Der einmonatige Prozess gegen Sam Bankman-Fried findet sein Ende; die Geschworenen haben den FTX-Gründer in allen sieben Anklagepunkten für schuldig befunden. Dem "Altruisten" droht eine Höchststrafe von 115 Jahren Gefängnis.
Vor einem Jahr erschütterte der Zusammenbruch der ehemals zweitgrössten Kryptobörse, FTX, die Branche. Was einst als sicherer, regulierter Handelsplatz beworben wurde, stellte sich als betrügerisches Konstrukt heraus. Milliarden an Kundeneinlagen waren für immer verloren, wie die nachfolgende Insolvenzanmeldung offenbarte. Seither befand sich der dafür verantwortliche Gründer und CEO Sam Bankman-Fried erst in Untersuchungshaft, dann unter Hausarrest. Nach einem einmonatigen Gerichtsprozess fiel nun der erste Gerichtsentscheid. Die Geschworenen entschieden sich einstimmig, Sam Bankman-Fried in allen sieben Anklagepunkten schuldig zu sprechen.
Bankman-Fried schuldig in sieben Anklagepunkten
Im Bundesprozess, der Anfang Oktober begann, standen die Aussagen von Bankman-Frieds engen Freunden und hochrangigen Mitarbeitern den Erklärungen ihres ehemaligen Chefs und Ex-Mitbewohners gegenüber. Unter anderem bekannten sich die ehemalige Leiterin der FTX-Schwesterfirma Alameda Research sowie der FTX-Mitgründer Gary Wang für schuldig und kooperierten als Zeugen mit der Staatsanwaltschaft.
Sam Bankman-Fried und dessen Anwälte hingegen argumentierten, seine Handlungen als FTX-CEO seien nicht von betrügerischer Natur gewesen. Der Unternehmer hätte lediglich unter Stresssituationen unternehmerische Fehlentscheidungen getroffen. Die Kernfrage für die Geschworenen war deshalb, ob Bankman-Fried mit krimineller Absicht gehandelt habe. Weniger als drei Stunden nach Erhalt der Akten befand die Jury den FTX-Gründer in allen Anklagepunkten für schuldig.
"Sam Bankman-Fried hat einen der grössten Finanzbetrugsfälle in der amerikanischen Geschichte verübt. Während die Kryptowährungsbranche neu sein mag und Akteure wie Sam Bankman-Fried neu sind, ist diese Art der Korruption so alt wie die Zeit. In diesem Fall ging es schon immer um Lügen, Betrug und Diebstahl, und dafür haben wir keine Geduld." - Damian Williams, US-Staatsanwalt für den südlichen Bezirk von New York
Bis zu 115 Gefängnis
Konkret wurde Bankman-Fried wegen Überweisungsbetrug, Verschwörung zum Überweisungsbetrug gegenüber FTX-Kunden und Darlehensgebern von Alameda Research, Verschwörung zum Wertpapierbetrug und Verschwörung zum Warenbetrug gegenüber FTX-Anlegern sowie Verschwörung zur Geldwäsche verurteilt. Für den 31-jährigen Absolvent des Massachusetts Institute of Technology bedeutet dies eine Höchststrafe von 115 Jahren Gefängnis. Bankman-Fried wartet nun auf seine Verurteilung.
Die Einzelheiten der verschiedenen Vergehen sind in der CVJ.CH Berichterstattung vom November 2022 nachzulesen.
"Noch nie in meiner beruflichen Laufbahn habe ich ein so umfassendes Versagen der Unternehmenskontrollen und ein so vollständiges Fehlen vertrauenswürdiger Finanzinformationen gesehen wie hier. Von kompromittierter Systemintegrität und mangelhafter behördlicher Aufsicht im Ausland bis hin zur Konzentration der Kontrolle in den Händen einer sehr kleinen Gruppe unerfahrener, unbedarfter und potenziell kompromittierter Personen - diese Situation ist präzedenzlos." - John J. Ray, ehemaliger Enron-Insolvenzverwalter und Leiter des FTX-Insolvenzverfahrens in Delaware