Wiederkehrender Marktkommentar zu den Geschehnissen an den Kryptomärkten, zusammengefasst vom Crypto Broker Team der Crypto Finance AG.
Marktkommentar
Guten Morgen!
Es gibt keinen einfachen Ausweg (There is no easy way out). Dies ist übrigens einer der besten Rocky-Filme... Ja, die Märkte sehen ziemlich rot aus. Aber soweit ich das beurteilen kann, gab es kein systematisches oder infrastrukturelles Gemetzel. Die Liquidationen fanden sowohl an den zentralisierten Börsen (CEXs) als auch an den dezentralen Börsen (DEXs) in geordneter Weise statt. Der genaue Betrag ist aufgrund der auferlegten Beschränkungen für viele Börsen (z.B. Binance) schwer zu finden. Ich schätze, dass wir uns im Bereich von 1 Milliarde Dollar für CEXs und irgendwo zwischen 250 und 500 Millionen Dollar für DEXs bewegen. Bei einem MakerDAO-Vault waren wir sehr nahe an etwa 600 Mio. USD an Liquidationen. Das hat eine gewisse Panik ausgelöst.
Ein genauerer Blick auf Bitcoin
Seit zwei Monaten (letztes Allzeithoch für Bitcoin) geht es stetig bergab. Die Trendlinie für BTC befindet sich fast in einem 45-Grad-Winkel. Die Volumina stiegen am 4. Dezember 2021 und am 21. Januar 2022 an. Wenn man etwas weiter zurückblickt, sahen wir im Februar und Mai 2021 Tage mit grösseren Volumina als am 21. Januar 2022. Allerdings sollte man die Verlagerung des Volumens von CEXs zu DEXs nicht unterschätzen. Daher vermute ich, dass der gestrige Ausverkauf (in Bezug auf das kombinierte CEX- und DEX-Volumen) wahrscheinlich der grösste war, den wir je gesehen haben. Dies ist durchaus nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass der Kryptomarkt in den letzten 12 Monaten zusätzliches Kapital angezogen hat.
Auslöser für den Einbruch
Konzentrieren wir uns nun auf die möglichen Ursachen für die niedrigeren Kryptopreise. Im Allgemeinen folgten sie den traditionellen Risikoanlagen (hauptsächlich Aktien). Vor allem in Zeiten, in denen es mit den Aktienkursen bergab geht, neigen Kryptowährungen dazu, sich ähnlich zu entwickeln. Aktien werden durch eine starke Verschiebung der G10-Renditekurven angetrieben. Die Zinssätze steigen aufgrund der höheren Inflation, die lustigerweise nicht vorübergehend zu sein scheint, sondern eher hartnäckig und ein wenig ausser Kontrolle geraten ist (siehe z.B. einige Energie- und Rohstoffpreis-Charts). Auch die geopolitischen Spannungen sind nicht gerade förderlich, da Russland eine sehr grosse Zahl von Truppen an die ukrainische Grenze entsandt hat. Freitag war übrigens einer der Tage, an denen wir ein ähnliches Verhalten wie zur Zeit des GFC im Jahr 2008 beobachten konnten, als ein regelrechter "Risk-off"-Tag stattfand. Sogar der US-Dollar verlor an diesem Tag gegenüber den so genannten Safe-Haven-Währungen (z.B. CHF und JPY) stark an Wert.
Darüber hinaus hat die Nachricht, dass Russland alle Krypto-Aktivitäten, einschliesslich Mining und Kryptowährungszahlungen, verbieten wird, dem bereits angeschlagenen Kryptomarkt nicht geholfen. Die Reaktion war ähnlich der, die wir sahen, als China Verbote verhängte: grosse Spot-Verkaufsaktivitäten, die wahrscheinlich von Mining-Betrieben, aber eindeutig auch von Privatpersonen kamen.
