In Entwicklungsländern wächst die Adoption von Kryptowährungen mit ernormer Geschwindigkeit. Junge Leute in Afrika, die statt Zugang zu traditionellen Finanzmitteln lediglich über ein Smartphone verfügen, treiben diese Entwicklung voran.
Entwicklungsländer stecken mitten in einer wirtschaftlichen Revolution. Und der Trend geht weiter: Werden Kryptowährungen in anderen Teilen der Welt oftmals als Finanzspekulation betitelt, zeigt sich in der Dritten Welt eine klare Tendenz zum alltäglichen Handel. Kleine und mittelständische Unternehmen sowie Einzelpersonen in Drittweltländern sind für diesen Trend verantwortlich. Das Beispiel des afrikanischen Kontinents zeigt eindrucksvoll, wie Entwicklungsländer von Kryptowährungen profitieren können.
Kryptowährungen gelten als "Gamechanger"
Eine immer grösser werdende Menge Fachleute und Unternehmer kommt den Entwicklungsländern zu Gute. Es zieht junge Menschen in den Tech-Bereich, man sucht neue Möglichkeiten, sein Geld zu verdienen und sein Vermögen zu bewahren. Auf dem afrikanischen Kontinent beispielsweise ist das Prinzip der mobilen Bezahldienste schon tief verankert. Somit sind viele afrikanische Länder gut aufgestellt, um von der Einführung von Kryptowährungen zu profitieren. Die Perspektive auf den Umgang mit Kryptowährungen von Menschen aus Drittweltländern unterscheidet sich nämlich von Natur aus von der westlichen Bevölkerung, die sich einem einfacheren Zugang zum Banking erfreuen können.
Kryptowährungs-Spezialist Elisha Owusu Akyaw erklärt, dass sich die junge Generation auch aufgrund von mangelnden Möglichkeiten für Schul- und Universitätsabgänger für Kryptowährungen und den Blockchain-Bereich interessieren. Durch die neuen Möglichkeiten für finanzielle Freiheit ist es auch jungen Menschen möglich, ihr eigenes Unternehmen zu gründen und auf den Markt zu bringen. Zudem ist eine internationale Arbeitsweise möglich, gibt es doch plötzlich die Möglichkeit, über Grenzen hinaus Geld zu verdienen und sich somit einen deutlich anderen Lebensstandard aufzubauen als für frühere Generationen möglich gewesen wäre.
Vermeidung der Währungsinstabilität
Ebenfalls leisten sowohl Hyperinflation als auch instabile lokale Währungen ihren Teil, die junge Generation in der Dritten Welt vom Nutzen der Kryptowährungen zu überzeugen. Diese bieten eine realistische Alternative zu Währungen, die ins Bodenlose fallen könnten oder über die Zeit immer wieder negative Auswirkungen auf Handel und Privatnutzen gehabt haben. Von einigen Blockchain-Experten wird ebenfalls hervorgehoben, dass konkurrierende Währungen, auch in Form von digitalen Währungen, lokales Geld stärken und ihm ein höheres Mass an Widerstand verleihen können.
"Kryptowährungen bieten eine Möglichkeit, den lähmenden Auswirkungen der Hyperinflation zu entkommen, die mehrere afrikanische Länder geplagt hat. Simbabwe erlebte in den späten 2000er Jahren einen der extremsten Fälle von Hyperinflation in der modernen Geschichte. Auf ihrem Höhepunkt im November 2008 erreichte die Inflationsrate erstaunliche 89.7 trilliarden Prozent (8.97 x 10^22) pro Monat." - Ronghui Gu, CEO Certik im CV VC African Blockchain Report 2022
In vielen afrikanischen Ländern gibt es Kontrollen und Einschränkungen des Kapitalverkehrs, sodass normale Banken die Wünsche der Kunden oftmals nicht erfüllen können. Es mangelt an Verschiedenem: Überweisungen sind nicht über Grenzen hinweg möglich, Wechselkurse extrem schlecht und die Gebühren der Banken meist extrem hoch. Dies wirkt sich negativ auf Unternehmertum und Wirtschaftswachstum in afrikanischen und anderen Drittweltländern aus und zeigt gleichzeitig auch die transformierende Wirkung von digitalen Währungen auf dem Kontinent.
Unterstützung für Familienangehörige
Mitglieder einer Gemeinschaft, unabhängig vom Wohnort und Land, sehen ebenfalls die Vorteile von Kryptowährungen. Diese können unter anderem dafür genutzt werden, Familienangehörige in anderen Ländern beziehungsweise dem ehemaligen Heimatland weiter zu unterstützen. Denn die Kosten für Überweisungen in Entwicklungsländer sind oftmals so hoch, dass sie für den Normalverbraucher kaum tragbar sind. Hier bieten sich Kryptowährungen an, die Überweisungen über Grenzen hinaus nahezu kostenlos möglich machen.
