Ein US-Insolvenzrichter hat entschieden, dass Krypto-Kreditgeber Celsius Network die meisten der von Kunden auf seine Online-Plattform eingezahlten Kryptowährung besitzt. Dies bedeutet, dass der Grossteil ihrer Nutzer bei der Rückzahlung im Insolvenzprozess ganz unten auf der Prioritätenliste stehen werden.
Diese Entscheidung des New Yorker Insolvenzrichters Martin Glenn etwa 600'000 Konten, die Celsius' Insolvenz im Juli Vermögenswerte im Wert von 4,2 Milliarden Dollar hielten. Das Unternehmen verfügt aufgrund diverser Ausfälle (Three Arrows Capital, Terra/Luna, etc.) und ungünstiger Investitionen nicht über genügend Mittel, um diese Einlagen vollständig zurückzuzahlen. Für ehemalige Celsius-Kunden mit Renditekonten heisst das konkret, dass sie geringere Priorität als besicherte Gläubiger haben werden. Ob Celsius erhebliche besicherte Schulden hat, ist laut dem Wall Street Journal unklar.
Ein umstrittener Entscheid des US-Richters
Die Entscheidung verhindert auch den Streit um eine höhere Priorität unter Kunden mit verzinslichen Konten und vermeidet damit eine Situation, in der einige Kunden 100% ihrer Einlagen zurückerhalten, während andere Kunden in ähnlicher Weise "nur einen kleinen Prozentsatz" ihrer Einlagen zurückerhalten, so Glenn. Laut dem Insolvenzrichter machten die Nutzungsbedingungen von Celsius deutlich, dass der Krypto-Kreditgeber Eigentümer der Kundeneinlagen in seine zinszahlenden "Earn"-Konten wurde. Nutzer dieses Produkts werden demnach als unbesicherte Gläubiger behandelt und erst nach der Rückzahlung höher priorisierter Schulden zurückerstattet werden.
Zwölf US-Bundesstaaten und der District of Columbia hatten sich gegen ebendiesen Versuch von Celsius gewandt, die digitalen Vermögenswerte zu beanspruchen. Sie argumentierten unter anderem, dass unklar sei, ob die Kunden die Nutzungsbedingungen verstanden hätten und dass Celsius in mehreren Bundesstaaten wegen Verstössen gegen Vorschriften untersucht werde. Dieser Umstang könnte möglicherweise verhindern, dass das Unternehmen sich auf die Nutzungsbedingungen berufen kann.
Etwas Hoffnung für Celsius-Kunden
Die Entscheidung bedeutet laut dem Richter Glenn nicht, dass Earn-Kunden "nichts" im Insolvenzverfahren bekommen. Auch verhindere das Urteil keine weitere Anfechtungen des Besitzes der Krypto-Einlagen. Celsius-Kunden könnten möglicherweise Betrugs- oder Vertragsverletzungsklagen gegen den Krypto-Kreditgeber einreichen. Im besten Fall würden staatliche Regulierungsbehörden argumentieren, dass die Verträge der Kontoinhaber aufgrund von Verstössen gegen staatliche Wertpapiergesetze nicht durchgesetzt werden können.
"Das Gericht nimmt die Folgen dieser Entscheidung für normale Menschen, von denen viele erhebliche Ersparnisse auf die Plattform von Celsius eingezahlt haben, nicht auf die leichte Schulter. Gläubiger werden jede Gelegenheit haben, eine umfassende Anhörung über die Stichhaltigkeit dieser Argumente während des Verfahrens zu erhalten." - US-Insolvenzrichter Martin Glenn
Im Dezember hatte Glenn entschieden, dass eine relativ kleine Gruppe von Kunden mit verschiedenen Arten von Celsius-Konten während der Insolvenz von Celsius Anspruch auf ihre Einlagen hatten. Diese Entscheidung war auf Kunden beschränkt, die keine verzinslichen Verwahrungskonten hatten, deren Gelder nicht mit anderen Celsius-Vermögenswerten vermischt waren und deren Konten für Celsius zu klein waren, um sie zurückzufordern.
Allgemein ist die Frage um den Besitz der Krypto-Einlagen auch in anderen hochkarätigen Krypto-Insolvenzen wie Voyager Digital und BlockFi von zentraler Bedeutung. Schliesslich setzt der Eintscheid einen Präzedenzfall und wird bei den folgenden Urteilen zweifelsohne berücksichtigt werden. Einmal mehr bewahrheitet sich der Leitspruch "not your keys, not your coins."