Die Kunden der ehemals grössten Kryptobörse Mt. Gox könnten nach jahrelanger Ungewissheit endlich eine Entschädigung für ihre verlorenen Bitcoin erhalten. Die Rückzahlungen sollen diesen Juli beginnen und könnten bis zu neun Milliarden USD in Bitcoin (BTC) und Bitcoin Cash (BCH) auf den Markt bringen.
Die Kryptobörse Mt. Gox war einst der dominanteste Handelsplatz für Kryptowährungen. 2010 als erste Börse gegründet, wurde zeitweise über 70% des Bitcoin-Volumens über Mt. Gox abgewickelt. Die plötzliche Insolvenzanmeldung im Jahr 2014 traf die damals junge Krypto-Branche deshalb tief. Die Börse gab an, dass ein Angreifer etwa 750'000 Bitcoin (BTC) seiner Kunden und 100'000 eigene BTC stahl. Anleger, die zum Zeitpunkt der Betriebseinstellung von Mt. Gox über ein Bitcoin-Guthaben verfügten, konnten ihre Forderungen bei dem zuständigen Treuhänder einreichen. Nach einer Dekade könnten diesen Juli erstmals Bitcoin-Ansprüche an die Gläubiger ausgezahlt werden. Dies geht aus einer Nachricht des Mt. Gox-Treuhänders hervor.
Wegweisender Fall in Bitcoins Geschichte
Die als Kryptobörse bekannte Plattform fand ihren Anfang 2009 als Tauschbörse für Sammelkarten des Spiels Magic: The Gathering, woher sich auch der Name ableitet. Die Magic: The Gathering Online Exchange (Mt. Gox) wurde ein Jahr nach der Registrierung bei der Tokioter Handelskammer zu einer Bitcoin-Börse umgewidmet und wurde durch ihren Erstanbietervorteil rasch zum wichtigsten Marktplatz für die Kryptowährung. Die Börse wickelte damals rund 70 bis 80% der Bitcoin-Handelsvolumen ab; eine absolute Marktdominanz, die keine Börse mehr replizieren konnte.
Diese Erfolgsgeschichte nahm mit einem Hackerangriff ein Ende. Im Februar 2014 stellte Mt. Gox bei einem japanischen Bezirksgericht einen Antrag auf Gläubigerschutz, wobei 750'000 Bitcoin an Kundeneinlagen und 100'000 Bitcoin des Unternehmens selbst entwendet wurden. Nach damaligen Preisen entsprach dies einem Verlust von 800 Millionen US-Dollar, heute wären es über 52 Milliarden. Rund 200'000 Bitcoin wurden einige Monate später wiedererlangt.
2015 wurde der CEO Mark Karpelès von der japanischen Polizei festgenommen und in ein Hochsicherheitsgefängnis gesteckt. Er kam etwa ein Jahr später gegen Kaution frei, bevor er 2019 für schuldig befunden wurde. Er habe Daten von Mt. Gox absichtlich manipuliert, um die Bestände der Börse aufzublähen. Vom Vorwurf der Veruntreuung wurde der Franzose freigesprochen und der Gerichtsprozess endete mit einer Bewährungsstrafe von zweieinhalb Jahren.
Knapp neun Milliarden USD in Bitcoin
Schon 2018 begann der japanische Konkursverwalter mit dem Verkauf von 200'000 Bitcoin (heute rund 12 Mrd. USD) Gläubiger zu entschädigen, die noch bei der Pleite sichergestellt wurden. Von den 650'000 BTC, die für lange Zeit als verschollen galten, erlange Mt. Gox weitere 150'000 BTC wieder. Diese haben einen aktuellen Marktwert von etwa 8.6 Milliarden Dollar und könnten bald zu ihren rechtmässigen Besitzern zurückfinden, wie das Bezirksgericht Tokio im November 2022 entschied. Hinzu kommen 143'000 Bitcoin Cash (BCH) im Wert von 52 Millionen USD sowie 69 Milliarden Japanische Yen (432 Millionen USD).
Einige Investoren fürchten sich von einem potenziellen Verkaufsdruck, den die Rückzahlungen auf den Bitcoin-Preis ausüben könnten. Die Opfer von 2014 hatten Bitcoin bei einem durchschnittlichen Wert von etwa 300 USD gekauft - einige Grössenordnungen tiefer als der aktuelle Preis. Anleger spekulieren jetzt, ob diese Marktteilnehmer noch Vertrauen in die Kryptowährung haben oder ihre Gewinne raschmöglichst realisieren wollen. Wie auch immer sich die ehemaligen Gox-Nutzer entscheiden, realistischerweise wird ein gewisser Preisdruck erwartet. Der Markt reagierte entsprechend negativ auf die Nachricht.