Bern ist als nächster Schweizer Kanton der Swiss Blockchain Federation beigetreten. Die Initiative ging von der Steuerverwaltung aus, deren Spezialisten bereits in der Arbeitsgruppe Steuern der Branchenorganisation aktiv sind. Bern ist der sechste Kanton, der sich der 2018 gegründeten Public-Private-Partnership anschliesst.
Mit dem Beitritt positioniert sich der Kanton strategisch in einem Ökosystem, das seit 2020 um 132 Prozent gewachsen ist und mittlerweile 1'749 aktive Unternehmen in der Schweiz und Liechtenstein umfasst. Die Mitgliedschaft ermöglicht es Bern, aktiver an der Gestaltung steuerlicher und regulatorischer Rahmenbedingungen für Blockchain-Technologien mitzuwirken. Die Swiss Blockchain Federation zählt rund 80 Mitglieder, darunter die Kantone Genf, Neuenburg, Tessin, Zug und Zürich sowie zahlreiche Unternehmen, Organisationen und Banken. Die Organisation setzt sich für optimale Rahmenbedingungen des Blockchain-Ökosystems in der Schweiz ein und fungiert als Brücke zwischen Wirtschaft, Regulierung und Politik.
Steuerverwaltung als treibende Kraft
Die Mitgliedschaft geht auf eine Initiative der berner Steuerverwaltung zurück, die bereits seit geraumer Zeit in der Arbeitsgruppe Steuern der Swiss Blockchain Federation engagiert ist. Diese Arbeitsgruppe befasst sich mit steuerlichen Fragestellungen rund um Kryptowährungen und Blockchain-Technologien und erarbeitet praxisnahe Lösungen für die Besteuerung digitaler Assets.
Die Expertise der Berner Steuerspezialisten fliesst damit direkt in die Entwicklung landesweiter Standards ein. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der zunehmenden Verbreitung von Kryptowährungen relevant. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) publiziert für die bekanntesten Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum und XRP offizielle Steuerwerte auf den Kurslisten der direkten Bundessteuer.
Im Kanton Bern gelten spezifische Regelungen für private Anleger: Der Kanton stuft Handel mit Wertschriften einschliesslich Kryptowährungen nie als gewerbsmässig ein, solange die Wertschriftenbestände unter 200'000 Franken liegen. Diese Praxis verschafft Privatpersonen Rechtssicherheit bei der Deklaration ihrer digitalen Assets. Kryptowährungen unterliegen der Vermögenssteuer und müssen zum Jahresendkurs der verwendeten Handelsplattform deklariert werden. Kapitalgewinne aus Verkäufen im Privatvermögen bleiben steuerfrei, während passive Einkünfte aus Mining, Staking oder Lending als Vermögensertrag zu versteuern sind.
Wachsender Stellenwert der Blockchain-Industrie
Der Beitritt Berns zur Swiss Blockchain Federation erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem die Schweizer Blockchain-Industrie eine bemerkenswerte Dynamik aufweist. Crypto Valley, das geografisch die gesamte Schweiz und Liechtenstein umfasst, verzeichnete zwischen 2020 und 2024 eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 18.8 Prozent. Allein von 2023 auf 2024 stieg die Zahl der aktiven Blockchain-Unternehmen um 14 Prozent.
Die geografische Verteilung der Unternehmen zeigt eine zunehmende Diversifikation über alle Schweizer Kantone hinweg. Während Zug als Nukleus des Crypto Valley mit 41 Prozent aller Unternehmen (719 Firmen) die dominierende Position innehat, folgt Zürich mit 15 Prozent (264 Unternehmen). Tessin (103), Genf (85), Neuenburg (85) und Luzern (72) demonstrieren die zunehmende nationale Verbreitung der Blockchain-Aktivitäten. Bemerkenswert ist, dass Zugs Anteil an Neugründungen von 35 Prozent im Jahr 2020 auf 49 Prozent im Jahr 2024 gestiegen ist.