Risikomanagement in der Kryptowelt
Da die meisten von uns nicht in der Lage sind, globale Zinsraten oder politische Führer zu beeinflussen, müssen wir uns auf unser Risikomanagement konzentrieren, um unsere Investitionen und Handelspositionen zu schützen. In erster Linie müssen Sie, wenn Sie nicht nur auf dem Kassamarkt handeln, Ihre Hebelwirkung unter Kontrolle halten. Wenn Sie mit DeFi handeln, müssen Sie darüber hinaus noch viele weitere Risikofaktoren in Betracht ziehen. Hier ist eine Liste der wichtigsten Dinge:
- Liquiditätspuffer (Sicherheiten auf der Seite)
- Infrastrukturrisiko (überlastete Ketten, überlastete Plattformen)
- Abhängigkeiten zwischen Plattformen
- Abhängigkeiten zwischen Protokollen (Brücken)
Der Liquiditätspuffer ist eigentlich eine einfache Sache, aber man muss konsequent sein. Wenn Sie Stablecoins als Ihr so genanntes "Dry Powder" aufbewahren, muss dieses Kapital in einem Hardware-Wallet gesichert sein. Sie müssen in der Lage sein, schnell darauf zuzugreifen und nicht von einem Dienstleister (z.B. einem CEX) abhängig sein. Wie oft haben wir bei volatilen Märkten schon Verzögerungen bei CEX-Abhebungen und -Einzahlungen erlebt? Manchmal sind sie sogar komplett gesperrt, und Sie befinden sich in einer Warteschleife, ohne dass Sie eine Antwort erhalten. Legen Sie ausserdem Ihre Stablecoins nicht in einer Yield Farm an, wenn Sie sie als Liquiditätspuffer nutzen wollen. Wenn Sie dies tun, könnte Sie das gleiche Schicksal ereilen wie die meisten Banken während der Finanzkrise 2008. Der Vault oder die Yield Farm, in die Sie Ihre Stablecoins einlagern, ist bei Marktstress möglicherweise nicht zugänglich (wie die Liquiditätspuffer der Banken, die in ABS und MBS investiert sind).
Weitere Risiken
Was das Infrastrukturrisiko betrifft, so ist mein Ansatz einfach. Da ich technisch nicht sehr versiert bin, besteht meine pragmatische Vorsichtsmassnahme einfach darin, "immer zwei Schritte voraus zu sein". Ich füge Sicherheiten oder Stablecoins zu meinen gehebelten Positionen hinzu, bevor ich es tun müsste. Wie der oben beschriebene Ansatz des Liquiditätspuffers hat auch dies seinen Preis (die Kosten, die dadurch entstehen, dass ich das Kapital nicht einsetzen kann, wenn sich eine neue Gelegenheit ergibt). Ich weiss, dass ich den Ansatz "macht Euch die Hände schmutzig" predige - um zu lernen, wie Plattformen und Farm funktionieren - aber es ist immer noch sehr wichtig, sich über die technischen Setups zu informieren und darüber, was der Vault oder die Plattform mit den Coins macht. Dies gilt insbesondere, wenn der Vault mit anderen Plattformen interagiert (man denke nur an das Fiasko mit Alpha Homora, Cream und Iron Bank).
Wenn Sie Ihr investiertes Kapital über verschiedene Ökosysteme verteilt haben, sind Sie wahrscheinlich schon auf "Brücken" gestossen (z.B. Wormhole, Terra-Bridge, Multichain oder Allbridge). Der Transfer Ihrer Token auf andere Blockchains unter normalen Marktbedingungen ist schon riskant genug (und ein Teil des Risikos besteht auch noch, wenn die Transaktion stattgefunden hat). Aber ein Transfer in Eile während volatiler Marktbedingungen ist so, als würde man ein Formel-1-Auto fahren, während man seinem Ehepartner eine SMS schickt, um ihm mitzuteilen, dass man zu spät zum Abendessen kommt. Ich versuche, dieses Risiko zu mindern, indem ich meine Liquiditätspuffer in verschiedenen Ökosystemen (Ketten) anlege. Natürlich wird auch hier der gleiche Preis gezahlt: der Preis dafür, dass Sie eine neue Gelegenheit für Ihr ungenutztes Kapital verpassen.
Vergessen Sie nicht - nach Tagen wie diesen gibt es viele Möglichkeiten! Doch nur, wenn Ihre Stablecoins auch einsatzbereit sind.
Viel Spass beim Handeln!
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Risikohinweis
Anlagen und Investitionen, insbesondere in Kryptowährungen, sind grundsätzlich mit Risiko verbunden. Der Totalverlust des eingesetzten Kapitals kann nicht ausgeschlossen werden. Kryptowährungen sind sehr volatil und können daher in kurzer Zeit extremen Kursschwanken ausgesetzt sein. Eine Nutzung der Informationen aus dieser Publikation erfolgt ausschliesslich und einzig auf eigenes Risiko des Nutzers. Ein Nutzer sollte sich in jedem Fall vor einer Anlage- und Investitionsentscheidung über die damit verbundenen Risiken im Klaren sein und sich bei Bedarf geeignet beraten lassen.
Über den Autor
Wenn er nicht an den Crypto Broker Trading Desk gefesselt ist - mit 24/7 Trading verfügbar für unsere Kunden - liefert Patrick Heusser aktuelle Kommentare zu den aufstrebenden Crypto Märkten, sowohl für unsere Kunden als auch für die Finanzpresse. Bevor er zu Crypto Broker stiess war Patrick als Zinshändler bei der UBS tätig und hatte verschiedene Positionen in der IRCC (Interest Rate, Commodity, and Currency) Trading Division in London, New York, Singapur und Zürich inne. Patrick ist Experte für Trading und Risikomanagement und verfügt über Erfahrung in der Führung von Startup Projekten.
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