Gestern fand das Finanz und Wirtschaft Forum zum Thema Blockchain in Finanzdienstleistungen statt. Dabei wurde eine breite Themenlandschaft abgedeckt; von CBDCs über Kryptowährungen und deren Regulierung bis hin zu tokenisierten Immobilien. Ein vor Ort Einblick:
Der Anlass fand im Gottlieb Duttweiler Institut statt und wurde im Rahmen des Finanz und Wirtschaft Forum abgehalten. Unter dem Thema "Blockchain in Financial Services 2020" führten Referenten aus verschiedensten Teilen des Finanzsektors Fragestellungen aus. Sébastien Kraenzlin erklärte die Sicht der Schweizerischen Nationalbank (SNB) auf digitale Zentralbankwährungen (CBDCs). In fünf Workshops stellten verschiedene Unternehmen diverse Blockchain Anwendungsfälle vor. Mark Branson, CEO der FINMA, legte die Risiken aus Sicht der Finanzmarktaufsicht dar. Eine durchaus spannende Veranstaltung mit einer sehr vielfältigen Themenauswahl. Wir werden uns im Rahmen dieses Artikels auf zwei Themen begrenzen.
Tokenisierung
Die Tokenisierung von Vermögenswerten ermöglicht den Einsatz von Smart Contracts zur Automatisierung von Prozessen wie Abwicklung, Einhaltung von Vorschriften, Verteilung und Berichterstattung. Globale Übertragbarkeit, 24/7 Märkte und Teilbesitz von Vermögenswerten sollen die Zugänglichkeit für Investoren verbessern. Vermögenswerte wie Grundstücke, privates Beteiligungskapital und Kunstgegenstände können anhand der Tokenisierung mit zunehmend einfacher Übertragbarkeit an Liquidität gewinnen.
Den ersten Anwendungsfall der Tokenisierung diskutierten Prof. Dr. Michael Trübestein (Hochschule Luzern) und Bastiaan Don (Token Factory). Mit dem Projekt "Hello World" waren sie die Ersten, die einen Teil (20%) einer Immobilie auf die Blockchain brachten und diesen digital vertrieben. Dieser Handel war dabei nicht nur komplett digital, sondern auch vollumfänglich transparent und kann heute noch auf der Ethereum-Blockchain eingesehen werden.
Das Vorhaben stellte in Zusammenarbeit mit Swiss Crypto Tokens und der FINMA ein Pilotprojekt dar. Es sollte ein erster Schritt in Richtung Digitalisierung des Immobilienhandels sein und brachte entsprechend wichtige Fragestellungen an den Tag: Wie können Handelsplätze mit genügend Liquidität für die entsprechenden Token sichergestellt werden? Kann mit der heutigen rechtlichen Komplexität das volle Potenzial einer Blockchain ausgeschöpft werden? Ist der Markt schon reif genug für Tokenisierungs-Projekte oder sind wir noch weit davon entfernt?
Auch im gemeinsamen interaktiven Workshop der Inacta AG und der InCore Bank ging es um die vielfältigen Möglichkeiten und Herausforderung bei der Tokenisierung von Vermögenswerten. Es gibt zweifellos eine Vielzahl an Assets, welche durch eine digitale Repräsentation auf der Blockchain einem viel breiteren Publikum zugänglich werden könnten - insbesondere Retail-Investoren. Doch das Design eines solchen Token ist komplex, da es zahlreiche Details zu beachten gilt. Aus der Zusammenarbeit der beiden Unternehmen ist beispielsweise das Finka Projekt entstanden. Die Tokenisierung einer Rinderfarm in Bolivien über Security Token.
Regulierung von Blockchain und Stablecoins
Fast in allen Finanz und Wirtschaft Forum Blockchain Referaten, Diskussionen und Workshops wurde sehr deutlich, wie wichtig regulatorische Rahmenbedingungen für diese neue Branche sind. Gerade deshalb war der Vortrag von Mark Branson, Direktor der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA), besonders eindrücklich. Sie war eine der weltweit ersten Regulierungsbehörden, die für die Blockchain-Technologie offen war und ihr den Weg ebnete. Zudem ist Branson überzeugt, dass es im Finanzbereich aufgrund von hohen Transaktionskosten und Intransparenz neue Innovationen braucht.
"Im Finanzwesen fehlt bisher das Leuchtturmprojekt für die DLT-Technologie, das den Beweis liefert, dass hiermit der globale Finanzmarkt revolutioniert wird." - Mark Branson, CEO FINMA
Schlussendlich müssen die neuen Blockchain gestützten Projekte den gleichen Regeln wie die traditionellen Gegenstücke entsprechen. Das mussten auch private Stablecoinprojekte wie Libra und Co. erfahren. Besonders wichtig für die FINMA sind dabei die Punkte Sicherheit, Compliance und Kundenschutz. Branson zeigte sich generell sehr offen für Blockchain Projekte und war der Meinung, dass sie in diesen Punkten durchaus mit traditionellen Zahlungsmitteln konkurrieren können. Trotzdem denkt er persönlich, dass es noch viel zu tun gibt.