Dieser Artikel untersucht den Zustand zentralisierter und dezentralisierter Metaversen, während Meta wegen seiner Faszination für die virtuelle Welt unter Beschuss gerät. Da Geschichten über verlassene Metaversen alltäglich werden, stellt sich die Frage, ob das Metaversum die nächste technologische Revolution oder nur eine Spielerei ist.
Meta, ehemals Facebook, hat im vergangenen Jahr einen gewaltigen Schwenk vollzogen, um aus dem explosiven Wachstum des Metaversums Kapital zu schlagen. Ein Jahr später ist die Ära der spekulativen Investitionen jedoch ins Stocken geraten, da die Anleiherenditen steigen und die Unternehmen sich darauf konzentrieren, eine globale Finanzkrise zu überstehen. Meta bildet hier keine Ausnahme: Der Aktienkurs des Unternehmens ist im Jahr 2022 um mehr als 70% gesunken und die im Vergleich zu den grossen Tech-Unternehmen unterdurchschnittliche Performance des Unternehmens hat dazu geführt, dass die Anleger ihre Aufmerksamkeit auf Metas leichtfertige Ausgaben für das Metaverse richten.
Zentralisiertes vs. dezentralisiertes Metaversum
Der Höhepunkt der gestrigen Gewinnmitteilung von Meta war der Verlust von 3.7 Mrd. USD aus der Metaverse-Sparte im dritten Quartal. Dadurch belief sich der Verlust aus Metaverse-Investitionen im bisherigen Jahresverlauf auf 9.4 Mrd. USD. Der Kurs der Meta-Aktie fiel nach der Veröffentlichung der Ergebnisse um weitere 20%, was den Kritikern des Metaversums zusätzliches Öl ins Feuer goss.
Mit Meta auf dem heissen Stuhl ist es ein guter Zeitpunkt, um einen Blick auf das dezentrale Metaverse zu werfen und zu sehen, wie es sich in einem Krypto-Bärenmarkt schlägt. Dezentrale Metaverse- und Spieleplattformen haben damit zu kämpfen, ihre Nutzer zu halten, da die lukrativen Belohnungen im Spiel versiegen. The Sandbox, Decentraland und Axie Infinity haben jeweils einen starken Rückgang der täglich aktiven Nutzer zu verzeichnen, was Investoren zu denken gibt.
Axie Infinity, ehemals eines der am schnellsten wachsenden dezentralen Spiele, hat ein paar besonders schwierige Monate hinter sich. Weiter könnte auch eine Welle bevorstehender Token-Entsperrungen für den nativen AXS-Token des Spiels auf noch mehr Probleme hinweisen. Das Metaverse wird unter die Lupe genommen und es stellt sich die Frage, ob diese Art von Technologie revolutionär oder nur eine Spielerei ist.
Meta(versen) auf dem heissen Stuhl
Die beträchtliche Investition in das Metaverse war für Meta immer ein riskanter Schritt und das Unternehmen hat wahrscheinlich damit gerechnet, dass der letzte Bullenmarkt etwas länger anhalten würde als er es tat. Das Krypto-Top wurde nur 2 Wochen nach der Umbenennung von Facebook in Meta erreicht. Jetzt liegt das Unternehmen über 50% hinter Apple zurück, die Investoren werden zunehmend kritischer gegenüber dem Metaverse und fordern mehr Klarheit über Metas Zukunftspläne.
"Eine geschätzte Investition von 100 Milliarden Dollar in eine unbekannte Zukunft ist selbst für Silicon-Valley-Verhältnisse überdimensioniert und erschreckend... das Zeitalter des Exzesses ist vorbei - grosse Tech-Unternehmen müssen abnehmen und sich in Form bringen, um sich das Recht auf die nächste grosse Welle der Innovation zu sichern. Ausserdem sind die Leute verwirrt darüber, was das Metaverse überhaupt bedeutet. Wenn das Unternehmen 1 bis 2 Milliarden Dollar pro Jahr in dieses Projekt investieren würde, dann wäre diese Verwirrung vielleicht nicht einmal ein Problem." - Brad Gerstner, Altimeter Capital CEO und Investor in Meta
Was hat Meta also seit der Ankündigung vor einem Jahr getan? Nun, sie haben 10 bis 15 Milliarden Dollar in das Metaversum gesteckt und das virtuelle Universum Horizon World kann sich sehen lassen. Einem Bericht des Wall Street Journal zufolge ist Horizon World jedoch ein unfruchtbares Metaversum geworden. In dem Bericht heisst es, dass nur 9% der von den Entwicklern errichteten Welten jemals von mindestens 50 Personen besucht werden. Die meisten werden überhaupt nicht besucht. Auch haben die Avatare der Horizon World noch keine Beine. Für den Zugang zum Metaverse benötigen die Nutzer die Quest VR-Brillen von Meta. Mehr als die Hälfte der Quest-Headsets - die für das Basismodell 400 Dollar kosten - sind sechs Monate nach dem Kauf noch nicht in Gebrauch.
