung erheblich erschweren. Österreich hat mit der Einführung der pauschalen Kapitalertragssteuer 2024 bereits einen wichtigen Schritt zur Vereinfachung vollzogen.
Die Schweiz diskutiert weiterhin die Präzisierung der Kriterien für gewerbsmässigen Handel. Verschiedene Kantone wenden unterschiedliche Massstäbe an, was zu Rechtsunsicherheit führt. Eine Vereinheitlichung würde die Planungssicherheit für Anleger erhöhen. Dabei bleibt die grundsätzliche Steuerfreiheit privater Kapitalgewinne ein zentraler Standortvorteil.







