Im Hintergrund der US-Kryptoszene hat sich eine kleines kalifornisches Kreditinstitut als Bankenpartner der grössten Akteure der Branche etabliert. Doch der Erfolg der Silvergate Bank scheint mit dem FTX-Kollaps und dem damit verbundenen Misstrauen gegenüber dem Sektor sein frühzeitiges Ende gefunden zu haben.
Die grösste "Krypto-Bank" der Welt taumelt. Kundenabhebungen von über 8 Mrd. USD in Folge des FTX-Debakels haben Silvergate in die Knie gezwungen. Verluste im hohen dreistelligen Millionenbereich und die Entlassung von 200 Mitarbeitern (40%) sind die Folgen. Das gesamte Nettoeinkommen über zwei Dekaden hinweg wurde innerhalb eines Quartals vernichtet. Eine Übersicht zum Werdegang und Fall des unbekannten Giganten.
Früher Innovator im Bereich
Silvergate wurde 1988 als kleine Kreditbank in San Diego gegründet. Über die Jahre sammelte die Bank diverse Kunden, blieb dem ursprünglichen Geschäft jedoch relativ treu. Der entscheidende Drehpunkt für die Silvergate Bank erfolgte erst 2013. Das Kreditinstitut änderte seinen Schwerpunkt offiziell auf einen aufstrebenden Subsektor der Finanzwelt: Krypto-Banking. Während eine Reihe von neugegründeten Kryptofirmen um Bankbeziehungen rangte, füllte Silvergate die Marktlücke geschickt mit dem eigenen Bankennetzwerk. Über das Silvergate Exchange Network (SEN) können institutionelle Kunden Dollar sofort zwischen verschiedenen Kryptobörsen und Bankkonten verschieben. Dabei gelten nicht die gewöhnlichen Bankenöffnungszeiten - das Angebot ist 24/7 zugänglich.
Ein attraktives Angebot für Krypto-Institute. Bis im Jahr 2019 wuchs das verwaltete Vermögen der Bank auf über 2 Milliarden USD verteilt auf rund 500 Kunden an. Doch der Börsengang Silvergates sollte das Kreditinstitut auf neue Höhen befördern. Durch den exponenziellen Ansturm auf Kryptowährungen und damit verbundene Dienstleistungen schnellte der Kundenstamm auf 1'300 an, das verwaltete Vermögen betrug Ende 2021 knapp 16 Mrd. USD. Ihre Kunden umfassten entscheidende US-Kryptobörsen wie Coinbase Global und Gemini. Auch darunter: Sam Bankman-Frieds FTX und Alameda Research.
Ein mörderisches Quartal für Silvergate
Letzte Woche enthüllten die vorläufigen Finanzkennzahlen für das vierte Quartal unschöne Entwicklungen für die Bank. Die gesamten Krypto-Kundeneinlagen sind innerhalb der drei Monate von fast 12 auf 3.8 Mrd. USD eingebrochen. Laut der Presserklärung löste der Kryptowährungscrash einen Ansturm auf die Silvergate-Einlagen aus. In Liquiditätsnot musste die Bank Sicherheiten für einen Verlust von 718 Mio. USD veräussern und 40% der Belegschaft entlassen.
Im vorläufigen Bericht erklärt Silvergate, dass eine erhebliche Überschuldung in der Branche zu mehreren öffentlichkeitswirksamen Konkursen geführt hat. Diese Dynamik habe im gesamten Ökosystem eine Vertrauenskrise ausgelöst und viele Branchenteilnehmer dazu veranlasst, ihre Vermögenswerte von Handelplattformen abzuziehen. Der FTX-Ausfall wird dabei nicht beim Namen genannt. Laut drei US-Senatoren hatte Silvergate eine entscheidende Rolle für Bankman-Frieds 10 Mrd. USD Betrug eingenommen. Ob mitverantwortlich oder nicht, die Implosion der Börse dürfte massgebend zu den Q4-Zahlen der Bank beigetragen haben.
Chance zur Umstrukturierung?
Doch noch gibt Silvergate nicht auf. Die Entlassungen seien Teil einer Neuausrichtung ihrer Prioritäten. Da Silvergate mit einer längeren Phase des Wandels rechnet, müssen sofortige Massnahmen die Widerstandsfähigkeit ihres Geschäfts gewährleisten. Darunter die Anpassung ihrer Ausgaben und die Überprüfung ihres Produktangebots sowie Kundenbeziehungen. Die Mission des Unternehmens bleibe jedoch unverändert. Silvergate sei weiterhin der Krypto-Branche und der Bereitstellung wertvoller Dienstleistungen für ihre wichtigsten institutionellen Kunden verpflichtet.
"Das Unternehmen ist bestrebt, eine hochliquide Bilanz mit einer starken Kapitalposition aufrechtzuerhalten. Silvergate hat sein Geschäft so aufgebaut, dass es seine Kunden nicht nur in Zeiten des Wachstums, sondern auch in Zeiten der Volatilität unterstützen kann. Das Geschäft ist so konzipiert, dass es Einlagenzuflüsse und -abflüsse unter einer Reihe von Marktbedingungen aufnehmen kann. Trotz erheblicher Turbulenzen in der Branche ist Silvergate bereit, seine Kunden im Bereich der digitalen Vermögenswerte zu unterstützen." - Presseerklärung Silvergate Bank