Meta hatte sich ursprünglich das Ziel gesetzt, bis Ende dieses Jahres 500.000 aktive monatliche Nutzer für Horizon Worlds zu erreichen, hat diese Marke allerdings in den letzten Wochen auf 280.000 korrigiert. Laut internen Dokumenten, die dem WSJ vorliegen, liegt die aktuelle Zahl bei weniger als 200.000.
Dezentrale Gegenstücke
Den dezentralen Metawelten ergeht es nicht viel besser. Anfang dieses Monats veröffentlichte Coindesk einen Artikel. Aus diesem ging hervor, dass die dezentralen Welten The Sandbox und Decentraland laut Daten von DappRadar nur ein paar hundert Nutzer pro Tag haben und das trotz Milliarden-Dollar-Bewertungen. Decentraland wies die Zahlen zurück und behauptete, DappRadar habe nur die Interaktionen mit dem Smart Contract von Decentraland gezählt. Dazu sollen beispielsweise nur die Käufe und nicht die tatsächlichen Nutzer zählen. Dies sei vergleichbar mit der Zählung von Besuchern eines Einkaufszentrums, die etwas kaufen und nicht mit der tatsächlichen Besucherzahl.
Um die 200.000 monatlichen Nutzer von Horizon World in den richtigen Kontext zu setzen: Das entspricht den monatlichen Nutzern von Sandbox. Einem Blockchain-basierten Spiel, das Anfang des Jahres einen Börsengang mit einer Bewertung von 4 Milliarden Dollar in Erwägung zog. Das ist weniger als die Hälfte dessen, was Meta pro Jahr für das Metaverse ausgeben will. Noch einmal: HW-Avatare haben noch nicht einmal Beine. Es ist erwähnenswert, dass es sich bei den Zahlen der aktiven Nutzer um von den beteiligten Projekten selbst bereitgestellte Zahlen handelt.
Spiele, die nicht auf der Blockchain basieren, wie Roblox oder Grand Theft Auto, haben metaverse-ähnliche Qualitäten. Sie haben bemerkenswert loyale Gemeinschaften aufgebaut, die sich mit über 11 bzw. 17 Millionen monatlich aktiven Benutzern rühmen können. Das letzte Grand Theft Auto kam vor 9 Jahren heraus. Meta hat keine Hinweise geliefert, dass es zu den etablierteren Spiel-Metaversen aufschliessen kann, obwohl unendlich viel mehr Geld in die Projekte gepumpt wird. Die Frage ist nun, wie viel Interesse nicht nur Meta, sondern auch andere Metaverse-Projekte in einem Bärenmarkt aufrechterhalten können, wenn die Finanzierung knapp wird und die Nutzer wegbleiben. Die Indikatoren sind nicht gut für einige der grössten Blockchain-basierten Projekte, wie Axie Infinity, Sandbox, Decentraland und Enjin.
Investoren nehmen Notiz
Die Investoren scheinen die schlechten Nutzungsstatistiken zur Kenntnis genommen zu haben. Der letzte Monat markierte das niedrigste Handelsvolumen an zentralen Börsen für die Metaverse-Token AXS, SAND, MANA und ENJ, die zusammen nur etwa 1% des täglichen BTC-Volumens ausmachten.
Das Interesse an Blockchain-basierten Metaverse-Projekten, gemessen am Handelsvolumen an den Börsen, erreichte seinen Höhepunkt im November 2021. Dies war während des Markthochs, als Play-to-Earn-Spiele die Krypto-Berichterstattung dominierten. Insbesondere Axie Infinity war sehr erfolgreich und bot eine Einnahmequelle, die attraktiver war als viele Mindestlohnjobs in Ländern wie den Philippinen, die zeitweise über 40% der Axie-Nutzer ausmachten.
Das Metaversum: ein ausgestorbenes Konzept?
Betrachtet man die Daten, so ist das Metaverse wohl die am meisten vernachlässigte Vision der Kryptowirtschaft im jüngsten Bärenmarkt. So sehr, dass auch normale Tech-Investoren dank der Verliebtheit von Meta in die virtuelle Welt Notiz davon genommen haben. Wenn wir irgendetwas von den verlassenen Welten lernen können, dann, dass das Metaverse den Nutzern echte Gründe geben muss, um zu bleiben und zu spielen. Dazu zählt nicht nur der Anstieg des Preises ihres spieleignen Tokens.
Als Axie's AXS und seine Ingame-Token im Preis einbrachen, verliessen die Nutzer in Scharen die Spielwelt. Als Meta in Horizon World wackelige Avatare ohne Beine baute, verliessen die Nutzer das Spiel. Jetzt, wo die AXS-Token freigegeben werden, nehmen selbst die vorausschauendsten frühen Investoren ihr Geld und laufen davon. Bis wir ein Produkt im Metaverse sehen, das mit Roblox oder Grand Theft Auto mithalten kann, haben Investoren wie Brad Gerstner das Recht, eine Rechtfertigung für solch hohe Investitionen in diesem Bereich zu fordern.