Während sich die Schweiz als sicherer Hafen für Kryptounternehmen etabliert hat, ist das regulatorische Umfeld in den USA nach wie vor unsicher. Dadurch wird die USA von vielen Unternehmungen gemieden und die Tätigkeiten in den Staaten eingestellt. Eine Chance für das Crypto Valley?
Die Schweiz, ein Binnenstaat im Herzen Europas, ist seit Jahrhunderten als Bank- und Finanzplatz bekannt. Ihr Ruf als sicherer Hafen für Finanzinstitute hat sie zu einem beliebten Ziel für Anleger gemacht, die Stabilität und Sicherheit suchen. In den letzten Jahren hat sich die Schweiz auch zu einem sicheren Hafen für eine andere Art von Vermögenswerten entwickelt - Kryptowährungen. Mit einem günstigen regulatorischen Umfeld, einer fortschrittlichen Infrastruktur und einer wachsenden Gemeinschaft von Blockchain-Enthusiasten hat sich die Schweiz zu einem Top-Ziel für Krypto-Unternehmen aus der ganzen Welt entwickelt.
Regulatorischer Druck in den USA
Während sich die Schweiz als kryptofreundliches Land etabliert hat, ist das regulatorische Umfeld für Kryptowährungen in den Vereinigten Staaten zunehmend unsicher geworden. Nach dem Zusammenbruch von FTX und den sonstigen Turbulenzen wird erwartet, dass die US-Regierung im Jahr 2023 ihren regulatorischen Druck auf die Kryptoindustrie weiter erhöhen wird. Das könnte erhebliche Auswirkungen auf die im Land tätigen Kryptounternehmen haben.
Die Securities and Exchange Commission (SEC), die für die Regulierung der Wertpapiermärkte in den USA zuständig ist, hat sich zunehmend auf die Regulierung von Kryptowährungen konzentriert und gegen die Krypto-Branche durchgegriffen. Doch auch andere Behörden wie die Fed, das OCC und die FDIC sprechen sich kritisch gegen den Bereich aus.
Das regulatorische Umfeld in der Schweiz
Die Schweiz verfügt über ein günstiges regulatorisches Umfeld für Kryptowährungen, was ein wichtiger Faktor für die Ansiedlung von Kryptounternehmen im Land war. Im Jahr 2018 führte die Schweizer Regierung einen umfassenden Rahmen für die Regulierung von Kryptowährungen und Blockchain-Technologie ein. Die neuen Vorschriften schufen einen rechtlichen Rahmen für Initial Coin Offerings (ICOs) und andere Formen des Token-Verkaufs und legten Richtlinien für Verfahren zur Bekämpfung der Geldwäsche (AML) und der Kundenkenntnis (KYC) fest.
Das DLT-Gesetz ist als Mantelerlass ausgestaltet, mit dem gesamthaft zehn Bundesgesetze punktuell angepasst werden. Insbesondere wurde im Obligationenrecht die Rechtsfigur eines Registerwertrechts eingeführt, mit dem eine robuste Rechtsgrundlage für die Digitalisierung oder Tokenisierung von Vermögenswerten (Rechten) wie Aktien, Schuldverschreibungen und anderen Finanzaktiven und deren Übertragung geschaffen wurde.
Das Konzept der "Krypto-Tokens" ist eines der wichtigsten Merkmale des schweizerischen Regulierungsumfelds. Nach Schweizer Recht werden Krypto-Token als eine von traditionellen Wertpapieren, Waren und Währungen getrennte Anlageklasse behandelt. Das bedeutet, dass sie anderen Regeln und Vorschriften unterliegen, was die Tätigkeit von Kryptounternehmen in der Schweiz erleichtert hat.
Crypto Valley als Infrastrukturzentrum
Die Schweiz verfügt über eine hochentwickelte Infrastruktur für Finanztransaktionen, was sie zu einem beliebten Ziel für Kryptounternehmen gemacht hat. Das Land verfügt über ein erstklassiges Bankensystem mit einer grossen Anzahl von Privatbanken und Vermögensverwaltungsfirmen, die sich auf die Betreuung vermögender Privatpersonen und institutioneller Kunden spezialisiert haben.
Durch die Ansiedlung der ersten Blockchain Unternehmen ab dem Jahr 2013 im Raum Zug wurde in Anlehnung an das "Silicon Valley" schon bald der Begriff "Crypto Valley" geboren. Der Regulator, welcher die nötige Rechtssicherheit für eine Branche vorgibt, ist bereits seit 2015 aktiv. Das ist international gesehen sehr früh für den Blockchain-Bereich. Die FINMA hat zuerst ICO Guidelines veröffentlicht, dann Banklizenzen vergeben.
Über die Jahre erfreute sich der Raum über neue Firmenansiedlungen und stetige Weiterentwicklung. Es hat sich zu einem Zentrum für Blockchain- und Kryptowährungs-Startups entwickelt. Das Crypto Valley befindet sich in der Stadt Zug, in der Nähe von Zürich. Die Uni Basel, sowie später auch die ETH Zürich, konnten mit ihren Angeboten Programmierer anziehen, welche wichtig waren um die Blockchain-Technologie weiter zu entwickeln. Heute beherbergt das zentralschweizer Blockchain-Zentrum zahlreiche Blockchain-Unicorns wie die Ethereum Foundation, Cardano und Uniswap. Das Wachstum des Crypto Valley setzte sich auch im Jahr 2022 trotz "Krypto-Winter" fort, wie dem halbjährlich erscheinenden CV VC Top 50 Report zu entnehmen war.
Die Rolle der Schweizer Banken
Der Schweizer Bankensektor setzt sich für die Kryptoindustrie in der Schweiz ein und spielt eine entscheidende Rolle bei deren Entwicklung. Grosse Akteure wie UBS und Credit Suisse investieren aktiv in die Blockchain-Technologie und digitale Vermögenswerte. Doch nicht nur die Grossbanken, auch kleinere Schweizer Institute wie Swissquote mischen mit und bieten erfolgreich Krypto-Dienstleistungen wie Handel, Verwahrung und Zahlungen an. Darüber hinaus überzeugt die Schweiz Krypto-Unternehmen und -Investoren mit ihrem günstigen Steuersystem. Kryptowährungen gelten als Vermögenswerte und werden dementsprechend besteuert - mit einem Höchstsatz von 13% im Kanton Zürich.
Die Schweiz hat eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der FATF Travel Rule gespielt und sich stark für die Arbeit der Financial Action Task Force (FATF) eingesetzt. Als Gründungsmitglied ist die Schweiz seit 1989 aktiv an deren Arbeit beteiligt und hat deren Politik und Standards mitgestaltet. Die Schweiz hatte von 2012 bis 2013 den Vorsitz der FATF inne und spielte eine Schlüsselrolle bei der Verabschiedung der Travel Rule, die erstmals 2012 als Teil der überarbeiteten Empfehlungen der FATF eingeführt wurde.
Im Jahr 2022 aktualisierte die FATF die Travel Rule, um Anbieter von virtuellen Vermögenswerten (Virtual Asset Service Provider, VASP) in den Anwendungsbereich einzubeziehen und von ihnen zu verlangen, dass sie dieselben Anforderungen erfüllen wie traditionelle Finanzinstitute. Diese Aktualisierung spiegelt die Anerkennung der Branche als seriösen Teil des Finanzsystem wider und unterstreicht den technologieneutralen Vorsatz der Schweiz.