Bei Kryptowährungen wie Bitcoin handelt es sich um eine volatile Anlageklasse, bei der mögliche hohe Renditen ebenso grossen Verlusten gegenüberstehen. Obgleich es eine Vielzahl an wissenschaftlichen Untersuchungen zu finanziellen Charakteristika von Kryptos gibt, ist die Forschung zu den Anlegern eher rar.
Die kürzlich im akademischen Fachjournal „International Journal of Innovation and Technology Management“ veröffentlichte Studie "Individual cryptocurrency investors: Evidence from a population survey" untersucht den finanziellen Erfolg von Investitionen in Kryptowährungen, den Privatanleger erzielten. Darüber hinaus wird in der Studie analysiert, ob dieser von ähnlichen Faktoren abhängt wie dies bei Investitionen in andere Anlageklassen, wie zum Beispiel Aktien, der Fall ist.
Kryptoanleger in Deutschland überwiegend männlich
Die Analyse basiert auf einem deutschlandweit repräsentativen Online-Umfragedatensatz von 3'864 Bürgern ab 18 Jahren. Von denen bestätigten 354 Personen und damit 9.2% der Befragten Kryptowährungen zu besitzen. 225 Personen letzterer Gruppe und damit 5.8% der Gesamtanzahl der Befragten, konnten entsprechend der zugrundeliegenden Charakteristika als Investoren klassifiziert werden. Sie erfüllten das Kriterium, die jeweilige Kryptowährung direkt erworben und nicht über Mining oder beispielsweise als Geschenk erhalten zu haben.
Die Auswertung der Daten haben ergeben, dass Krypto-Anleger überdurchschnittlich oft männlich (77.3% im Vergleich zum Durchschnitt von 50.8%) und mehr als neun Jahre jünger als Personen sind, die nicht in Kryptowährungen investiert haben. Darüber hinaus weisen die Krypto-Anleger überdurchschnittlich oft ein hohes Bildungsniveau in Form eines Universitätsabschlusses oder eines Doktortitels auf.
Positive Renditen durch Krypto erzielt?
56% der befragten Krypto-Anleger gaben an eine positive Rendite mit ihrer Investition erzielt zu haben. Dem gegenüber gaben 29% der Befragten an, negative Ergebnisse verzeichnet zu haben. Der Rest der Befragten erzielte nach eigenen Angaben ein ausgeglichenes Ergebnis. Im Durchschnitt lag die Rendite aller 225 Personen bei genau 300%.
Im Rahmen der Studie wurde die grundlegende Forschungsfrage untersucht, inwiefern sich diese Renditen gegebenenfalls darauf zurückführen lassen, dass es sich bei einzelnen Personen möglicherweise um besonders „kluge“ Anleger handelte oder ob der Grund für die positiven Renditen möglicherweise „nur“ darin liegt, dass der Gesamtmarkt für Kryptowährungen insgesamt so stark gewachsen ist. Um eine kluge Anlagestrategie würde es sich handeln, wenn die Rendite des Anlegers höher ausfällt als der grundsätzliche Preisanstieg des Marktes innerhalb eines bestimmten Zeitraumes. Würde der Preis von Bitcoin innerhalb eines Jahres um beispielsweise 60% steigen, ein Krypto-Anleger jedoch „lediglich“ eine Rendite in Höhe von 50% im selben Zeitraum erzielen, so legt dieser Aspekt die Vermutung nahe, dass es sich hierbei weniger um eine kluge Anlagestrategie, denn Glück bzw. Timing gehandelt hat.
Kryptomarkt Zuwachs übertrifft Anlegerinvestitionen
Im Rahmen der Studie konnte identifiziert werden, dass mit 44% weniger als die Hälfte der Krypto-Investoren in der Lage waren höhere Renditen zu erzielen als dies für Bitcoin der Fall war. Dabei stellte Bitcoin die der Studie zugrundeliegende Metrik für die Marktrendite dar. Im Ergebnis liessen diese Erkenntnisse den Schluss zu, dass private Krypto-Anleger im Durchschnitt nicht in der Lage sind, besser als der Gesamtmarkt abzuschneiden. In diesem Aspekt ähneln Kryptowährungen traditionellen Anlagemärkten.
Bei der individuellen Betrachtung von Investitionen in Kryptowährungen sollte berücksichtigt werden, dass die hypothetischen Buy-and-Hold-Renditen einer frühen Investition in Bitcoin derart hoch sind, dass es für Privatanleger sehr schwer ist, diesen "Markt"-Index zu schlagen. Darauf deuten insbesondere die vorliegenden Ergebnisse der sehr früh in den Kryptomarkt eingestiegenen privaten Anleger zwischen den Jahren 2009-2012 hin. Sie erzielten Renditen zwischen 51% und 195% und lagen damit bei einer Rendite, die im Vergleich deutlich unter der einer fiktiven Buy-and-Hold-Strategie liegt. Naturgemäss kann davon ausgegangen werden, dass die privaten Anleger ihre Kryptowährungen über die Jahre (zu Teilen) verkauft und möglicherweise zu späteren Zeitpunkten neu erworben haben. Ein Vorgehen, dass folglich einen entsprechenden Einfluss auf die Gesamtrendite des jeweiligen Anlegers hat.
Über die vorstehend beschriebenen Analysen hinaus wurden erklärende Faktoren für Investitionsergebnisse untersucht. Dabei handelte es sich zum Beispiel um sozioökonomische Charakteristika, die eigene Selbsteinschätzung zum Wissen bzw. das Vertrauen in Kryptowährungen sowie die Portfoliogröße. Im Rahmen dessen konnte unter anderem identifiziert werden, dass ein höheres Einkommen einen signifikant positiven Effekt auf Renditen von Krypto-Anlegern hat. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der Literatur über individuelle Investitionen in Aktien, wo ein geringeres Einkommen mit niedrigeren Renditen verbunden ist.
Schlussfolgerungen aus der Studie
Die Studie ergänzt die existierende Literatur zu Kryptowährungen durch die spezifische Analyse von Privatanlegern. Um einen Vergleich zu anderen Anlageklassen ziehen zu können, wurde für die Studie auf Literatur aus dem Bereich der individuellen Investoren in Aktien und anderen Anlageklassen aufgebaut. Im Rahmen der Auswertung konnte festgestellt werden, dass Kryptowährungen ähnlichen fundamentalen Beziehungen und Phänomenen unterliegen wie traditionelle Anlageprodukte. Im Speziellen sind die vergleichsweise hohen Renditen der Privatanleger von 300% in Kryptowährungen vermutlich eher auf das fundamentale Marktwachstum denn das individuelle Anlageverhalten zurückzuführen.
Es ist davon auszugehen, dass der Markt für Kryptowährungen mit seiner zunehmenden gesellschaftlichen Relevanz weiter reifen und sich den traditionellen Finanzmärkten annähern wird. Eine verbesserte und massgeschneiderte Regulierung sowie der Abbau von Informationsasymmetrien stellen dabei nur zwei der potentiellen Ansatzpunkte dar.
Erste Tendenzen der Konvergenz zwischen traditionellen Aktienmärkten und Kryptowährungsmärkten sind dabei schon heute zu beobachten. Diesen Ausführungen folgend ist es in Zukunft durchaus vorstellbar, dass der Kryptowährungsmarkt zu einem immer wichtigeren und essentiellen Teil der Finanzmärkte wird. Fest steht, dass der Umgang der Regulierungsbehörden mit der Regulierung des Kryptowährungsmarktes nicht nur Auswirkungen auf das Verhalten der Privatanleger, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit auch auf die Gestaltung der Zukunft des Finanzwesens haben wird.