Seit der Verschärfung der US-Regulierung als Reaktion auf das FTX-Debakel und im Nachgang des USDC-Bindungsverlusts zentralisiert sich ein einst kompetitiver Subsektor der Kryptobranche erneut in den Händen eines einzigen Stablecoin-Emittenten: Tether.
Stablecoins sind digitale Währungen, die darauf ausgelegt sind, einen stabilen Wert gegenüber einem bestimmten Vermögenswert wie dem US-Dollar beizubehalten. Noch im Dezember letzten Jahres teilten sich drei ernsthafte Akteure den 133 Mrd. USD schweren Markt; Tether (USDT), Circle (USDC) und Binance/Paxos (BUSD). Innerhalb der wenigen Monate seit dem FTX-Debakel flossen jedoch 22 Mrd. USD aus den zwei Tether-Konkurrenten aus dem Markt bzw. teilweise zurück in den Erstanbieter.
Regulatoren treiben Nummer Drei aus dem Markt
Binance USD (BUSD) wurde 2019 im Rahmen einer Partnerschaft zwischen Paxos und Binance lanciert. Dabei fungierte Paxos als der Emittent des Stablecoins mit einer Branding-Lizenz der grössten Kryptobörse, die BUSD für lange Zeit als primäre Basiswährung verwendete. Der zuständige Regulator war die New Yorker Finanzaufsichtsbehörde (NYDFS). Die Behörde überprüfte bei Paxos diverse Anforderungen wie Kapitalrücklagen, Verbraucherschutz und Geldwäschebekämpfungen regelmässig. Binance USD (BUSD) galt deshalb als einer der am besten regulierten Stablecoins auf dem Markt.
Anfang Februar hatten Mitarbeiter der SEC jedoch dem Stablecoin-Emittenten ein als "Wells Notice" bekanntes Schreiben zukommen lassen, mit dem die Behörde Unternehmen und Einzelpersonen über potenzielle Durchsetzungsmassnahmen informiert. In der Bekanntmachung wurde behauptet, dass der von Paxos ausgegebene und notierte digitale Vermögenswert Binance USD (BUSD) ein nicht registriertes Wertpapier sei. Weiter forderte die New Yorker Finanzaufsichtsbehörde (NYDFS) Paxos Trust Co. zur Einstellung der Ausgabe zusätzlicher BUSD-Token auf, was schliesslich das Ende für den drittgrössten Stablecoin nach Marktkapitalisierung markierte. Von den einst 23 Mrd. USD befinden sich noch 8 Mrd. an BUSD im Umlauf.
Milliarden an USDC-Einlösungen nach US-Bankenkrise
Während sich einige der BUSD-Halter vollständig aus dem Markt zurückzogen, flossen gut 7 Mrd. USD in USDT und USDC. Der zweitgrösste Stablecoin "USD Coin" wird vom registrierten US-Institut Circle Financial ausgegeben und gilt weitgehend als der best-regulierte Stablecoin. Die USDC-Reserven sind bei namhaften Bankenriesen wie BlackRock und BNY Mellon hinterlegt, ein umfassender Audit des "Big Four" Wirtschaftsprüfers Deloitte erfolgt einmal jährlich. Allerdings bleibt das Kontrahentenrisiko der Banken bestehen, wie der Vorfall über das vorletzte Wochenende eindrücklich demonstrierte.
Der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (SVB) – die grösste Bankenpleite seit der Finanzkrise 2008 – hatte massgebende Auswirkungen auf die Deckung der USDC-Bindung. Die seit knapp zwei Wochen insolvente Bank verwahrte rund 8% der Reserven des Blockchain-Dollars. Inmitten der darauffolgenden Panik stürzte USDC auf unter 88 Cents ein. Durch die staatliche Rettung der Silicon Valley Bank wurde die Bindung des Stablecoins zwar wiederhergestellt, den Vertrauensverlust kriegt Circle jedoch zu spüren. Innerhalb einer Woche verlor USDC 8.2 Mrd. an Marktkapitalisierung (-20%).
Stablecoin-Markt dominiert von umstrittenem Anbieter
Ein beträchtlicher Teil der BUSD- und USDC-Abflüsse kamen direkt dem Marktführer Tether zugute. Der USDT-Stablecoin des umstrittenen Emittenten legte seit der behördlichen Einstellung von Binance USD um 12.4 Mrd. an Marktkapitalisierung zu. Der Platz als Nummer Eins ist somit einmal mehr gesichert. Während die Überholung durch USDC noch vor weniger als einem Jahr zum Greifen nah schien, macht Tether zum jetzigen Zeitpunkt über 58% des Sektors aus.
Die unschöne Realität ist jedoch, dass Tether keineswegs als vertrauenswürdiger als die ehemaligen Konkurrenten eingestuft werden kann. Der USDT-Stablecoin ist zwar seit Anfang 2015 auf dem Markt und konnte bisher dem Test der Zeit standhalten. Unzählige Kontroversen rund um die Reserven des Stablecoins - inklusive einer Verurteilung vor einem US-Gericht - schwärzen jedoch die Reputation Tethers.
Weiter weigert sich der Emittent seit Jahren, einen vollständigen Audit seiner Reserven durch einen "Big Four" Wirtschaftsprüfer zu untergehen. Welche Banken die Wertpapiere Tethers verwahren, ist ebenfalls unbekannt. Der einzige Zuflucht für einige Krypto-Anleger bleibt somit die Auszahlung zur Hausbank oder einen Tausch in transparentes und unveränderliches Geld: Bitcoin.