Um bei dem afrikanischen Beispiel zu bleiben: Im Jahr 2019 allein wurden ca. 48 Milliarden US-Dollar an Überweisungen nach Subsahara-Afrika getätigt, davon gingen ungefähr 50% nach Nigeria. Ein Report des Brookings Institute zeigt, dass der Handel sowohl innerhalb des afrikanischen Kontinents als auch zwischen Afrika, Europa und den USA gross ist. Zwischen den Kontinenten gibt es jedoch selbstverständlich nicht nur Überweisungen nach Afrika, sondern auch ein grosses Volumen an Rücküberweisungen. Gerade im internationalen Handelsgeschäft erfreuen sich Kryptowährungen zunehmender Beliebtheit. Kryptowährungen können so für den Import und Export von Waren ins Aus- und Inland genutzt werden sowie für Zahlungen im Inland.
Krypto zur Finanzierung der Bildung von Kindern
Aufgrund der lokalen Währungsinstabilität in vielen Entwicklungsländern geben Kryptowährungen neue Impulse für die Finanzierung der Bildung von folgenden Generationen. Das in London ansässige Unternehmen Luno führte eine Umfrage mit fast 7'000 Teilnehmern aus Nigeria, Kenia, Südafrika, Grossbritannien, Australien, Indonesien und Malaysia durch, um die Gründe zu ermitteln, die die Teilnehmer dazu brachten, sich mit digitalen Vermögenswerten zu beschäftigen. Den Ergebnissen zufolge sind die meisten Einwohner der Länder finanziell versiert und investieren in sinnvolle und langfristige Ziele. 69% von ihnen beschäftigen sich mit Kryptowährungen, um ihren Familien ein besseres Leben zu ermöglichen.
Bei näherer Betrachtung würden 48% ihre Gehälter in digitale Vermögenswerte investieren, um die zukünftigen Ausbildungskosten ihrer Kinder zu bezahlen. Im Vergleich dazu würden 43% dasselbe tun, um einen Fonds einzurichten, den sie an ihre Verwandten weitergeben können. Nur 3% gaben an, bei ihren Investitionsentscheidungen keinen genauen Plan zu haben.
Marius Reitz - Lunos General Manager für Afrika - beschrieb diese Situation als eine "Krypto-Revolution" und fügte hinzu, dass der in Entwicklungsländern enormes Potenzial schlummert. Einem grossen Teil der afrikanischen Einheimischen fehle es jedoch an grundlegendem Wissen über Kryptowährungen, weshalb sie nicht in diese investieren würden. 55% der Nigerianer gaben an, nichts über diese Anlageklasse zu wissen, während der Prozentsatz in Südafrika und Kenia bei 56% bzw. 64% lag. Dies zeigt einmal mehr, welch Potenzial entfaltet werden kann, wenn sich noch mehr Menschen in Entwicklungsländern mit digitalen Vermögenswerten auseinandersetzen.
Krypto-Risikokapital fliesst nach Afrika
Weltweit ist die Blockchain-Risikofinanzierung auf dem Vormarsch und hat einen Anteil von 6.5% an der gesamten Venture-Finanzierung erreicht, wie dem African Blockchain Report 2022 des Schweizer Riskokapitalgebers CV VC zu entnehmen ist. In Afrika erreichte die Blockchain-Finanzierung einen Rekordanteil von 15% aller sektorunabhängigen Risikokapitalaufnahmen, was mehr als das Doppelte des weltweiten Durchschnitts ist. Dies zeigt, dass Afrika zu einem wichtigen Investitionsstandort für Blockchain-basierte Startups geworden ist. Trotz wirtschaftlicher und soziopolitischer Herausforderungen hat die globale Blockchain-Branche im Jahr 2022 mit insgesamt 1'828 Deals einen Rekord aufgestellt, was einem Anstieg von fast 30% gegenüber dem vorherigen Jahr entspricht.
Unter den globalen Regionen erwies sich Afrika mit der höchsten Finanzierungsrate für Blockchain-Unternehmen als am dynamischsten. Afrikanische Blockchain-Startups sammelten 2022 beeindruckende 474 Mio. US-Dollar ein, was einen Anstieg der Risikofinanzierung um 429% im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. Dies deutet darauf hin, dass Investoren Vertrauen in afrikanische Blockchain-Startups fassen, da diese grössere Schecks einwerben. Darüber hinaus ist Afrika die einzige Region weltweit, die einen Anstieg bei allen Deal-Grössen aufweist, obwohl die Zahl der Blockchain-Deals weltweit historisch am wenigsten gestiegen ist.
Wie sieht die Zukunft für Bitcoin in Afrika aus?
Es besteht wohl kein Zweifel mehr darin, dass Drittweltländer auf dem Weg sind, wahrhaftige Krypto-Staaten zu werden. Entwicklungsländer überall auf der Welt sind derweil damit beschäftigt, die Gesetze und legalen Bestimmungen an eine Zukunft mit Kryptowährungen anzupassen. Afrikas grösste Volkswirtschaft Nigeria beispielsweise legalisierte Kryptowährungen und erliess Richtlinien für digitale Währungen und Unternehmen. Nach der erfolgreichen Implementierung von Bitcoin in El Salvador folgte auch die Zentralafrikanische Republik (ZAR) mit der Ernennung der Kryptowährung als gesetzliches Zahlungsmittel.