Die rechtliche Struktur der Blockchain-Unternehmen hat sich ebenfalls gewandelt. Während Aktiengesellschaften (55 Prozent) und GmbHs (30 Prozent) dominieren, machten Vereine und Stiftungen im Jahr 2024 über 20 Prozent der Neugründungen aus, verglichen mit 10 Prozent aller aktiven Unternehmen. Dies deutet auf eine zunehmende Bedeutung gemeinnütziger und Governance-orientierter Strukturen im Blockchain-Sektor hin.
12-Punkte-Programm für den Finanzplatz Schweiz
Im Mai 2025 veröffentlichte die Swiss Blockchain Federation gemeinsam mit der Crypto Valley Association und der Bitcoin Association Switzerland ein umfassendes 12-Punkte-Programm zur Stärkung des Finanzplatzes Schweiz. Das Manifest adressiert zentrale Herausforderungen und formuliert konkrete Handlungsfelder für die Weiterentwicklung des Blockchain-Standorts.
Zu den Kernforderungen gehört die Stärkung innovationsfreundlicher Rahmenbedingungen, wobei die FINMA Innovation wieder als strategisches Ziel definieren und über Fortschritte berichten soll. Das Programm verlangt eine technologieneutrale und verhältnismässige Regulierung, bei der Anforderungen an Krypto-Dienstleister und Stablecoins wettbewerbsfähig und klar differenziert sein müssen. Ein zentraler Punkt betrifft verbindliche Fristen für FINMA-Bewilligungsverfahren. Lizenzierungsprozesse sollen einer klaren Struktur folgen und innerhalb von sechs Monaten abgeschlossen werden. Dies würde die Planungssicherheit für Unternehmen erheblich verbessern und die Attraktivität des Standorts Schweiz gegenüber internationaler Konkurrenz stärken.
Das Programm fordert zudem die Einführung digitaler Zentralbankwährungen für den Zahlungsverkehr. Effizienzgewinne und Skaleneffekte innovativer Technologien könnten nur realisiert werden, wenn Transaktionen mit digitalem Geld abgewickelt werden können. Weitere Punkte umfassen den Einsatz von Technologie für Compliance-Prozesse, grössere Autonomie für Selbstregulierungsorganisationen und den Abbau von Hindernissen für ausländische Investitionen.
Strategische Positionierung im internationalen Wettbewerb
Mit dem Beitritt zur Swiss Blockchain Federation positioniert sich Bern in einem zunehmend kompetitiven internationalen Umfeld. Die Schweiz konkurriert mit Jurisdiktionen wie Singapur, Dubai und einzelnen US-Bundesstaaten um die Ansiedlung innovativer Blockchain-Unternehmen. Die progressive Regulierung der Schweiz, kombiniert mit politischer und finanzieller Stabilität, bildet dabei einen entscheidenden Standortvorteil.
Die Mitgliedschaft ermöglicht es Bern, direkt an der Entwicklung von Branchenstandards mitzuwirken und die Interessen des Kantons in den Dialog mit Bundesbehörden einzubringen. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Umsetzung internationaler Standards wie dem Crypto-Asset Reporting Framework (CARF) relevant, das neue Meldepflichten für Krypto-Dienstleister einführt. Die Swiss Blockchain Federation organisierte im Oktober 2025 eine Fachveranstaltung zu CARF, um Unternehmen auf die neuen Anforderungen vorzubereiten.
Die Zusammenarbeit der Kantone innerhalb der Federation ermöglicht einen Erfahrungsaustausch in der praktischen Umsetzung von Regulierungsvorgaben. Während Zug und Zürich als etablierte Blockchain-Hubs gelten, bringen Kantone wie Genf, Neuenburg und Tessin unterschiedliche Perspektiven ein. Berns Beitritt erweitert diese Vielfalt um die Expertise eines Kantons mit traditionell starker Verwaltungskultur und ausgeprägter Dienstleistungsorientierung.








