Binance erklomm dank geschicktem Gebrauch der internationalen Grauzonen rund um Krypto-Regulierung innerhalb weniger Jahre den Thron der Kryptobörsen. Ohne festen Hauptsitz etablierte sich der Marktplatz rasch als Handelsplattform Nummer Eins. Diese regulatorische Arbitrage wird Binance nun zum Verhängnis.
Manche Kryptowährungsbörsen haben Schritte unternommen, um rechtliche Vorschriften strikter einzuhalten und mehr Transparenz zu schaffen. Andere wiederum werden beschuldigt, illegale Aktivitäten zu betreiben oder Kunden Dienstleistungen in Ländern anzubieten, in denen sie nicht zugelassen sind. Im Fall von Binance sind die Vorwürfe der Umgehung von US-Regulierungsbehörden nur die jüngsten in einer Reihe von Kontroversen, die das Unternehmen in den letzten Jahren verfolgt haben.
Binance möchte US-Behörden umgehen
Die aktuell grösste Kryptowährungsbörse agierte ursprünglich aus Zentren in Asien, wobei sich der Kundenstamm über die Jahre auf den ganzen Globus verteilte. Rund 20% der Binance-Nutzer kamen aus den Vereinigten Staaten. Allerdings signalisierten die US-amerikanischen Regulatoren gegen Ende 2019 ein bevorstehendes Durchgreifen gegen unregulierte Offshore-Akteure. Eine Klage der Behörden gegen die Kryptobörse wollte Binance-CEO Changpeng Zhao ("CZ") um jeden Preis verhindern.
Aus Sorge vor einer drohenden Strafverfolgung entwickelte Binance einen Plan, um die US-Behörden zu neutralisieren, wie aus geleakten Nachrichten mit anderen Führungskräften hervorgeht. Die Strategie konzentrierte sich auf den Aufbau einer reinen amerikanischen Plattform (Binance.US) die die Technologie und die Marke von Binance lizenzieren, aber ansonsten völlig unabhängig von Binance.com sein sollte. Eine ähnliche Vorgehensweise wie die Konkurrenten Coinbase und Kraken.
Doch laut dem Wall Street Journal waren Binance und Binance.US viel enger miteinander verflochten, als die Unternehmen offengelegt hatten. Sie hättem Personal und Finanzen vermischt und sich eine Tochtergesellschaft geteilt, die Kryptowährungen als Market Maker kaufte und verkaufte. Binance-Entwickler in China hätten ausserdem den Software-Code der Binance.US-Wallets gepflegt, was dem Offshore-Unternehmen möglicherweise Zugang zu US-Kundendaten verschafft hätte.
Strafzahlungen für die Vorschriftenverletzung
Die Wertpapier- und Börsenaufsichtsbehörde (SEC), das US-Justizministerium sowie die Commodities and Futures Trading Commission (CFTC) untersuchen die Beziehung von Binance, einem Unternehmen ohne Hauptsitz, zu Binance.US mindestens seit 2020, wie aus öffentlichen Vorladungen hervorgeht. Die Kryptobörse bestätigte ein gewisses Fehlverhalten in den frühen Jahren der US-Sparte. Strafzahlungen könnten bereits in den nächsten Monaten zustandekommen.
"Binance.US wurde speziell gegründet, um US-Kunden mit Produkten und Dienstleistungen zu bedienen, die den US-Regeln und Vorschriften entsprechen. Wir räumen jedoch ein, dass wir in den Anfangsjahren nicht über angemessene Compliance- und Kontrollmechanismen verfügten. [Binance.US ist] heute ein ganz anderes Unternehmen, wenn es um die Einhaltung von Vorschriften geht." - Pressesprecherin von Binance.US
Die Pressesprecherinnen der beiden Unternehmen erklärten, dass die Beziehung zwischen den Firmen lediglich durch Lizenzvereinbarungen geregelt wird. Daten der US-Kunden seien in den USA gespeichert und die US-Abteilung hätte nie Nutzerdaten mit Binance.com ausgetauscht. Die Beziehungen der Kryptobörsen mit zwei Market Makern, die bis vor einem Jahr unter der Führung des Binance-CEOs "CZ" standen, bekräftigen einige Ähnlichkeiten mit FTX und Alameda Research.