In Lateinamerika stechen zwei Persönlichkeiten durch ihre Vorliebe für Bitcoin hervor: El Salvadors Präsident Nayib Bukele und Argentiniens libertärer Wirtschaftswissenschaftler Javier Milei. Obwohl beide eine Vorliebe für Bitcoin gezeigt haben, sind ihre Ansätze und Beweggründe eine interessante Studie der Gegensätze.
Einige sehen in Argentinien den Beginn eines gefährlichen Gesellschaftsexperiments, da der neugewählte Präsident Javier Milei das Land in einen libertären Musterstaat verwandeln könnte. Der selbsternannte Anarcho-Kapitalist ist ein bekennender Libertärer und verachtet den Staat. Der Wirtschaftswissenschaftler vertritt eine klassisch libertäre ökonomische Haltung und zeigt entsprechende Bewunderung für den Wirtschaftstheoretiker Ludwig von Mises. Ähnlich wie andere Vertreter der libertären Ideologie wünscht sich Javier Milei die Abschaffung der Zentralbank und die Rückkehr zu privatem Geld, entweder über das physische oder digitale Gold; Bitcoin. Wird der neue Präsident Argentiniens die Kryptowährung zur Dollarisierung des Landes nutzen?
Radikaler Wandel des Status Quo
Der Politiker mit radikalen Ansichten strebt nach einer kompletten Umgestaltung des Staates. Sein erklärtes Ziel ist die Zerstörung des bürgerlichen Staates. Er plant dies durch das Angreifen dessen zu erreichen, was er als grösstes Übel identifiziert hat: die Zentralbank. Schliesslich wird die zweitgrösste Volkswirtschaft Lateinamerikas seit bald einem Jahrzehnt von wirtschaftlicher Unbeständigkeit und an Hyperinflation grenzende Währungsentwertung geplagt.
“With legal tender, they scam you with the inflationary tax… #Bitcoin is the natural reaction against central bank scammers; to make money private again.” - Javier Milei, President of Argentina 🇦🇷🇦🇷pic.twitter.com/Rs2yXFo4e7
— Dylan LeClair 🟠 (@DylanLeClair_) November 19, 2023
Milei sieht Bitcoin als potenzielles Mittel, um der staatlichen Kontrolle über die Wirtschaft zu entkommen und die finanzielle Souveränität des Einzelnen zu schützen. Seine Unterstützung für Bitcoin entspringt einer Kritik an Zentralbanksystemen und dem Glauben an die Prinzipien der freien Marktwirtschaft. Für Milei ist Bitcoin nicht nur ein finanzielles Gut, sondern auch ein potenzielles Werkzeug für politische und wirtschaftliche Reformen, um die Geldmacht zu dezentralisieren und den Status Quo herauszufordern.
Bitcoin als nationale Strategie
Bereits vor zwei Jahren wagte El Salvadors Präsident Nayib Bukele den beispiellosen Schritt, Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel einzuführen. Dieser mutige Entscheid zielte darauf ab, die Wirtschaft zu modernisieren, ausländische Investitionen anzuziehen und die Zahl der Menschen ohne Bankverbindung zu verringern. Bukele verfolgt im Gegensatz zu Milei jedoch einen staatlich gesteuerten Ansatz und sieht Bitcoin als ein Instrument für das nationale Wirtschaftswachstum. Obwohl einige Kritiker potenzielle Risiken für die Finanzstabilität des Landes sehen, kann Bukeles Pro-Bitcoin-Haltung als ein zukunftsweisendes Experiment in der nationalen Wirtschaftspolitik angesehen werden.
Selbstverständlich birgt die Einführung von Bitcoin Risiken und Chancen. Für Milei besteht die Herausforderung darin, die Bevölkerung und das politische System davon zu überzeugen, eine dezentrale Währung in einem Land mit strengen Währungskontrollen anzunehmen. Für Bukele besteht das Risiko darin, das wirtschaftliche Schicksal eines Landes an ein notorisch unbeständiges digitales Gut zu knüpfen. Doch die potenziellen Vorteile - wirtschaftliche Autonomie für die Argentinier und mehr finanzielle Teilhabe für die Salvadorianer - sind beträchtlich. Immerhin wird die inflationsschützende Eigenschaft Bitcoins durch einen Blick auf den Preisverlauf gegenüber dem Argentinischen Peso offensichtlich.
Erhebliche Hürden für "Bitcoinisierung" in Argentinien
Ob und wie Milei Bitcoin als neuer Präsident Argentiniens fördern möchte, bleibt ungewiss. Zwar sympathisiert er mit der Vision der Kryptowährung dank seiner ideologischen Prinzipien. Ein konkreter Plan formulierte der Libertäre nie. Im Rahmen der obersten Priorität des Landes, der Dollarisierung, wird Bitcoin wohl kaum eine zentrale Rolle spielen. Die Einführung eines "Bitcoin-Standards" wäre selbst für Milei ein radikaler und unerwarteter Schritt.
Eher könnte der neue Präsident Argentiniens dem Beispiel El Salvadors folgen und die Kryptowährung als gesetzliches Zahlungsmittel einführen. Das bedeutendste Hindernis wäre der Widerstand des Internationalen Währungsfonds (IWF). Argentinien ist derzeit der mit Abstand grösste Kreditnehmer und schuldet dem IMF über 31 Milliarden USD. Eine explizite Bedingung der letzten Kreditleine vor einem Jahr war die Entmutigung der bereits hohen Krypto-Adoption in Argentinien. Zur starken Förderung von Bitcoin müsste sich Milei somit gegen den grössten Kreditgeber des Landes stellen.